Es geht um deinen Kopf, Amigo!

Italien | Spanien, 1967

Originaltitel:

Ringo, il volto della vendetta

Alternativtitel:

A Vingança de Ringo (BRA)

La vengeance de Ringo (FRA)

Ringo - Face of Revenge (USA)

Den Colt im Genick

Deutsche Erstaufführung:

20. Juni 1968

Regisseur:

Mario Caiano

Kamera:

Julio Ortas

Inhalt

Ringo und Tim sind zwei Tramps die durch die Gegend ziehen. Als sie dem Mexikaner Fidél zweimal an einem Tag das Leben retten weiht der sie in sein Geheimnis ein: Auf seinem Rücken ist die Hälfte einer Schatzkarte tätowiert die zu einem Goldversteck führt. Die neuen Freunde wollen sich sofort auf den Weg machen, aber der verschlagene Falschspieler Tricky möchte auch gerne mitkommen. Und seine Argumente sind sehr … bleihaltig. Zu viert macht man sich also auf die Suche nach dem Schatz. Schnell stellt sich heraus, dass der Besitzer der zweiten Hälfte mittlerweile ein Sheriff geworden ist der den Schatz für sich alleine haben will. Und dass Tricky die zweite Hälfte der Schatzkarte im Kopf hat. Notgedrungen müssen jetzt alle an einem Strang ziehen um nicht an einem solchigen zu landen, aber das wird nicht ewig gut gehen. Und der Weg zum Schatz ist lang …

Autor

Maulwurf

Review

1966, das war das Jahr in dem DJANGO gedreht wurde. Ab diesem Zeitpunkt wurde der Italo-Western mit großem Erfolg von Themen wie Gewalt, Finsternis und Dreck beherrscht. Der ganze Italo-Western? Nein, ein paar wenige Regisseure leisteten nach wie vor Widerstand gegen die Europäisierung des Westerns und arbeiteten auch weiterhin gerne mit Liebesszenen, ausgewalzt inszenierten Männerfreundschaften und einem kitschigen Ende.

 

Mario Caiano ist kein Sergio Corbucci, und er scheint einfach nicht den Hang zu düsteren Gewaltepen gehabt zu haben. Dem Trend der Zeit konnte er sich natürlich auch nicht verschließen, da ist der Produzent vor, und so ist ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO grundsätzlich ein ordentlich inszenierter und mit einigen Härten gespickter Western geworden. Einige Szenen sind wirklich intensiv geworden, etwa wenn die Schatzkarte von Fidéls Rücken verschwinden muss – mit Hilfe einer Kerze! Da sickert plötzlich erbarmungslose Schwärze aus dem Bildschirm, ist die Anspannung der Männer mit Händen zu greifen und die Atmosphäre wird stickig und bitter.

 

Aber leider sind das immer nur Momente in denen Caiano zeigt dass er mehr könnte. Dem gegenüber steht ein komplettes erstes Drittel mit humorigen Untertönen, in dem er sich nicht so recht entscheiden mochte was denn nun gezeigt werden soll. Darf es vielleicht etwas launige Buddy-Komödie im Westernformat sein? Bitte schön: Ringo und Tim sind zwei lachende Vagabunden, die Stimmung ist schokoflockig, und geschossen wird mit einem munteren Sprüchlein auf den Lippen. Ach was haben wir gelacht. Auch die unentbehrliche Saloonschlägerei wird mit einigermaßen Spaß an der Freud durchgeführt. Bei solchen Szenen merkt man erst, was für hervorragende Arbeit Enzo Barboni später mit den Spencer/Hill-Komödien geleistet hat, bei denen die Prügeleien erstklassig choreographiert und wirklich komisch sind.

 

Und trotzdem ist der Grundton über weite Strecken ernsthaft und einigermaßen hart, was im Wesentlichen an Tricky liegt, der zentralen Figur des Filmes. Frank Wolff als Tricky ist nie um eine Idee verlegen. Sein unentwegt arbeitendes Hirn hat immer einen Ausweg parat, hat immer einen Vorschlag der für die Gruppe den lebensrettenden Ausgang bietet – und kämpft unaufhörlich darum, das Gold alleine zu besitzen. Vor allem nachdem Manuela sich der Gruppe angeschlossen hat, wird Trickys Verhalten in Bezug auf Hinterhältigkeit und Gemeinheit zu einem Lehrfilm für das gehobene Management. Ringo und Tim, deren Talente eher in Schießen, Prügeln und Saufen zu bestehen scheinen, können Trickys Intelligenz nur wenig entgegensetzen, was die Spannung ordentlich anzieht. Direkt im Anschluss an AMIGO drehte Frank Wolff zusammen mit George Hilton den Western ZEIT DER GEIER, der ebenfalls relativ heiter beginnt und dann heftig an der Gewaltschraube dreht. Seine dortige Rolle als Schwarzer Tracy wirkt wie eine Fortführung der Tricky-Rolle: Verschlagen, nur auf den eigenen Vorteil bedacht, und immer bereit alle(!) verfügbaren Mittel einzusetzen um den größtmöglichen Vorteil zu haben. Ganz ehrlich, ohne die Figur Tricky wäre AMIGO eine lahme Buddy-Ente die niemanden hinter dem Ofen vorlocken würde.

 

Wobei Trickys Charakter witzigerweise hervorragend zu Eduardo Fajardo gepasst hätte. Dieser spielt hier stattdessen den Oldtimer Tim, der sich mit besagtem Prügeln und Saufen durch das Leben schlägt (gewissermaßen) und laut Ringo noch nie mehr als einen Dollar siebzig besessen hat. Ein Glücksfall in der Besetzung, denn Fajardo passt auf den Oldtimer wie Arsch auf Eimer und hat sichtlich Spaß daran mal etwas anderes zu spielen als die sonst üblichen Psychopathen. Frank Wolff wiederum spult zwar sein Standard-Repertoire ab, wirkt damit aber (wie immer) äußerst beängstigend und nachdrücklich. Daumen rauf für die Besetzungscouch!

 

Der Ausstrahlung des düsteren Tricky und der generellen Spielfreude der Schauspieler wirkt aber leider das komplette letzte Drittel entgegen, wo Caiano den Fuß auf die Bremse stellt und die Männerfreundschaft zwischen Ringo und Tim näher beleuchtet. Zusammen mit der eingepfriemelten Liebesgeschichte zwischen Ringo und Manuela eine eher unnötige Sache, die Tempo und Stimmung des Films drosselt und einigermaßen nervt. Der Zweikampf in der Höhle ist stark gemacht, aber dann folgen ein ziemlich schlecht inszeniertes Showdown und eine Schlussszene die keinem Hollywoodfilm an Kitsch nachsteht. Was nach dem Ende des Films zu einem eher durchwachsenen Gesamteindruck führt, sind doch die letzten Bilder oft mitentscheidend für den Wohlfühlfaktor. Ich lehne mich mal weit aus dem Fenster und konstatiere, dass geschätzte sieben bis acht Minuten gestrafft werden könnten um den Film auf ein höheres Niveau zu bekommen. Mein Gott, wie weit bin ich herabgesunken dass ich jetzt schon schneiden möchte …

 

Bin ich jetzt ein Kniefiesler und Erbsenzähler? Geile ich mich daran auf, dass bei Minute 70:25 eine Szene nicht vollkommen ist, und übersehe dabei dass der Film zweifelsohne Spaß macht und unterhält? Es scheint so, deswegen: Bitte nicht abhalten lassen AMIGO anzuschauen! Wenn es um eine auf den Körper tätowierte Schatzkarte geht bevorzuge ich persönlich Antonio Margheritis Eastern-/Western-Crossover IN MEINER WUT WIEG ICH VIER ZENTNER, wo unter anderem Femi Benussi und Patty Shepard ihre schönsten Körperteile präsentieren dürfen. Aber letzten Endes ist ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO solide inszeniert, auch wenn solide halt immer für “Ja ja, passt schon“ steht. Höhenflüge sehen anders aus, aber Rohrkrepierer ebenfalls, und dank der starken Schauspieler, der schmucken Musik und den abwechslungsreichen Settings kann man sich den Film ohne Reue anschauen. An der extrem miesen Synchro (die angeblich eine DEFA-Synchro ist) sollte man allerdings versuchen vorbei zu hören, die zieht den Film nämlich noch mal ein paar Stufen runter …

 

Ein Punkt sollte noch erwähnt werden: Laut OFDB und IMDB ist der Film aus dem Jahr 1967, die SWDB und die italienische Wikipedia verorten ihn 1966. Aufgrund seiner Machart und seines Grundtons würde ich ihn ebenfalls 1966 sehen. Nach dem gigantischen Erfolg von DJANGO wurde im Westerngenre allgemein eher eine Extraschippe Schmutz und Gewalt draufgelegt, und diese Schippe fehlt hier. Sollte der Film aus dem Jahre 1967 sein, dann wäre Caiano entweder mutig gewesen, oder konservativ, oder ignorant gegenüber der veränderten Zeit. Sollte ein Leser (oder selbstverständlich auch eine Leserin) dieser Zeilen mehr wissen, so würden wir bei Italo-Cinema.de uns über sachdienliche Hinweise sehr freuen!

Autor

Maulwurf

Veröffentlichungen

Digital liegt der Film vor als DVD von X-Rated. Bild und Ton sind ordentlich, der Ton liegt in deutsch, englisch und italienisch vor, Untertitel gibt es bedauerlicherweise keine. Als Extras gibt es neben einem Haufen Trailer zu anderen Western auch die Trailer zu ES GEHT UM DEINEN KOPF, AMIGO und der Zweitverwertung DEN COLT IM GENICK, den deutschen Vorspann und eine Bildergalerie.

Autor

Maulwurf

Links

OFDb

IMDb

Kommentare (1)

  • Benjaminin

    Benjaminin

    04 August 2021 um 20:17 |
    Laut der Deutschen Symchronkartei waren Martin Hirthe und Horst Niendorf als Sprecher beteiligt. Das spricht eigentlich für eine westdeutsche Synchro.

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