Last Chance for Life

Italien, 1962

Originaltitel:

Ultimatum alla vita

Alternativtitel:

Aux mains des SS (FRA)

Regisseur:

Renato Polselli

Kamera:

Ugo Brunelli

Inhalt

Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges gelingt es den Nazis insgesamt fünf Frauen aus den Reihen der verfeindeten Partisanen in ihre Gewalt zu bringen, die sie dann zusammengefercht in einem Seitenanbau eines besetzten Landhauses zur Entlockung ihrer Geheimnisse gefangen halten. Am Ärgsten trifft es hierbei die Tochter des Partisanenführers Barri, da das abscheuliche Nazipack nicht nur sie selbst, sondern auch noch ihre minderjährige Schwester Rosella in ihren Fängen hält. Ein perfektes Druckmittel sozusagen, das die Naziverbrecher von da an auch hemmungslos zur Erlangung ihrer niederen Ziele einsetzen. Der einzige Lichtblick im Dunkel des provisorisch eingerichteten Gefangenlagers stellt der etwas sonderbar geratene Sohn des Oberbefehlshabers der Nazis dar, welcher dann nicht nur mit den eingekerkerten Partisaninnen sympathisiert, sondern sich auch noch Hals über Kopf in die ältere Tochter des Partisanenführers Barri verliebt. Doch dann kommt es urplötzlich zu einem schicksalhaften Unglücksfall mit Todesfolge, woraufhin die sowieso schon angespannte Situation vollends eskaliert.

Review

Bei ULTIMATUM ALLA VITA handelt es sich um ein beeindruckendes Kriegsdrama, für welches sich kein geringerer als der einzigartige Renato Polselli verantwortlich zeigte. Im Gegensatz zu seinen späteren Filmexzessen entpuppt sich ULTIMATUM ALLA VITA als eine durchwegs ernsthafte Inszenierung, bei der sogar die Darsteller adäquat agieren. Kein Wunder, denn der Zweite Weltkrieg betraf auch Herrn Polselli während der Besetzung Italiens durch die deutschen Kriegstreiber pesönlich. "Diese Filme waren nicht nur mir wichtig, sondern auch allen anderen Bürgern Italiens. Sie vermitteln nicht nur die soziale Sorgen während des Krieges, sondern zeigen auch die Situation Italiens auf, nachdem die Alleiirten das Land verlassen hatten. In den 50ern war es für das italienische Kino schwierig, diese Fragen aufzuwerfen und unsere Zweifel zu beantworten". Und genau aus diesem Grund inszenierte Polselli das vorliegende Kriegsdrama, worin er sowohl die besagten Fragen aufwarf als auch den von der breiten Masse gegenüber den Soldaten entgegengebrachten Stolz relativierte, indem er diese als das zeigte, was sie zum Großteil nun einmal waren: gewissenlose Mörder!

 

Die Geschichte des Films basiert auf einem Drehbuch, an dem insgesamt sechs fleißige Verfasser beteiligt waren, wobei einer von diesen wiederum kein geringerer als der renommierte Drehbuchschreiber Ernesto Gastaldi war. Ferner wirkten an der Inszenierung auch noch der unnachahmliche Oscar Brazzi (DAS LUDER, INTIMITÀ PROIBITA DI UNA GIOVANE SPOSA, TRITTICO - SEX OF THE DEVIL) in der Funktion des zuständigen Produktionsleiters, Polsellis angestammter Kameramann Ugo Brunelli (DAS LUSTHAUS TEUFLISCHER BEGIERDEN, DAS GRAUEN KOMMT NACHTS, MANIA) und Demofilo Fidani (SARTANA - IM SCHATTEN DES TODES, ADIOS COMPANEROS, A.A.A MASSAGGIATRICE BELLA PRESENZA OFFRESI...) als Produktdesigner mit. Und da es in dem vorliegenden Film von widerlichen Nazis nur so wimmelt, wurde auch ein Großteil der Dialoge in nazideutsch eingesprochen. Dabei verwunderte es mich ein wenig, dass in der italienischen Fassung nur ein Teil dieser Dialoge untertitelt wurde, wodurch wiederum die restlichen Dialogwechsel für das ausländische Publikum als unverständlich einzustufen sind. In erster Linie betrifft dies die Dialoge zwischen Claudio Gora und Anthony Steffens, deren deutschen Synchronstimmen zudem sehr treffend gewählt wurden. Hierzu wäre es noch interessant zu wissen, ob es sich bei den eingesetzten Synchronsprechern um namhafte Deutsche handelte, oder ob die Italiener lediglich deutschsprachigen Landsmännern den Vozug gaben.

 

"Bis dass der Tod uns scheidet"

 

Kommen wir zur versammelten Darstellerriege, die allen voran von der italienischen Schauspielerin Franca Bettoia (DIE NÄCHTE SIND VOLLER GEFAHREN, THE LAST MAN ON EARTH, DIE RACHE DES SANDOKAN) angeführt wird. Bettoia verkörpert hierbei die unter Gefangenschaft stehende Tochter des Partisanenführers 'Mara Barri', welche dann nicht nur von den Nazis mit ihrer gleichfalls in Gefangenschaft befindlichen Schwester unter Druck gesetzt wird, sondern plötzlich auch noch einen minderjährigen Verehrer an der Backe kleben hat. Dieser hört auf den Namen 'Hans Schneider', ist seines Zeichens der einzige Sohn des deutschen Garnisonsführers und wird von dem jungen Fabrizio Capucci (HERKULES - DER SCHRECKEN DER HUNNEN, AN EINEM FREITAG IN LAS VEGAS, KALIBER 38 - GENAU ZWISCHEN DIE AUGEN) verkörpert. Während den Dreharbeiten schien es darüber hinaus zwischen Polselli und Capucci zu einem kleinen Disput gekommen zu sein, indessen Folge dem Regisseur sogar die Hand ausgerutscht sein soll, da der Schauspieler trotz seiner jungen Jahre nicht nur etwas überheblich, sondern auch noch zu sehr von sich überzeugt gewesen war. Zumindest soll Capucci nach dem erhaltenen Klatsch entsprechend in der Spur gelaufen sein, so dass der Regisseur auch erst ab diesem Zeitpunkt mit ihm adäquat arbeiten konnte. Sein darzustellender Charakter wirkt dabei etwas sonderbar, da 'Hans Schneider' augenscheinlich nicht nur an einem erheblichen Mutterkomplex leidet, sondern auch noch von den unmenschlichen Wirren des Krieges hochgradig traumatisiert zu sein scheint.

 

"Gebt den Damen Zunder!"

 

Somit wären wir auch schon bei Anthony Steffen (GARRINGO - DER HENKER, INFERNO UNTER HEIßER SONNE, DIE BLUTIGEN SPIELE DER REICHEN) angelangt, der den fünf gefangenen Damen in der Rolle des befehlshabenden Leutnants 'Krüger' erst so richtig einheizt. Dabei kennt er keinerlei Erbarmen und verabreicht der unschuldigen 'Siria' dementsprechend ohne großes Federlesen eine schmerzhafte Stacheldrahtkur, welche dieser wiederum zu einem markanteren Aussehen verhilft. Und ausgerechnet diese Szene scheint dann auch den Startschuss für die von da an immer häufiger in Erscheinung tretenden Misshandlungen gegenüber seinen Schauspieler zu markieren, welche der Regisseur in seiner exzessiven 'Ralph Brown Phase' dann erst so richtig auslebte. Für Anthony Steffen stellte die Rolle des skrupellosen Leutnants 'Krüger' nach SOLITUDINE (1961) bereits die zweite Zusammenarbeit mit Renato Polselli dar, welcher dann im Jahre 1963 im Rahmen der Komödie AVVENTURA AL MOTEL sogar noch eine dritte folgen sollte. Dabei trat der brasilianische Schauspieler auch jedes Mal unter seinem eigentlichen Namen 'Antonio De Teffè' in Erscheinung. Dann wäre da auch noch das italienische Schauspielurgestein Claudio Gora (GEFAHR: DIABOLIK!, BLUTIGE STRAßE, DER UNERBITTLICHE VOLLSTRECKER), der in der Rolle des kettenrauchenden Garnisonsführers 'Schneider' nach und nach immer tiefer in einen persönlichen Gewissenskonflikt gerät, da er seinen einzigen Sohn 'Hans' dem allmachtsfantasiebesessenen Führer opfern soll. Kein leichtes Brot also, an dem Claudio Gora hier zu knabbern hat...

 

Nicht minder schwere Kost müssen dann auch die verbleibenden vier Damen verdauen, welche ihnen tagtäglich von den Nazis in Form von ungenießbaren Grausamkeiten verabreicht wird. Und ähnlich wie im 'deutschen Frauenknast' werden auch die eingekerkerten Insassinnen des italienischen Knastpendants von einem 'walterähnlichen' Alphatier angeführt, welches im vorliegenden Fall aber auf den Namen 'Cicci' hört, von der italienischen Nebendarstellerin Didi Perego (DIE EHEBRECHER, ESCALATION, DAS GESETZ DES SCHWEIGENS) gespielt wird und vor seiner Gefangennahme durch die deutschen Kriegstreiber erfolgreich im Horizontalgewerbe des Partisanenlagers tätig war. Die nächste im Bunde ist die unbeugsame Partisanin 'Anna', welche von der italienischen Darstellerin Valeria Moriconi (TERROR IN OKLAHOMA, VERGEWALTIGT IN KETTEN, DIE QUELLEN DER MAFIA) verkörpert wird. Zu Unrecht im Knast befindet sich die eigentlich unbeteiligte 'Siria', für deren Darbietung sich die polsellivertraute Schauspielerin Tina Gloriani (DIE NÄCHTE SIND VOLLER GEFAHREN, DIE LIEBESNÄCHTE DES HERKULES, DER ZORN DES ACHILLES) verantwortlich zeigt, denn neben ihrer Beteiligung in ULTIMATUM ALLA VITA ist Signora Gloriani auch noch in den Polselliwerken SOLO DIO MI FERMERÀ, DIE GELIEBTE DES VAMPIRS, SOLITUDINE und AVVENTURA AL MOTEL zu sehen. Die letzte der vier Damen ist die hübsche Halbjüdin 'Marcella', die sich aufgrund ihrer Anwesenheit während der grausamen Tötung ihrer Familie einen erheblichen Schaden im Oberstübchen zuzog. Dargestellt wird das durchgeknallte Knastkücken 'Marcella' von Cristina Gaioni (TRAUEN SIE ALFREDO EINEN MORD ZU?, JACK CLIFTON JAGT WOSTOK III, DER KILLER DER SÜNDIGEN MÄDCHEN), welche die lockenwicklerinduzierten Wahnvorstellungen ihres Rollencharakters mit aller größter Überzeugung darstellt. Und wenn ihr der Wahn mal wieder zu sehr zu Kopfe steigt, dann kühlt sie diesen einfach im erfrischenden Spülwasser der Knasttoilette, ohne dabei aber auch nur ansatzweise die gängigen Hygienestandards einzuhalten. Zu guter Letzt mischen dann auch noch Ivano Staccioli (A... COME ASSASSINO, FRIEDHOF OHNE KREUZE, DAS RATTENNEST) in den Reihen der verfeindeten Nazis und der angestammte Polsellidarsteller Marcello Bonini Olas (DAS LUSTHAUS TEUFLISCHER BEGIERDEN, DAS GRAUEN KOMMT NACHTS, MANIA) in den Reihen der rastlosen Partisanen mit.

 

Eine besondere Erwähnung sollte die fabelhafte Arbeit des Kamerawunderkindes Ugo Brunelli finden, da uns dieser auch in ULTIMATUM ALLA VITA nicht nur durchwegs mit brillanten Bildkompositionen verwöhnt, sondern seine Kamera auch noch ständig in Bewegung hält. Und neben den bereits beschriebenen Grausamkeiten sind es dann stets die angstverschwitzten Gesichter und die großaufgerissenen Augen mit ihren panischen Blicken, welche als wiederkehrende Merkmale im filmischen Œuvre Polsellis festgemacht werden können. Darüber hinaus soll ULTIMATUM ALLA VITA aber nicht nur in seinem Heimatland erfolgreich gewesen sein, sondern auch im angrenzenden Nachbarland Frankreich, wo der Film nicht nur am 14. November 1962 unter dem Titel AUX MAINS DES SS in die Kinos kam, sondern kurz darauf auch noch einen Preis erhielt.

 

Fazit: Ein sowohl eindrucksvolles als auch zugleich äußerst bedrückendes Filmerlebnis eines ungewöhnlich ernsthaften Renato Polsellis.

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IMDb

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