Rote Lippen - Sadisterotica

Deutschland | Spanien, 1969

Originaltitel:

El caso de las dos bellezas

Alternativtitel:

Sadist Erotica (USA)

Two Undercover Angels (USA)

Red Lips

The Case of the Two Beauties

Der Wolf - Horror pervers

Deutsche Erstaufführung:

28. März 1969

Regisseur:

Jesús Franco

Inhalt

Immer wieder verschwinden junge, schöne Frauen, und der Anwalt Radeck (Adrian Hoven) engagiert das Detektivinnen-Duo Diana (Janine Reynaud) und Regina (Rosanna Yanni) – besser bekannt als „Rote Lippen“ – um speziell eine dieser verschwundenen Schönheiten wieder aufzuspüren. Die Spur führt zu dem schwer zu lokalisierenden Künstler Klaus Tiller, der tote Frauen fotografiert und modelliert, unterstützt von seinem haarigen Faktotum Morpho (Michel Lemoine). Und so müssen sich die Roten Lippen mit einem gefährlichen Irren, der Polizei, Interpol und weiteren dubiosen Charakteren herumschlagen.

Review

Bereits in seiner Frühzeit als Regisseur drehte Jess Franco eine erste Krimikomödie um das Detektiven-Duo Rote Lippen (Labios Rojos, 1960), noch in s/w und mit Ana Castor und Isana Medel als Protagonistinnen. Nachdem er 1967 für das Produzenten-Duo Adrian Hoven und Pier A. Caminecci mit „Necronomicon – Geträumte Sünden“ und deren Aquila Film ein surrealistisches Meisterwerk abgeliefert hat, geht er es in den nächsten beiden Regiearbeiten leichtherziger an und dreht erstmals zwei Filme am Stück mit weitgehend den gleichen Darstellern.

 

Herausgekommen ist dabei eine knallig bunte Krimikomödie mit witzigen Dialogen und einer Ansammlung an kuriosen Charakteren. Neben den beiden Detektivinnen, denen es vornehmlich um Geld geht und nur wenig darum, das Gesetz zu achten, sind besonders der verrückte Fotograf und sein Haarmonster sehenswert. Dazu trägt natürlich bei, dass der Film mit ein paar ausdrucksvollen Charaktergesichtern wie Janine Reynaud, Rosanna Yanni, Adrian Hoven, Chris Howland und Michel Lemoine aufwarten kann. Dabei fällt kaum auf, wie oft der Film von der eigentlichen Haupthandlung abbiegt in spaßige Szenen, die es mitunter schwierig machen, uns an die Story zu erinnern. Der Titel „Sadisterotica“ ist dabei ein wenig irreführend, denn man hält sich überraschend bedeckt. Natürlich spielte man dabei auf die seltsamen Neigungen des gestörten Künstlers Klaus Tiller an. Überraschen kann ebenfalls die Wandlungsfähigkeit von Adrian Hoven, der für ein tatsächlich überraschendes Finale sorgt. Jess Franco gibt eine Gastrolle als ängstlicher Museumsnachtwächter, der nach seinen komödiantischen Momenten einen grausamen Tod erleidet.

 

Gedreht wurde „Rote Lippen, Sadisterotica“ circa Ende September bis Oktober 1967, die Dreharbeiten gingen dann nahtlos in „Küss mich, Monster“ über, mit der größtenteils gleichen Crew. Hinweise darauf ergeben sich auch aus der zwar längeren aber zensierten spanischen Fassung, die neben ungesehenem Material Szenen aus beiden Filmen enthält. Unterschiede zwischen der deutschen und der spanischen Fassung gibt es ebenso bei der Musik. Während in Ersterer ein schmissiger Jerry van Rooyen-Soundtrack zu hören ist, wurde die Musik der spanischen Version von Fernando Garcia Morcillo komponiert. Ich hätte aber gerade das Stück bei Dorit Doms Tanszene im Nachclub sehr vermisst, allerdings musste in der spanischen Fassung wohl leider die gesamte Szene dran glauben. Gedreht wurde hauptsächlich in Spanien mit vielen visuell reizvollen Außenlocations. Der Turm, in dem die „Roten Lippen“ in diesen beiden Filmen residieren, ist der Torre de Cabo Roig nahe Orihuela in Alicante. Inzwischen sieht er allerdings ein wenig abgewetzter aus als zu Zeiten der Dreharbeiten.

 

Für Franco-Fans gibt es viele bekannte Motive zu entdecken. Da wäre der „Flamingo Club“, der immer wieder in Francos Filmen auftaucht. Der stumme Diener Morpho, diesmal von fast wolfsähnlicher Gestalt, Inspektor Tanner (hier gespielt von Marcelo Arroita-Jáuregui und ein Mr. Radeck dürfen selbstredend auch nicht fehlen. Dass „Rote Lippen – Sadisterotica“ so gut funktioniert, dürfte an einer gewissen familiären Atmosphäre liegen, die die Darsteller zu einer recht ausgelassenen Stimmung verleitet hat. Das steigert sich in der Fortsetzung „Küss mich, Monster“ noch erheblich, so weit, dass es dort mitunter schwierig wird, dem Geschehen als Zuschauer noch zu folgen. Franco scheint hier erstmals eine gewisse Kenntnis seines bisherigen Werkes vom Zuschauer zu fordern - oder es war ihm schlicht egal.

 

Die Veröffentlichungslage von „Rote Lippen, Sadisterotica“ ist ein wenig schwierig, auch wenn man keine wirklichen Probleme haben sollte, den Film grundsätzlich zu bekommen. Uraufführung der Kinofassung war am 28. März 1969 in Deutschland, während „Küss mich, Monster“ wohl nur in österreichischen Kinos zu sehen war. Schon zu Home Video-Anfangszeiten erschien der Film dann als „Der Wolf – Horror Pervers“ als Videokassette, augenscheinlich identisch mit der Kinofassung. Auf DVD wird es schwierig. Qualitativ bietet das Red Lips-Double Feature von Blue Underground die bisher beste Bildqualität, allerdings ist das englische Dubbing kaum empfehlenswert, viel vom ursprünglichen Wortwitz geht dabei verloren. Außerdem sind in „Kiss me, Monster“ in der englischsprachigen Version Szenen in anderer Reihenfolge montiert, leider so, dass man dem ohnehin verwirrenden Szenario Film kaum noch folgen kann. Doch dazu ein andermal mehr.

 

Die halblegale deutsche DVD-Veröffentlichung von Great Movies kann man von der Bildqualität her als vertretbar betrachten, und auch wenn man dafür keine Werbung machen will, sie hat die deutsche Tonspur, auf die man nicht verzichten sollte. Allerdings findet man das ganze genauso „legal“ auch als Download im Internet, was auch die Quelle der Great Movies-Veröffentlichung gewesen sein dürfte, wenn man sich das Endergebnis so anschaut.

 

Hatte ich schon erwähnt, dass in der spanischen Fassung der Vorspann nach der Szene mit Klaus Tiller kommt und nicht so unvermittelt mittendrin wie bei der Deutschen? Ein wirklich unverständlicher Moment, mit den Titelcredits anzukommen, den man da bei der Endmontage von Aquila gewählt hat. Dafür enthalten diese bereits einen Hinweis auf die Fortsetzung, eine flüsternde Stimme, die „Küss mich, Monster“ haucht.

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