Exzesse im Folterkeller

Japan, 1979

Originaltitel:

Dabide no hoshi: Bishôjo-gari

Alternativtitel:

Vices et sévices (FRA)

Star of David: Hunting for Beautiful Girls (USA)

Beautiful Girl Hunter

Star of David: Beauty Hunting

Exzess

Deutsche Erstaufführung:

27. November 1981

Regisseur:

Noribumi Suzuki

Kamera:

Masaru Mori

Inhalt

In einer stürmisch-verregneten Nacht dringt der Triebtäter Genpei Hirukawa (Shohei Yamamoto) in das Haus der Jinnos ein und vergewaltigt die Frau vor den Augen ihres gefesselten Ehemannes. Der wird damit nicht fertig, vor allem nicht mit der Tatsache, dass sie scheinbar während der Vergewaltigung einen Orgasmus hatte und obendrein schwanger wurde. Nach seiner Geburt wird der Sohn Tatsuya Jinno (Shun Domon) mehrfach Zeuge, wie sein vermeintlicher Vater seine Mutter misshandelt, und auch er selbst wird von seinem Vater mitunter geschlagen oder getreten.

 

Durchs Schlüsselloch beobachtet der kleine Tatsuya, wie sein Vater vor den Augen der Mutter mit einer Prostituierten Sex hat, woraufhin seine Mutter Selbstmord begeht. Alles Weitere über seine Herkunft als Kind eines Vergewaltigers erfährt er aus dem Tagebuch seines Vaters. Als Tatsuya erwachsen, seine Eltern beide tot, und er selbst sehr vermögend ist, richtet er sich einen Folterkeller ein. Zunächst entführt er jene als Kind beobachtete Prostituierte, die er für den Tod seiner Mutter mitverantwortlich macht, so dass es scheint als sei er auf Rachefeldzug.

 

Die Misshandlungen der Kindheit, das Wissen um seine Herkunft, sowie die Tatsache, dass Tatsuya sehr gebildet ist, lassen noch viele andere gewalttätig-sexuelle Szenarien durch seinen Kopf gehen, die er mit verschiedensten Einflüssen seines Wissensstandes verbindet. Die ultimative Herausforderung für ihn ist aber die Begegnung mit seinem Vater – und Tatsuyas Gefühle für die Jugendfreundin und katholische Christin Yumiko (Hiromi Namino), die für einen letzten Test herhalten soll: wird das Gute in Yumiko es schaffen, das Böse in seinem Inneren zu besiegen?

Review

„Ich habe zuhause einen Vogel.“
„Was denn für einen?“
„Einen äußerst Seltenen. Aber er will einfach nicht gehorchen.“

 

Die Idee, Masaaki Satos Manga-Serie zu verfilmen, stammte von Noribumi Suzuki selbst. Dass er mit seinem Vorhaben einen Roman Porno drehen zu wollen, an die Produktionsfirma Nikkatsu herantrat, stieß dabei durchaus auf Kritik. Suzuki, eigentlich Aushängeschild der Toei und in jenen Jahren gerade sehr erfolgreich mit der „Torakku yarô“ Action-Serie mit Bunta Sugawara, hatte nach den immerhin 11 Filmen, die er für diese Filmreihe gedreht hatte aber anscheinend die Nase voll und wollte mal wieder etwas anderes drehen.

 

Kritik kam vor allem von den sich von diesem „Außenseiter“ von Toei bedroht fühlenden Stammregisseuren von Nikkatsu, allen voran Shogoro Nishimura („Female Teacher – Rope Hell“). Umso ironischer erscheint es, dass „Exzesse im Folterkeller“ bei seiner japanischen Kinopremiere im Doppelprogramm mit Nishimuras „Tokyo eros sen’ya ichi’ya“ startete. Die Reaktion des Publikums auf Noribumis Regiearbeit für Nikkatsu war positiv, allerdings auch nicht herausragend. Mitunter wurde der Film gar als zu langatmig empfunden, was möglicherweise an der für dieses Genre eher ungewöhnlichen Länge von rund 100 Kinominuten lag. Im Bereich des Pinku etwa sind eher kompakte 65 bis höchstens 85 Minuten üblich. Bei der Mehrheit dieser Art von Filmen ist die Lauflänge in der Mitte – als bei ca. 75 Minuten - angesiedelt.

 

Streit gab es mit dem ersten Drehbuch-Autor Atsushi Yamatoya, dessen Entwurf Suzuki zu philosophisch erschien, gerade wenn es um den Umgang mit Subthemen wie Nationalsozialismus oder Christentum ging – Suzuki schwebte ein reiner Unterhaltungsfilm vor. Na ja, jedenfalls was er so unter Unterhaltung versteht. So beschreibt der Produzent ihn als sehr netten Menschen, mit dem man sowohl gut diskutieren als auch einen Trinken konnte, aber als einen Menschen mit zwei Seiten: einer Heiligen und einer Vulgären. Und genau darum geht es in „Exzesse im Folterkeller“, um den Kampf zwischen dem Guten und dem Bösen im Menschen - und in Noribumi Suzuki selbst. Als sehr persönlich wird Suzukis Auswahl der Figuren beschrieben, etwa eine Schülerin, die sich als sehr erwachsen aufspielt, eine arrogante Sängerin etc., Figuren, die Suzuki in „Exzesse im Folterkeller“ zu demütigen gedachte. Und das geschieht ausgiebig.

 

Als weibliche Hauptdarstellerin brachte Suzuki die ehemalige Miss Japan Hiromi Namino mit, also auch keine Nikkatsu-Darstellerin und im Bereich des Films ein Neuling. Interessant ist es, in einer Nebenrolle Bunta Sugawara als Lastwagenfahrer zu erblicken, und ohne das jetzt nachprüfen zu wollen, behaupte ich jetzt mal dass es sich um dessen einzigen Auftritt in einem Roman Porno handeln dürfte. Aber er und Noribumi Suzuki kannten sich halt gut, nicht zuletzt wegen der „Torakku yarô“-Serie.

 

Ein Rätsel ist mir, wie es dieser Nikkatsu-Film mit immerhin 5 Kopien in deutsche Kinos geschafft hat. Ob Pinku oder Roman Porno, kaum eine Handvoll dieser Art von Filmen haben es je nach Deutschland geschafft, schon gar nicht in die Kinos. Viel mehr als Teruo Ishiis Tokugawa-Filme oder Yasuharu Hasebes „Die Nackten und die Bestien“ wäre mir kaum bekannt, und dann ausgerechnet „Exzesse im Folterkeller?“ Falls es die Absicht der Verleiher war, den deutschen Markt für diese Art von Film zu testen, hätte man besser eine Nummer kleiner angefangen und nicht gerade diesen sowohl inhaltlich als auch optisch äußerst harten Vertreter dieses Genres wählen sollen. Während die Kinofassung von einer Juristenkommission noch mit rund 80 Minuten freigegeben wurde, erfolgte nur zwei Jahre später die Beschlagnahme der Videokassette von Bavaria/Euro Video.

 

Lange genug gedrückt, meine Meinung: „Exzesse im Folterkeller“ ist ein inhaltlich recht niederträchtiger Film, und nicht nur das macht ihn so wundervoll. Noribumi Suzuki ist ein Profi, die Darsteller sind überzeugend, die Kameraarbeit kreativ, die Dekorationen und die Farbgebung sorgfältig, die Musik treibt einem die Tränen in die Augen, und...ich bin ein kleiner Perversling, ich weiß. Die Hauptfigur Tatsuya ist dabei so herrlich unberechenbar, die Eine tötet er, die Andere lässt er laufen, weitere treibt er in den Wahnsinn. Beim Thema Nationalsozialismus schockt er einen Mitschüler, indem er sich freilich nicht in die Opfer sondern in die Täter hineindenkt und doch, bei all seinen abartigen Experimenten, empfindet er doch so etwas wie Zuneigung, ausgerechnet für die doch recht einfältige Jugendfreundin Yumiko. Und selbst die hat ein düsteres Geheimnis.

 

Das Mediabook von Shock DVD Entertainment war für mich ein absoluter Pflichtkauf, keine Sekunde gezögert, und keine Sekunde bereut. Es gibt auf einer BD-50 die ungekürzte Originalfassung und die deutsche Kinofassung in 1080p und ein wenig Bonusmaterial (bitte auf ofdb nachlesen). Auf DVD das Ganze nochmal. Das Booklet hat sehr viele gute Bilder, die allerdings nicht alle aus „Exzesse im Folterkeller“ stammen, aber schon mit Regisseur Noribumi Suzuki zu tun haben. Eine Beschriftung wäre hier hilfreich gewesen. Der Text ist insgesamt kürzer als meine Review, und die hat wirklich nur eine knappe Stunde gedauert, da hätte man schon etwas mehr Mühe investieren können. Das gilt allerdings wohl auch für mich...

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