Hitler - Die letzten zehn Tage

Italien | Großbritannien, 1973

Originaltitel:

Hitler: The Last Ten Days / Gli ultimi 10 giorni di Hitler

Alternativtitel:

Hitler - Os Últimos 10 Dias (BRA)

Hitler: los últimos diez días (ESP)

Les dix derniers jours d'Hitler (FRA)

Deutsche Erstaufführung:

20. April 1973

Regisseur:

Ennio De Concini

Inhalt

Als Adolf Hitler (Alec Guinness) am 20. April 1945 seinen 56. Geburtstag feiert, geschieht dies bereits im sogenannten „Führerbunker“, in dem er sich mit seiner Geliebten Eva Braun (Doris Kunstmann) und einigen höheren Offizieren vor der immer näher heranrückenden Sowjetarmee verschanzt hat. Er lässt Befehle an Truppen erteilen, die teils gar nicht mehr existieren oder deren Befehlshaber desertiert sind, er erfährt vom Umsturzversuch durch Hermann Göring und Himmlers geheimen Friedensverhandlungen mit den Alliierten. Zudem wird eine seiner letzten Verteidigungsmaßnahmen der Einsatz der Hitlerjugend bei der Verteidigung Berlins und die Flutung der Bahntunnel. Doch das Ende des Dritten Reiches ist unabwendbar und letzter „Ausweg“ soll ein Massenselbstmord der Führungsriege sein.

Review

18 Jahre nach „Der letzte Akt“ (1955) von Georg Wilhelm Pabst entstand diese zweite filmische Interpretation der letzten Tage im sog. „Führerbunker.“ Nachdem man für Pabsts Film einen eher unbekannten Darsteller für die Rolle des Adolf Hitler castete (kein bekannter deutscher Schauspieler wollte diese Rolle spielen, aus Sorge, damit seiner Karriere ernsthaft zu schaden), begann mit „Hitler – Die letzten 10 Tage“ die sehenswerte Tradition, den deutschen Diktator von hochkarätigen Darstellern spielen zu lassen, so 1981 in „Der Bunker“ von Anthony Hopkins“ und 2004 in „Der Untergang“ von Bruno Ganz. Und hier, in dieser italienisch-britischen Co-Produktion unter der Regie von Ennio de Concini, von keinem geringeren als Sir Alec Guinness.

 

Neben „Daniele e Maria“ mit Peter Firth ist „Hitler – Die letzten 10 Tage“ eine von nur zwei Spielfilmregiearbeiten (beide 1973 entstanden) von Ennio de Concini, der Italo-Filmfans in allererster Linie als Drehbuchautor bekannt ist. In den Jahren 1950 bis 1998 schrieb de Concini für Regisseure wie Vittorio de Sica, Damiano Damiani oder Dino Risi, ebenso wie für B-Movies, etwa für Mario Bava, Lucio Fulci und Antonio Margheriti.

 

Stilistisch ist „Hitler – Die letzten 10 Tage“ aber doch eher britisch. Das Szenario ist dokumentarisch angelegt und wurde von De Concini und Maria Pia Fusco nach einem Roman des ehemaligen Rittmeisters Gerhardt Bolt verfasst, der selbst viele der damaligen Ereignisse im Führerbunker miterlebt bzw. belauscht hat. Im Vorspann wird zudem ein britischer Historiker erwähnt, der das Szenario auf historische Genauigkeit geprüft hat. In der zweiten Hälfte des Films geschehen jedoch seltsame Eigenheiten, die man fast dem Hauptdarsteller selbst zuschreiben möchte.

 

Doch zuerst – Alec Guinness spielt die Rolle absolut brilliant. Mit ein paar kleinen Einschränkungen, denn er ist eben Sir Alec Guinness, mit einer Stimme, die einfach zu markant ist, um sie dauerhaft zu verstellen. Aber vielleicht wollte er das gar nicht. Während er in erregten oder zornigen Augenblicken nicht nur hundertprozentig authentisch in seiner Rolle wirkt, klingt dann auch seine Stimme wie die Stimme Hitlers. In ruhigen Momenten dagegen sehen und hören wir Alec Guinness, einen Mann, der eher ein sehr sanftmütiger und sympathischer Charakter ist, und das mag wohl auch seine Intention gewesen sein, wenn er in eben jenen entspannteren Augenblicken zeigen möchte, wie es zu der Dedikation und Faszination eines Volkes für einen solchen Diktator und dessen menschenfeindliche Absichten kommen konnte. Hier ist auch das Intro des Films hilfreich, dass es fertig bringt, in nur wenigen Minuten die Hintergründe um Hitlers Aufstieg zu beleuchten. Das Intro zeigt dazu historisches Bildmaterial, welches auch im weiteren Verlauf des Films zum Einsatz kommt. Abschließend zum Thema „Stimme“ sei noch erwähnt, dass das Original natürlich in Englisch gedreht wurde und man sich als Zuschauer da wirklich zwingen muss all die britischen Akzente im „Führerbunker“ zu schlucken.

 

Neben Alec Guinness bietet „Hitler – Die letzten 10 Tage“ Stars wie Simon Ward, Adolfo Celi und Gabriele Ferzetti. Und wem das Gesicht von „Gen. Jodl“ bekannt vorkommt, das ist Philip Stone, der irre Hausmeister aus Kubricks „Shining“, der seinen Töchtern eine Lektion erteilt hat. In der Rolle der Eva Braun sehen wir Doris Kunstmann und hier findet sich eine der künstlerischen Freiheiten, die sich der Film erlaubt, denn der letzte Dialog zwischen ihr und Hitler ist rein spekulativ, nichts dergleichen ist belegt, auch nicht durch den Autor Gerhardt Boldt.

 

Und wie zuvor schon erwähnt, geschieht in der zweiten Hälfte des Films etwas Seltsames: nachdem zunächst alles recht nüchtern und dokumentarisch abläuft, ist irgendwann wohl jemandem die Idee gekommen, mit ein wenig schwarzem Briten-Humor etwas mehr Schwung reinzubringen. Das ist dann allerdings auch den Kritikern sauer aufgestoßen, für den Zuschauer dagegen eher eine Wohltat. Beispiele hierfür z. B. die Szene mit Diane Cilento als „Hanna Reitsch“ als diese erfährt, dass Hitler bereits seit zehn Jahren eine Affäre mit Eva Braun hat. Ihre schockierte Reaktion darauf, sie hätte angenommen, ein Mann in seiner Position stünde über solch profanen Dingen wie Sex. Außerdem sei Eva Braun doch eine solche Bourgeoise. Oder Hitler lädt einen Besucher zum Essen ein, darauf folgen Dokumentarbilder, wie auf der Straße ein hungernder Deutscher ein Stück aus einem toten Pferd schneidet.

 

Besonders herrlich – als ein sichtlich nervöser Standesbeamter bei der Trauung von Adolf Hitler und Eva Braun den Diktator fragen muss, ob er denn auch tatsächlich von reinrassigem, arischem Geblüt sei und Hitler ungehalten mit „Na, aber selbstverständlich“ (frei übersetzt) antwortet. Ein weiteres Beispiel, wie vor dem geplanten Selbstmord die Akten im Bunker vernichtet werden sollen, Hitler seine Fotos aber erhalten wissen will, damit zukünftige Generationen wüssten, wie er aussah – sonst erginge es ihm womöglich wie Jesus, über dessen Aussehen man nur noch spekulieren könne.

 

Oder die fast schon absurd wirkende finale Szene: nein, selber anschauen.

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