Nana

Italien, 1983

Originaltitel:

Nana: La vera chiave del piacere

Alternativtitel:

Nana: Le désir (FRA)

La casa de Naná (MEX)

Nana, the True Key of Pleasure (GBR)

Regisseur:

Dan Wolman

Drehbuch:

Marc Behm

Inhalt

Die junge Nana (Katya Berger) ist die neue Sensation im Cabaret-Puff Minotaur. Nachdem der bekannte Georges Méliès (Tom Felleghy) sie als erstes Testobjekt für seine neueste Erfindung, den beweglichen (Porno-) Film entdeckte, liegen die Herren der gehobenen Pariser Gesellschaft ihr zu Füßen. Doch Nana ist kein Unschuldsengel, sie hat ihr Handwerk auf der Straße unter Anleitung ihrer Ex-Kollegin Zoe (Shirin Taylor) gelernt und schon bald versteht sie es, die Männer auszubluten bis zum Ruin.

Review

„Was meine Informationsquellen betrifft, so sind sie alle natürlicher Art:
Ich habe gesehen, ich habe zugehört.“

(Émile Zolas Reaktion auf die Kritik an seinem Roman „Nana“)

 

Wie der Vorspann von Dan Wolmans „Nana“ bereits verrät, handelt es sich um eine nur sehr oberflächliche Adaption von Émile Zolas bekanntem Roman. Da der inhaltliche Kontext und die im Film angesprochenen Problematiken sich doch sehr vom Ansinnen der Romanvorlage unterscheiden, schenke ich es mir, überhaupt auf die Unterschiede einzugehen. Zudem ist Zolas Vorlage mit anderen Teilen des Rougon-Macquart-Zyklus von ihm verknüpft, so dass ein Vergleich hier zu sehr ausufern würde. Obendrein ich bin dazu zu faul.

 

Wolmans „Nana“ basiert auf einem Drehbuch von Marc Behm (Autor des Romans "Das Auge") und diesem Drehbuch traue ich zu, dass es für die verbliebenen dramatischen Elemente im fertigen Film verantwortlich ist, dessen Hochglanzphotographie und insbesondere die Schnittfolgen den Eindruck hinterlassen als habe man das Editing mit dem Hackebeil vorangetrieben. Schauwerte über Inhalte. Insbesondere bei Erstsichtung kann so schnell der Eindruck entstehen, es mit einem höchst oberflächlichen Werk zu tun zu haben. Doch der Eindruck täuscht, denn „Nana“ ist trotzdem ein sehr schöner und gutbesetzter Film.

 

„Nana“ beginnt mit der Vorstellung der gleichnamigen Prostituierten gegenüber den Herren der feinen Gesellschaft im Minotaur. Kein Geringer als George Méliès (lt. Abspann George Mellies, gebildetes Personal gibt’s eben nicht geschenkt) hat ein Fickfilmchen mit ihr gedreht und anschließend betritt sie die Bühne. Gleich drei Herren zeigen sich noch begeisterter von der Neuentdeckung (der schönen Katya Berger, nicht den beweglichen Bildern), namentlich der Boulevard-Journalist Faucherie (Massimo Serrato), Hector (Marcus Beresford), der junge Sohn des Grafen Muffat (Jean-Pierre Armand) und der Banker und Geldverleiher Steiner (Yehuda Efroni). Letzterer wird Nanas erster Kunde, und sie versteht es, ihn dazu zu verleiten, ihr ein Haus zu kaufen.

 

Und so wird Nana zur Nachbarin der Familie des Grafen Muffat. Sie verspricht Hector, ihn am Tage seiner Hochzeit mit dessen Cousine Renée (Annie Belle) ranzulassen und beginnt eine Affäre mit dessen Vater. Nach und nach wird uns Zuschauern die spielerische Grausamkeit Nanas offenbart. Doch die Story lässt dem Betrachter Raum für Verständnis, ohne es ihm ausdrücklich vorzukauen. Denn auch Nanas Freier nutzen letztendlich die junge Frau nur aus, die immer wieder spürt, dass sie nur ein vorübergehend geduldeter Gast in der feinen Gesellschaft ist, aber eben nicht stubenrein. Und so hat auch sie nur wenig Skrupel, die Begierden ihrer Kunden maßlos auszunutzen. Sie lässt Steiner fallen, wie eine heiße Kartoffel, nachdem sie von ihm ein Haus bekommen hat. Sie lässt den Grafen Muffat sein Haus verpfänden, doch zuvor muss er für sie den Hund spielen und Stöckchen holen. Sie erscheint bei Hectors Hochzeit und – wie versprochen – zeigt ihm vor der Kirche ihre Möpse und entführt den frischgebackenen Bräutigam für eine schnelle Nummer.

 

Die 18-jährige Katya Berger (Tochter von William Berger) ist ein wahrer Hingucker und sowohl zu romantisch-verklärenden als auch zu kalt-grausamen Blicken fähig. Neben einem hinreißenden Körper trägt sie wundervolles dunkles Haar und hat diese intensiven klaren Augen, mit denen sie nicht nur die Freier ihrer Filmrolle zu betören weiß. Genrefans kennen sie aus „Little Lips - Der zärtliche Tod“ (Piccole labbra, 1978) oder Joe D’Amatos „Absurd“ (Rosso Sangue, 1981). In Nanas lesbischer Eskapade treffen wir außerdem auf ihre Schwester Debra Berger (Black Emanuelle 2. Teil/ Emanuelle nera: Orient reportage, 1976) in der Rolle der Satin. In der Rolle von Muffats Frau sieht man Mandy Rice-Davies, und googelt man deren Namen, trifft man auf eine interessante Lebensgeschichte und die Profumo-Affäre. Letztere wurde in Form von „Scandal“ (GB, 1989) verfilmt, in der Bridget Fonda die Rolle von Mandy Rice-Davies spielte und Joanne Whalley die von Christine Keeler.

 

Produziert wurde „Nana“ von Golan/Globus in Italien durch ihren dortigen Ausführenden Produzenten Alexander Ha Cohen, der nur kurze Zeit später in Ungnade gefeuert wurde. Näheres hierzu in der Review von „Die sieben glorreichen Gladiatoren“ (I sette magnifici gladiatori, 1983). Für den Soundtrack zu Nana war lt. Credits ein gewisser Enio (von wegen gebildetes Personal) Morricone verantwortlich. Eines mag ich allerdings zum Schluss noch anprangern. Wolmans Film ist mitunter sehr weit von politischer Korrektheit entfernt: der Araber reist mit einer Ziege, Blackfacing ist lustig, Schwarze sind animalisch, der Jude geizig, es sei denn, eine (lt. Drehbuch) minderjährige Prostituierte versteht es seinen Geldbeutel zu öffnen. Und für den Grafen Muffat ist der Gang zu diesem jüdischen Geldverleiher wie ein Gang nach Canossa. Aber das war 1983, heute würden einem Produzenten solche Darstellungen wohl um die Ohren fliegen.

Links

OFDb
IMDb

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