Adios Gringo

Frankreich | Italien | Spanien, 1965

Originaltitel:

Adiós gringo

Deutsche Erstaufführung:

26. August 1966

Regisseur:

Giorgio Stegani

Inhalt

Der Cowboy Brent Landers lässt sich von seinem alten Kumpel Gil Clawson eine Rinderherde ohne Brandzeichen andrehen. Im nächsten Ort muss er allerdings schnell lernen, dass diese Rinder einem örtlichen Viehbaron gehören, der sein Recht notfalls auch mit der Waffe einfordert. Dumm, dass Brent mit dem Colt verflucht schnell ist: Der Viehbaron beißt in den Staub, und Brent muss vor einer Hanging Party flüchten. Fortan zieht er als steckbrieflich gesuchter Mörder durchs Land, um Gil Clawson zu finden und ihn zu einer Aussage zu seinen Gunsten zu bewegen. Clawson allerdings hat in Miesnest-City ein gutes Auskommen gefunden. Dort beherrscht der örtliche Obermotz Ranchester die Stadt, und dessen geliebter Sohnemann Avery macht heimlich als Bandit Karriere, nämlich eben zusammen mit Clawson und seinen Männern. Und da weder Clawson noch Avery moralisch besonders hoch stehen, hängen sie Brent gleich noch ihre eigenen Postkutschenüberfälle an. Und einen Mord. Für Brent wird die Luft langsam verdammt dünn …

Autor

Maulwurf

Review

1965 war ein durchwachsenes Westernjahr. Die ersten beiden Dollarfilme von Sergio Leone haben Marken gesetzt wie es weitergehen könnte mit dem Genre (und dabei die Messlatte gleich verdammt hoch gelegt), und Corbuccis DJANGO, der das Genre dann endgültig durchdefinierte, kam erst ein Jahr später. Bis dahin hat man sich dann noch sehr wohl an den Leitplanken orientiert die der US-Western so verlegt hatte, wenngleich auch zunehmend garniert mit Italo-üblichen Ingredienzien wie zunehmender Rohheit anstelle von ausgefeilten Dialogen, oder, wie im vorliegenden Fall, einer entblößten Frau.

 

Von daher hatte ich beim Einlegen von ADIOS GRINGO eher etwas US-lastiges erwartet: Sauber, relativ brav, Happy End, usw. Na ihr wisst bestimmt was ich meine. Und was ist über meinen Bildschirm geflimmert? Nun ja, es war schon alles recht sauber, und ein Happy End hatte es auch. Aber zwischen dem braven Anfang und dem lachenden Ende wird dermaßen auf die Tube gedrückt, dass ich sogar die kurzen Dialogmomente, welche die Handlung vorangetrieben haben, als etwas langatmig empfunden habe. Denn abgesehen von diesen gefühlt 20 Minuten Gerede (über den Film verteilt, wohlgemerkt!), gibt es Vollgas nonstop. Eine Schlägerei nach der anderen, gut und dynamisch gedreht, mit dem akrobatischen Gemma in Hochform. Wenn nicht geprügelt wird, dann wird geschossen. Und wenn nicht geschossen wird, dann wird geritten und verfolgt. Oder gleich gelyncht. Ihr wisst schon: Samstag Abend ziehen die Dörfler mit Mistgabeln und Fackeln los, das Monster zu verbrennen. Und das alles erstklassig geschnitten und temporeich bis zur Atemnot. Im Kino muss der Streifen sehr beeindruckend wirken.

 

Das Tempo ist also ziemlich hoch, und angenehmerweise hat der Regisseur Ida Galli als Love Interest für Giuliano Gemma eingesetzt. Gemma findet die Galli, als sie an allen vieren gefesselt in der Wüste liegt – splitterfasernackt! Er reibt ihre Wunden mit Wagenschmiere ein und bedeckt ihre Blöße. Fortan fangen die beiden an sich für einander zu interessieren, auch wenn man das als unbedarfter Zuschauer erst sehr spät merkt, denn vor allem Ida Galli schauspielert hier dermaßen auf Sparflamme, dass mir der Begriff Arbeitsverweigerung durch den Kopf schießt. Nein, ich habe kein Problem mit Signora Galli. Sie war in ihrer Karriere ausgesprochen vielseitig, und es ist eigentlich immer sehr schön ihr zuzuschauen. Nur hier wirkt sie so hölzern wie ein Kaktus bei Demofilo Fidani.

 

Doch angenehmerweise hat der Regisseur Nello Pazzafini als Gegenspieler eingesetzt. Nello ist das blühende Leben! Er platzt schier vor Lebenslust, vor Bosheit, vor Freude darüber, am Leben zu sein und andere Menschen in die Scheiße reiten zu können. Er lacht gerne und laut und lang, und sein Lachen wirkt wie das Heulen der Stukas über London. Eine wahre Freude dem Mann zuzusehen wie er Pläne schmiedet, wie er dem Helden eins in die Fresse haut, und wie er mit frohen Sinnen abgrundtief Böses tut. Das ist der Stoff aus dem die Bösewichter sind.

 

Und angenehmerweise hat der Film eine verdammt hohe Schlagzahl. Ich kenne längst nicht alle Arbeiten von Giorgio Stegani, aber eines haben zumindest die mir bekannten gemeinsam: Sie sind enorm unterhaltsam! DIE LETZTE RECHNUNG ZAHLST DU SELBST hat einen recht biederen Touch auf der Soll-Seite, im Haben stehen dafür eine starke Besetzung, unter anderem mit einem bartlosen Bud Spencer und Gordon Mitchell als fledermausigem und hinreißend miesem Schurken, sowie gute Stimmung. Und auch SHAMANGO aka GENTLEMAN JO reißt nicht zu Begeisterungsstürmen hin, hat ebenfalls diesen Hang zur gepflegten Unterhaltung. Man steht auf und ist befriedigt ob des guten Films, und wir wissen alle, dass es genügend Unfug auf Zelluloid gibt, wo dies nicht der Fall ist.

 

Soll heißen, dass ADIOS GRINGO nichts anderes ist als ein guter und ausgesprochen actionreicher Italo-Western. Punkt. Gemma rockt, Pazzafini rockt, Massimio Righi gibt als Avery Ranchester den jungen Halbstarken mit Hang zur Schwerstkriminalität voller Inbrunst, Gino Marturano trägt schwarz und hat ebensolche Gedanken, und die Musik schmeichelt dem Ohr und entlässt den Zuschauer mit einem Herzschmerz-Lied in den Sonnenuntergang wie er schöner kaum sein kann. Da stören dann auch die gradlinigen Gut-/Böse-Abgrenzungen nicht mehr, welche die Figuren alle ein wenig klischeebeladen wirken lassen, und auch dass die Kleidung (bis auf das Showdown) weitgehend ordentlich und sauber ist lässt sich verschmerzen. Denn schließlich wollen wir in einem Italo-Western eigentlich nichts anderes sehen als nette Menschen, die boshafterweise den niederträchtigen Menschen in die Quere kommen, dafür die Hucke voll bekommen, und am Schluss wieder aufstehen und den Bösen geben was den Bösen gebührt. Und genau das gibt es hier: Die Niedertracht feiert fröhliche Urständ, und der Zuschauer freut sich.

Autor

Maulwurf

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