Liebes Lager

Italien, 1976

Originaltitel:

Liebes Lager

Inhalt

Kurz vor dem Ende des Zweiten Weltkrieges scheint es nur noch wenige hochrangige Offiziere zu geben, die an einen Endsieg glauben. So auch die Verantwortlichen eines Konzentrationslagers, in dem hauptsächlich die Ehefrauen und Freundinnen von politischen Widersachern und Verrätern untergebracht sind. Da der Einzug der Alliierten kurz bevorzustehen scheint, ist man händeringend nach zündenden Ideen am suchen, den Kopf doch noch aus der Schlinge ziehen zu können. Da für eine unbehelligte Flucht große Geldsummen und Pässe notwendig sind, beschließt man kurzerhand, das Lager in ein gut funktionierendes Bordell umzuwandeln...

Autor

Prisma

Review

Kaum ist der deutsche Marsch im Vorspann zu Lorenzo Gicca Pallis "Liebes Lager" ertönt, der diesen Vertreter des Sadiconazista-Genres übrigens wie viele andere Kollegen auch unter Pseudonym herunterspulte, suhlt sich die Kamera in Vollstreckungen aus einem trostlosen Frauenlager. Die Obrigkeit sieht zufrieden zu, wenn sie die eingepferchte Schar nach Belieben demütigen, misshandeln oder liquidieren kann, und früh fließen unzählige Tränen von erniedrigten und gepeinigten Insassinnen. Doch ist es tatsächlich so? Das Szenario ist dem Eindruck nach standesgemäß ausstaffiert worden, sodass sich in Verbindung mit den männlichen Darstellern ein schnelles Unbehagen breit macht. Betrachtet man den Titel der Produktion, der immerhin internationale Verwendung fand, ist es fraglich, ob es sich schlicht um einen Fehler bei der Schreibweise handelt, oder um einen zynischen Kniff in höflicher Anrede an ein Lager, in dem die Grausamkeiten auf einem perfiden Nährboden gedeihen. Die Vorstellung der männlichen und weiblichen Charaktere geschieht anfangs eher isoliert voneinander, um die zwei Seiten der Charaktereigenschaften zu beleuchten. Weitestgehend sind obligatorische Parolen zu vernehmen, die den schlechten Ton in einer solchen Produktion anzugeben versuchen, doch eigenartigerweise vermischt sich die scheinbar rabiate Stilrichtung mit nahezu heiteren, ja, komödiantischen Momenten, die die Geschichte unappetitlich aufweichen.

 

Möglicherweise eine Masche, um eine gute Portion der grundeigenen Perversion derartiger Flicks herauszukehren, was aber gründlich nach hinten losgeht, da sich die naturgemäß harte Thematik im Nirgendwo verliert. Bald folgen obligatorische Nuditäten und Untersuchungen, untermalt mit einer Musik, die sich eher in einem deutschen Softsex-Film wohlgefühlt hätte. Regisseur Lorenzo Gicca Palli verliert bereits im frühen Stadium der Geschichte die Balance zwischen Schock und Exposition, sodass das Gezeigte unausweichlich in eine irritierende Lächerlichkeit abdriftet. Somit bleibt abzuwarten, ob der Zuschauer im Endeffekt mit einem Totalschaden konfrontiert wird, oder ob der Film doch noch die Kurve kriegt. Diese Eindrücke werden angefeuert von der ermüdenden Musik von Alessandro Alessandroni, die der Grundstimmung richtiggehend peinliche Momente verleiht. Das Panorama von "Liebes Lager" bleibt überraschend zahm und in Intervallen dosiert, was kaum förderlich ist, denn in diesem Konzentrationslager lauert neben dem tonangebenden menschlichen Abschaum noch ein gefräßiges Ungeheuer namens Langeweile, das sich früh ungeniert präsentiert. Darstellerisch gesehen gibt es kaum erwähnenswerte Leistungen, ohnehin waren nur gerade einmal vier der hier beteiligten Interpreten in anderen Produktionen zu sehen, was viel aussagt. Außerdem ist die Dichte der beinahe ausschließlich eingedeutscht klingenden Namen übermäßig hoch.

 

In allen Genres sind unzählige Filme zu finden, deren Stärke sich vornehmlich über die Variation oder die Abgrenzung zu gleich gestrickten Beiträgen definiert. Lorenzo Gicca Pallis "Liebes Lager" bedient sich zwar genau dieser Strategie, doch die Idee geht leider kräftig nach hinten los, sodass unappetitliche Eindrücke den Verlauf dominieren, oder eher demolieren. Empfundene Anleihen der bundesdeutschen Sex-Klamotte geben diesem stumpfsinnigen Film schließlich den Rest, und es darf wohl betont werden, dass sich Interessenten des Genres hier schlecht unterhalten, um nicht zu sagen irritiert fühlen dürften. Einhergehend mit dem Gefühl, unangenehm berührt zu sein, windet sich der Verlauf von Etappe zu Etappe, in welchen man fliegende Wechsel zwischen verkapptem Humor, uneindeutiger Gewalt oder eindeutigem Entkleidungsdrang vernehmen kann. Das Script erlaubt sich darüber hinaus den legitimen Luxus, sich gegen jeden erdenklichen Sinn zu sträuben, wenngleich man sich vom Eindruck her oft an die härteren Vertreter dieses Genres erinnert fühlt. Die Regie rudert bei einem Schritt nach vorn jedoch wahlweise immer zwei Schritte zurück, was unterm Strich einen ermüdenden Eindruck hinterlässt. Die Darsteller zeigen sich hin und wieder ambitioniert, aber genauso oft wenig begabt, und die oft bei der Konkurrenz aufgekommene Überzeugungskraft, die unter Umständen sogar von Laiendarstellern ausgehen konnte, bleibt hier nahezu vollkommen aus. Ein insgesamt wenig schmackhafter Vertreter des Genres.

Autor

Prisma

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