Justine - Lustschreie hinter Klostermauern

Kanada | Frankreich | Italien, 1972

Originaltitel:

Justine de Sade

Alternativtitel:

Justine (FRA)

The Violation of Justine (USA)

Deutsche Erstaufführung:

30. November 1972

Regisseur:

Claude Pierson

Inhalt

Justine ist das lebendige Sinnbild der Tugendhaftigkeit - immer an das Gute im Menschen glaubend, wandert sie durch das Land und muss seit dem Tod ihrer Eltern und der Trennung ihrer Schwester allerhand Pein durch maskuline Dekadenz ertragen, wobei der Niedertracht des männlichen Geschlechts des Öfteren keine Blockaden im Weg stehen. In einer Taverne berichtet sie zwei Adligen schließlich von ihrer schmerzhaften Odyssee...

Review

Gleich vorweg: Ich habe bisher noch keinen einzigen Roman von Herrn De Sade gelesen und kann deshalb auch keine Ausführungen darüber machen, ob das Gesehene im hier besprochenen Film annähernd originalgetreu wiedergegeben wurde oder man sich bei der Inszenierung einige künstlerische Freiheiten herausnahm.

 

Regisseur Claude Pierson ist mir im Hinterkopf auch nur noch vage durch seinen letzten Film »Zarte Knospen« in Erinnerung geblieben, aber berauschende Filmtitel wie »Porno Zombi« oder »Scharfe Katzen der Lust« lassen den inneren Schmierfanatiker zumindest erst mal aufhorchen. »Justine« war vor der Sichtung allerdings schon vom Pulvissyndrom im heimischen Medienregal befallen worden, denn bis dahin fristete sie dort über 10 Jahre lang ungesehen ihr Dasein. Fast zurecht, möchte ich behaupten, denn ein nachhaltig prägendes Werk wurde von Pierson definitiv nicht heraus gestampft. Alice Arno als Titelcharakter tingelt von einem Schlamassel in den nächsten, dank dekadenter Ober- und Unterschicht, welche das arme Mädel in Windeseile zum Spielball perverser Gelüste degradieren. Klingt aber zig mal unmenschlicher als es im fertigen Film letztendlich dargestellt wird, denn von der Ausstattung erinnert das Gezeigte eher an einen Mantel- und Degen-Abenteuer, statt eines niederschmetternden Zeitdokuments. Zudem schlagen auch jegliche Versuche fehl, sämtliche Bindungen in irgendeiner Weise zum Hauptcharakter aufzubauen - somit bestürzte oder amüsierte mich das Gezeigte fast kein bisschen, auch wenn die deutsche Vertonung an manchen Stellen heftigst einen weg böllert. Das berühmteste Zitat, natürlich ein zertrümmernder Faustschlag in die Magengrube aller Feministinnen, stammt übrigens von Synchro-Veteran Arnold Marquis und wurde sogar vom umstrittenen Rapper King Orgasmus One auf einer LP verbraten, na dann Prost!

 

Während die deutsche Kinofassung fast von allen Entgleisungen bereinigt wurde, zeigt die Originalfassung einige ungeschönte Schamlosigkeiten des enthemmten Sittenbildes, aber mehr als ein müdes Gähnen konnte ich dem lustlosen Treiben nicht abgewinnen, wobei man Madame Arno zu Gute halten muss, dass sie sich wacker durch die verschiedenen Szenerien kämpft (...und sie kurze Zeit später von Onkel Jess zum Glück in dankbareren Rollen besetzt wurde). Allerdings hat sie bei der ausufernden Laufzeit genauso wenig Chancen den Film dauerhaft attraktiv zu halten, wie sich gegen ihre lüsternen Peiniger zur Wehr zu setzen. Somit läuft die geschnittene Kinofassung stringenter ab, auch wenn die Schere einige Male heftigst angesetzt wurde. Wer aber dennoch lieber einen flüssigen 80-Minüter ohne derartigen Ausschweifungen sehen möchte, greift zur deutschen Fassung - alle anderen dürfen dem langweiligen Sittenlosigkeits-Geplänkel noch knapp 30 Minuten länger beiwohnen.

 

Die abschließende Szene ist allerdings in beiden Versionen identisch und definitiv eines der dämlichsten Filmenden aller Zeiten, soviel sei vorab schon mal verraten!

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