Ein Profi Ding

Frankreich | Italien | Spanien, 1974

Originaltitel:

Hold-Up, instantánea de una corrupción

Alternativtitel:

Hold-up (FRA)

Hold-Up, istantanea di una rapina (ITA)

Regisseur:

Germán Lorente

Inhalt

Während eines dreisten Raubüberfalls auf einen millionenschweren Geldtransport der „Bank of America“ erleidet der zum Begleitschutz abgestellte Kommissar Robert Cunningham (Frederick Stafford) infolge eines heftigen Autounfalls eine ausgeprägte Amnesie und kann sich seitdem an rein gar nichts mehr erinnern. Aufgrund der permanenten Gedankenflut und der damit verbundenen Ungewissheit über das Geschehene verfällt der mittlerweile vom Polizeidienst beurlaubte Ordnungshüter ungehemmt dem Alkohol und verbringt von da an den Großteil seiner Freizeit in casinoähnlichen Spelunken, wodurch er dann auch noch in chronische Geldnot gerät. Gemeinsam mit seiner treuherzigen Partnerin Judy (Nathalie Delon) versucht er daraufhin seine Erinnerungen an den höchstkriminellen Vorfall wieder zu erlangen, was zunächst aber aussichtslos scheint. Erst im Rahmen eines gemütlichen Diaabends zu zweit sticht ihm dann plötzlich das Bild eines ihm eigentlich unbekannten Mannes ins Auge, welcher ihn tags zuvor während seines täglichen Aufenthalts im Casino auffällig anstierte, als würde man sich schon längere Zeit gut kennen. Dabei ist sich Cunningham absolut sicher, den Mann aus dem Casino zuvor noch nie gesehen zu haben, was sich dann aber schon tags darauf als ein eklatanter Irrtum herausstellen sollte. Der vermeintlich Unbekannte hört auf den Namen Steve Duggins (Marcel Bozzuffi) und ist seines Zeichens der Urheber des schicksalhaften Raubüberfalls. Zu allem Überdruss behauptet Duggins außerdem, dass Ex Kommissar Cunningham während seiner aktiven Dienstzeit nicht nur ein korrupter Ordnungshüter gewesen sein soll, sondern auch noch eine der hauptverantwortlichen Personen an dem Überfall. Dabei soll er dann auch noch die gemeinsame Beute aus dem Raub zur Seite gebracht haben, was Duggins bis zum heutigen Tage hoch erzürnt. Mit unsanftem Nachdruck verlangt dieser nun die Herausgabe des geraubten Diebesgutes, doch Cunningham kann sich auch weiterhin weder an Details des augenscheinlich gemeinsam inszenierten Raubüberfalls erinnern, noch wo er die Beute versteckt hält. Da Duggins unserem sauberen Ordnungshüter aber auch weiterhin hartnäckig an den Fersen haftet und sich somit fast täglich ins Gedächtnis zurückruft, kommen Cunningham mit der Zeit nach und nach immer mehr Bruchstücke zusammenhangsloser Erinnerungsmomente zurück, die ihn dabei tatsächlich als Mittäter an dem Überfall erscheinen lassen. Sollte er in seinem vorherigen Leben wirklich ein korrupter Staatsbeamter gewesen sein, der Mitverantwortung an dem begangenen Unrecht trägt?

 

„Wer von uns beiden mag wohl die Ratte sein?
Der Polizist oder der Mann, der den Überfall gemacht hat?“

Review

Ein Film, der mit solch namhaften Schauspielern wie Salerno, Buzzoffi, Delon, Mendoza und Stafford wirbt und außerdem an solch traumhaften Schauplätzen wie z.B. Nizza, Cannes, San Remo, Marbella und Monte Carlo entstand, müsste eigentlich ein sicherer Garant für gepflegte Krimikost darstellen, aber das erzielte Endergebnis bleibt in diesem Fall leider etwas hinter seinen eigentlichen Möglichkeiten zurück. Was ist geschehen? Dem spanischen Drehbuchautor und Regisseur Germán Lorente (PLAYA DE FORMENTOR, SPECIAL KILLERS, STRIPTEASE) ist es auf der inszenatorischen Ebene leider nicht so ganz gelungen, ein homogenes und zugleich spannungsgeladenes Kriminalfilmspektakel auf die Beine zu stellen, welches den Zuschauer über den Großteil der Laufzeit in seinem Bann zu halten vermag. Vielmehr folgt nach einer fulminanten Eröffnung zunächst einmal gepflegte Langeweile, da gerade das erste Drittel des Films aufgrund der recht umständlichen Erzählweise und der angewandten Schnitt-Montagen nicht gerade prickeln ausfällt. Dabei hemmt die unmotiviert wirkende Aneinanderreihung zahlreicher “set pieces” nicht nur ungemein den Erzählfluss, sondern bremst auch zugleich ein homogenes Sehvergnügen aus. Aber glücklicherweise wendet sich das Blatt ab dem zweiten Drittel, so dass sich das bis zu diesem Zeitpunkt inszenierte Trauerspiel allmählich doch noch in einen passablen Kriminalfilm wandelt. Hinzu gesellt sich ein überraschungsgeladenes Finale, welches rückblickend den gesamten Film dann doch über den regulären Durchschitt hebt. Im Rahmen meiner ersten Betrachtung kam außerdem erschwerend hinzu, dass das gänzlich verunstaltete Bildformat der deutschen VHS-Fassung den Film von vorne herein abwertet und die gezeigten Bildkompositionen im Vergleich zur spanischen TV-Fassung wahrhaft grausam erscheinen. Aber dazu später mehr.

 

Kommen wir zunächst einmal zur bereits aufgezählten Darstellerriege, die allen voran von dem österreichischen Tausendsassa Frederick Stafford (OSS 117 – PULVERFAß BAHIA, SHADOWS UNSEEN, TODESRIFF) angeführt wird. 1928 unter dem Namen “Friedrich Strobel von Stein” in der Tschechoslowakai geboren, versuchte sich Stafford zunächst als Hockeyspieler und Profischwimmer, bevor er dann solch unterschiedliche Tätigkeiten wie z.B. Minenarbeiter, Lokomotivführer oder Lastwagenfahrer ausübte und schließlich 1962 im Fach Chemie promovierte. Nachdem er 1964 während einer Geschäftsreise die deutsche Schauspielerin Marianne Hold (PULVERSCHNEE NACH ÜBERSEE, DIE FISCHERIN VOM BODENSEE, DIE DIAMANTENHÖLLE AM MEKONG) kennen und lieben lernte, heiratete er diese gleich vom Fleck weg und startete daraufhin unter dem Künstlernamen Frederick Stafford eine recht vielversprechende Filmkarriere. EIN PROFI-DING stellt dabei seine letzte Arbeit im Schauspielfach dar, worin er dann den korrupten Staatsbeamten ohne Gedächtnis mimt, der sich mit hochprozentigen Alkohol und riskanten Glücksspiel von der nicht mehr enden wollenden Dauergrübelei abzulenken versucht. Dabei immer an seiner Seite: Nathalie Delon (DER EISKALTE ENGEL, BLAUBART, KILLER STERBEN EINSAM), die ihn in der Rolle der treuherzigen Judy trotz seiner dauerhaften Eskapaden auch weiterhin bedingungslos zu lieben scheint. Dabei ist es der französischen Schauspielerin, Drehbuchautorin, Regisseurin und Ex von Alain Delon völlig egal, ob er gerade als Polizist, Spieler, Lügner, Säufer oder Mann ohne Gedächtnis unterwegs ist, denn ihr Rollencharakter Judy hat über all die ganzen Jahre jegliche Skrupel verloren. Eine skrupellose Liebe sozusagen...

 

Am meisten hatte ich mich Vorfeld über die Mitwirkung von Enrico Maria Salerno (DER UNERBITTLICHE VOLLSTRECKER, AUF VERLORENEM POSTEN, MÄDCHEN IN KRALLEN TEUFLISCHER BESTIEN) gefreut, da der gebürtige Mailänder zu meinen absoluten Lieblingsdarstellern zählt und gewöhnlich auch nichts anbrennen lässt. Zwar hinterlässt er auch im vorliegenden Fall keinerlei Brandspuren, bleibt aber aufgrund der vorgegebenen Rahmenbedingungen weit hinter seinen eigentlichen Möglichkeiten zurück. Salerno verkörpert hierbei den Polizisten Mark Gavin, der nach dem dreisten Raubüberfall vom Kommissar zum Inspektor gekürt wird, wohingegen sein ehemaliger Partner Robert Cunningham sein zukünftiges Dasein als gedächtnisloser Spieler fristet. Dabei trägt Salerno seine windschnittige Frisur stolz zur Schau und legt auch ansonsten eine souverän routinierte Darbietung an den Tag, wenn auch etwas verhaltener wie gewöhnlich. Zu allem Überfluss beißt er sich nach seiner Ernennung zum Inspektor vehement an den Ermittlungen fest, was wiederum unserem guten Cunningham aufgrund seiner bruchstückhaft wiederkehrenden Erinnerungen so rein gar nicht schmecken mag.

 

Kommen wir zur kriminellen Gegenseite, auf der sich dann Marcel Bozzuffi (KALIBER 38 – GENAU ZWISCHEN DIE AUGEN, DIE BLUTIGEN SPIELE DER REICHEN, DAS SYNDIKAT DES GRAUENS) in der Rolle des Oberschurken Steve Duggins und Alberto de Mendoza (NACKT ÜBER LEICHEN, A LIZARD IN A WOMAN'S SKIN, DER SCHWANZ DES SKORPIONS) als fadenscheiniger Dr. Ashley gegenseitig die Klinke in die Hand geben. Der französische Konnektor Buzzoffi mimt dabei sehr überzeugend den Bösewicht Duggins, welcher unserem Mann ohne Gedächtnis die Hölle heiß macht, damit dessen verloren gegangene Erinnerungen an den Raubüberfall schnellstmöglich wiederkehren. Unterstützt wird er hierbei von Doc Mendoza, wobei dieser aber mit dem gefallenen Staatsbeamten eine eigene Perfidie betreibt.

 

Die Geschichte erinnert dabei übrigens ein wenig an DER MANN OHNE GEDÄCHTNIS von Duccio Tessari (DER BASTARD, DAS GRAUEN KAM AUS DEM NEBEL, TÖDLICHER HASS), wobei er diesem auf inszenatorischer Ebene aber in keinster Weise das Wasser reichen kann. Abschließend sollte auch noch die erstklassige Filmmusik Erwähnung finden, die dieses mal von keinem geringeren als von Franco Micalizzi stammt und sich dabei als feinster Ohrenschmaus entpuppt.

 

Fazit: Nichts ist so wie es scheint!

Veröffentlichungen

Dieser recht seltene Crime-Feger stand sehr lange auf meiner Suchliste, bis ihn mir ein netter Filmliebhaber überraschenderweise vor einigen Monaten zugänglich machte. Dementsprechend hoch waren also auch meine Erwartungen an den Film, welche letztendlich aber nicht so ganz erfüllt werden konnten. Wie bereits geschrieben, sah ich mir den Film zum ersten mal in der deutschen VHS-Fassung an, welche aber aufgrund ihres schrecklichen Bildformats den gesamten Film von vorne herein abwertet. Wie es der Zufall aber so wollte, fiel mir kurze Zeit später eine TV Aufzeichnung der spanischen Filmfassung in die Hände, welche dann aufgrund des augenscheinlich korrekten Bildformats einen gänzlich anderen Film präsentiert, denn die gezeigten Bildkompositionen entfalten sofort eine völlig andere Wirkung und versprühen dabei von Beginn an eine sehr angenehme Wohlfühlatmosphäre. Gleiches gilt für die jeweiligen Sprachfassungen, da die deutsche Synchro im Vergleich zur spanischen TV-Fassung die Wirkung des Film doch etwas auszubremsen scheint. Leider ist es mir aber bis dato noch nicht gelungen, passende und zugleich verständliche Untertitel für die spanische TV-Fassung aufzustöbern, so dass auch weiterhin die deutsche Synchronfassung für ein inhaltliches Verständnis herhalten muss.

 

Außerdem weist die spanische TV-Fassung eine 5 min. längere Laufzeit auf, wobei es sich bei den fehlenden Stellen der deutschen VHS-Fassung aber augenscheinlich nur um Szenenkürzungen handelt. So scheint in der spanischen TV-Fassung alleine die Szenerie der gemeinsamen Diashow bereits 2 min länger anzudauern, wobei die möglichen Schnitte beim ersten Durchlauf schwer auszumachen waren und somit auch nicht zu sehr ins Gewicht zu fallen scheinen.

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