Colt in the Hand of the Devil

Italien, 1973

Originaltitel:

Una colt in mano al diavolo

Alternativtitel:

En colt i djävulens hand (SWE)

Um Revólver na mão do diabo (PRT)

Un colt dans la main du diable (FRA)

Una pistola en manos del diablo (ESP)

When the Devil Holds a Gun

Inhalt

Während ihres gemeinsamen Zwangsaufenthalts im Steinbruch hat Jeremy Scott Roy Koster das Leben gerettet. Seit dem steht Roy in Jeremys Schuld, die er schon bald begleichen könnte. Denn Scott liegt im Sterben und verrät Roy, das er (Jeremy Scott) kraft einiger Falschaussagen für einen Mord verurteilt wurde, den er nicht begangen hat. Nach seiner Entlassung macht sich Roy auf den Weg nach Silver Town, wo er den oder die wahren Täter aufspüren und entlarven will. In Silver Town angekommen wird der ungeladene Gast ad hoc mit Warner und seinen Halunken konfrontiert. Warners Regeln sind unmissverständlich und wer diesen widerspricht, der wird einskalt abserviert. Dito eiskalt abserviert wird Koster jedoch auch von Phil Scott, Jeremys Sohn, der scheinbar kein Interesse daran hat, die Unschuld seines Vaters zu beweisen.

Review

„Tri-Tra-Trullala - Trari, trara, die Post war da!“ Und im Briefkasten landete ein weiterer Western, der in der Bundesrepublik mit einem geringen Bekanntheitsgrad etikettiert ist. Was freilich augenblicklich das deutlich bekanntere Murmeltier zum täglichen Gruße animiert, um einhergehend mitzuteilen, dass (auch) dieser Sachverhalt eine äußerst bedauernswerte Färbung besitzt. Schließlich legte Gianfranco Baldanello vier Jahre nach seinem Geniestreich AUF DIE KNIE, DJANGO einen kurzweiligen Western nach, der (ungeachtet seiner Qualitäten und den üblichen IW-Bestandteilen) einen Hauch Giallo-Thriller inkludiert: UNA COLT MANO AL DIAVOLO.

 

Wenn Du aus dieser Hölle raus kommst, kannst Du dich ja revanchieren!

 

So lauten die letzten (italienischen - denn der Film ist niemals außerhalb von Italien veröffentlicht worden) Worte des Jeremy Scott, der sich anschließend in die Ewigen Jagdgründe verabschiedet. Damit wird die Marschroute der Rache sowie die flankierende Aufhellung eines Geheimnisses präzise wie flink und während der Exposition angekündigt.

 

Jeremys Worte richten sich an Roy Koster. Gemeinsam haben sie in der Hölle auf Erden (Zwangsarbeit im Steinbruch) manch Tortur durch- wie überlebt und sich jeden Wassertropfen kraft unmenschlicher Strapazen erarbeiten müssen. Und als der Schnitter zielstrebig sowie gewohnt genüsslich mit der Sense zum ultimativen Schlag ausholte - da rettete Jeremy Roy das Leben, indem er den entsprechenden Wärter von den mörderischen Qualitäten einer Spitzhacke überzeugte. Jeremys Strafe folgte postwendend. Ihre Vollstrecker: Der Durst und die gnadenlosen Strahlen der brütenden Sonne, welche in satanischer Einigkeit den Abgeurteilten mit nahezu endlosen Qualen befielen. Der grausame Tod wirkt umso schlimmer, wenn man bedenkt, dass Jeremy zu Unrecht verurteilt wurde. Und nun liegt es an Roy dieses zu beweisen und Jeremys verlorene Ehre wiederherzustellen.

 

Wenn ein Fremder in eine Stadt kommt, schwört das (im Westernkino) immerzu Misstrauen und Ärger mit diversen Einheimischen, die bevorzugt in Rudeln auftreten und zumeist einem Wirtschaftsverbrecher oder einem Tyrannen dienen, herauf. Davon bleibt der Antiheld freilich auch dieses Mal nicht verschont. Was erschwerend hinzukommt ist die Abneigung, die Jeremys Sohn dem unbekannten Rächer entgegenbringt. Phil Scott ist nämlich nicht an der Rehabilitation seines Vaters interessiert und nebstdem in der Lage, die Ermittlungen zu erschweren.

 

Wenn ein Fremder in eine Stadt kommt, bedeutet das auch, dass er umgehend den Saloon aufsucht, einen (mehr wird es eigentlich nie) Whiskey in sich schüttet und bei Bedarf am Pokertisch Platz nimmt. Und wenn gepokert wird, dann landen stets schmutzige Dollarscheine, harte Golddollar sowie diverse Wertgegenstände auf dem zumeist runden Holztischen. Und siehe da: Alles funktioniert nach der altbewährten Methode: Roy pfeffert zwei Manschettenknöpfe auf das Tischbrett und der gesamte Saloon wird schlagartig von einer bedrohlichen Stille ergriffen. Roys Mitspieler steigen aus dem Spiel aus. Alle starren gebannt auf die Manschettenknöpfe. Was ist hier los? Wie konnte die kollektive wie allgegenwärtige Angst aktiviert werden?

 

Nun, die Beteiligten haben halt jene Gegenstände gesehen, die das Rätsel um Jeremy Scott aufklären könnten. Diese Gegenstände, die so genannten Manschettenknöpfe, wurden, gemessen an ihrer Unansehnlichkeit, vermutlich direkt am Drehort mit etwas Sperrholz, einem Filzstift sowie zwei Perlen aus einem Südtiroler Kaugummiautomaten zusammengebastelt. Doch was ein hässliches Entlein ist, muss vom Zuschauer nicht unbedingt mit Nichtbeachtung gestraft werden. Wie der springende Ball in DIE TOTEN AUGEN DES DOKTOR DRACULA oder der tropfende Wasserhahn und das Telefon in DIE DREI GESICHTER DER FURCHT können gebräuchliche Dinge des Alltags in den Lichtspielen eine bedrohliche Bedeutung (SUSPIRIA ist bis oben hin voll mir solchen Beispielen) erzeugen, da sich die Kamera halt ausgiebig um sie kümmert und ihnen eine Bedrohlichkeit verabreicht. Wer auf die Manschettenknöpfe jedoch nicht anspringen mag und sich generell vor der Glotze ungern aus seiner Behäbigkeit reißen lässt, der wird ggf. kraft der Musik aus seiner Lethargie erweckt. Diese (die Musik) wurde nämlich derart clever platziert wie dito clever akzentuiert, dass sie den Zuschauer (simultan zum Auftauchen der Kragenknöpfe) kalt erwischt, ihn packen und für sich gewinnen kann. Die Aufmerksamkeit des Zuschauers kann demgemäß visuell als auch auditiv aktiviert und an die vorderste Linie beordert werden.

 

Ich konnte notabene während wie nach der Sichtung nicht ausmachen, vor welchem historischen Hintergrund UNA COLT IN MANO AL DIAVOLO spielt. Ende des Sezessionskriegs? Bewegung der frontier? Nö, alles außen vor. Geschichte wird in anderen Western aufgearbeitet oder - je nach dem - verfälscht. UNA COLT IN MANO AL DIAVOLO hat mit beidem nichts im Sinn. Seine Inszenatoren zentralisieren stattdessen die Suche nach einem Mörder als auch die Aufhellung eines Geheimnisses, das um die mehrfach erwähnten, ominösen Manschettenknöpfe kreist. Nach meinem Dafürhalten ist es Gianfranco Baldanello gelungen, beide Missionen in spannender Manier zu realisieren, zu inszenieren und zu kombinieren, um den Zuschauer in letzter Konsequenz erfolgreich zu seinem Film zu verführen.

 

Das Produktionsdatum 1972 reflektiert eine Zeit, in der die Darsteller mit einem deutlich längeren Haar auftraten als es in den vorangegangenen Dekaden der Fall war. Woods Frisur sieht beispielsweise in dem ein Jahr zuvor entstandenen DJANGO - UNERBITTLICH BIS ZUM TODE unmöglich aus. Als Roy Koster kommt er allerdings sehr gut rüber und erinnert gar ein wenig an die Figur Jonny Madoc. William Bergers (spielt den dubiosen Isaac McCorney, dessen Optik etwas an den zweiten Kottan Franz Buchrieser erinnert) wilde Mähne hätte die unmittelbare Konfrontation mit einem entfettenden Haarshampoo nicht schaden können - aber vielleicht reichten Budget und Zeit für eine solche Handhabe auch nicht aus. Abschließend und fernab des Hairstylings sei gesagt, dass ich George Wang (Warner) für eine Fehlbesetzung halte, da der verfettete wie unentwegt fressende Warner nicht das reflektiert, was ich von einem beängstigenden wie würdigen Gegenspieler eines Antihelden erwarte. Klar, Fernando Sancho gibt ebenfalls nicht den furchterregenden Bandenleader (AND CROWS WILL DIG YOUR GRAVE ist die Ausnahme, welche die Regel bestätigt), aber Fernando Sancho ist nun mal Fernando Sancho… und das ist auch gut so.

 

 

Fazit: UNA COLT MANO AL DIAVOLO ist ein actionarmer, aber düsterer IW, der mit den Bestandteilen des Giallo-Thrillers kokettiert. Die altbewährte Story kann kraft ihrer behände konstruierten Narrative fortwährend unterhalten und dementsprechend den Zuschauer erfolgreich zu einem Geflecht aus Rache, Mord und dessen Aufhellung verführen. IW-Fans sollten bei Gelegenheit mal reinschauen.

Veröffentlichungen

Die DVD-Version von Mosaico Media wurde im Vergleich zur italienischen VHS um ca. 20 Minuten erleichtert. Obwohl das nach sehr viel Holz klingt, konnten die entsprechenden Kürzungen der Narrative keinen sonderlichen Schaden zufügen. Zumindest weitestgehend (!), denn es ist aus der Anfangsphase nicht wirklich ersichtlich, ob Roy aus der Haft entlassen wurde oder ob er ggf. doch aus dem Gefangenenlager ausgebrochen ist.

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