Django - Die Geier stehen Schlange

Italien | Spanien, 1966

Originaltitel:

Sette dollari sul rosso

Alternativtitel:

Gringo joue sur le rouge (FRA)

Siete dólares al rojo (ESP)

Seven Dollars to Kill (USA)

Seven Dollars on the Red (USA)

Deutsche Erstaufführung:

30. Mai 1969

Regisseur:

Alberto Cardone

Inhalt

Johnny Ashley, der Beschützer von Siedlern und rechtschaffenen Bürgern, kehrt nach längerer Abwesenheit in sein Heim zurück. Dort angekommen durchfahren jählings Bestürzung und tiefes Entsetzen seine Glieder, denn vor ihm liegt seine tote Ehefrau: Ermordet von Desperados. Johnny will Rache und macht sich postwendend auf die Suche nach den Tätern. Tod und Verderben begleiten seinen Weg, der schon bald mit einer bösen Überraschung enden soll.

Review

Alberto Cardone, der in der second unit von William Wyler und Roger Vadim aktiv war und somit eine Beteiligung an Klassikern wie „Ben Hur“ und „Barbarella“ nachweisen kann, hat mit „Django – Die Geier stehen Schlange“ (Ruhig, Brauner! Diese Firmierung klingt besser als der Originaltitel „Sieben Dollar auf Rot“) einen unterhaltsamen wie interessanten Western inszeniert, der mit den üblichen Genreelementen jongliert und simultan psychosoziale Anklänge in seine Gestaltung einbringt. Seine Terminfracht: Überfall, Mord und Kindesraub, transportiert Cardone im Handumdrehen ans Publikum, welches ebenso flink lokalisiert in welche Richtung die Reise von Cardones erster Westerninszenierung geht. Der Verlust der Angehörigen lässt Johnny zu einem rastlosen Eremiten werden, sodass sich Rachedurst und die begleitende Suche nach den Missetätern von Beginn an als gemeinschaftliche Triebkraft definieren. Ein gleichberechtigter Partner, welcher das Duo im weiteren Filmverlauf zum Trio stärken wird, ist das Thema Verrohung. Der kleine Junge (Jerry), dem der Zugang zur schlechten Gesellschaft aufgezwungen wurde, kann schlussendlich nur zu dem reifen, was ihm tagtäglich vorexerziert wurde. Der Ansatz ist löblich und lässt, um die Sache schlussendlich spannender zu gestalten, mitunter einen kleinen Anflug von Zweifel aufkeimen, die Jerry kurzzeitig aus der Blaupause, die eines kaltblütigen Desperados, ausbrechen lassen. Der Kontakt zur braven Sybil lässt Jerrys andere, eine bis dato unbekannte Seite hervortreten, und vermittelt dem Zuschauer ein Fünkchen Hoffnung, dass die Seele des Outlaws scheinbar noch nicht auf Gedeih und Verderb verloren ist. Dieser Silberstreif am Horizont, welcher einen inneren Konflikt evoziert, ist allerdings nur für kurze Zeit sichtbar, da die Macht des Bösen kurzerhand für klare Verhältnisse sorgt und Jerrys kaltes Herz der ewigen Finsternis übereignet. Wer sich die Frage stellt, was in einer Gesellschaft los ist, die ein solches Maß an Verrohung zulässt, wird mit der üblichen Argumentation „Gold bringt Fortschritt wie Raub und Mord“ und „Du bist ein Stück des alten Westen, der dahinschwindet“ (Zitate aus der deutschen Synchronisation) abgespeist.

 

„Schakale sind das gewesen – keine Menschen!“

 

Der von Roberto Miali verkörperte Charakter, Jerry, tritt mit Anbruch des zweiten Filmdrittels in das Filmgeschehen ein und reflektiert primär einen furchtlosen, brutalen wie sadistisch veranlagten Zeitgenossen, der die Ausbildung seines Ziehvaters aufmerksam durchlaufen hat. Jener Lehrmeister, El Cachal, wirkt mittels des naturgemäß in bester Bierlaune agierenden Fernando Sancho als ein Amalgam aus geistigem Tiefflieger und kompromisslosem Killer. Summa summarum singen Mentor und Stipendiat dieselben Lieder zum peitschenden Rhythmus ihrer Colts. Ein Zwei-Mann-Ensemble, das neben Johnny Ashley in das Zentrum von Cardones Bleioper tritt. Jener Johnny Ashley wurde vom bundesrepublikanischen Verleih auf den Namen Django umgetauft und vom Brunnemann mit manch unpassenden Wortspielereien ausgestattet. Die Sprecher der Deutsche Synchron mbH sind zwar allesamt spitze, aber ab und an wirken die als grenzwertig klassifizierbaren Sprüche („Ich will mir die Beulen aus dem Bart bügeln lassen“), besonders geachtet des düsteren Finales, eher unpassend.

 

Dieses, das besagte Finale, führt den Rächer und den verlorenen Sohn zum alles auflösenden wie entscheidenden Showdown zusammen. Zuvor braut sich am Horizont ein Unwetter zusammen, das sich als Dauerregen entlädt und die Straße des kleinen Westernstädtchens in eine Schlammwüste verwandelt. Ich mag jetzt nicht näher darauf eingehen, ob der Schlamm die verdorbene Gesellschaft allegorisiert oder nicht, wenn Sie das mögen, dann können Sie das auch selbst durchkaspern. Viel interessanter gestaltet sich das erwähnte, finale Pistolenduell zwischen Vater und Sohn.

 

Zum Ödipus-Thema innert der Westernlichtspiele fällt mir postwendend John Sturges „Das Geheimnis der fünf Gräber“ (USA, 1956) ein. Spinne ich den Faden weiter, so lande ich beim Bruderkampf in Edward Dmytryks „Die gebrochene Lanze“ (USA, 1954) und treffe nachfolgend auf Phil Karlsons „Duell im Morgengrauen“ (USA, 1958), der uns die Verknüpfung der beiden, grob skizzierten Ausgangslagen liefert. Letztgenannter mag zwar nicht den Archetyp eines Showdowns zwischen Vater und Sohn illustrieren, aber er funktioniert und fungiert als ein fruchtendes Beispiel für eine melodramatische Konstellation, die schlussendlich, egal wie die Auseinandersetzung endet, zwei Verlierer am Schauplatz zurücklässt. Nichteinsicht fordert Blut. Verlorenes Blut fordert wiederum Leben und lässt Tod und Trauer regieren. Ein Gegenstück, das den Bruch mit den umrissenen Regeln belegt, liefert das Duell zwischen Matthew Garth und Tom Dunson innert „Red River“, dessen von der Norm abweichender Verlauf und Ausgang des Zweikampfs der Sequenz eine aufrührerische respektive gar revisionistische Note verleiht.

 

An der Fotografie und der Montage, welche José F. Aguayo respektive Frederick Muller und José Antonio Rojo im Zuge von „Django – Die Geier stehen Schlange“ ablieferten, gibt es meines Erachtens nichts auszusetzen. Auffallend ist, dass die im Western gern genutzte Einstellungsgröße Amerikanisch in umgekehrter Weise, ergo ab Hüfte abwärts, eingesetzt wird. Richtig toll finde ich den Einsatz der Überblendungstechnik. So werden Fernando Sanchos Gesicht (Großaufnahme) in der Mitte des Bildkaders platziert und in den Hintergrund (mittels Auf- und Abblenden aneinandergekettet) die x-fachen Gewalttaten des Erzschurken und seiner Halsabscheider installiert.

 

Fazit: Umfeld wie soziale Kontakte beeinflussen erfahrungsgemäß Handeln und Denken. Wer im falschen Stall aufwächst, der kann schnell auf die schiefe Bahn geraten, da ihm, gemäß Alberto Cardone, das dazu benötigte Rüstzeug „in die Wiege gelegt wurde“. Was unter dem Strich steht, ist ein phasenweise harter Italo Western, der ungeachtet seiner zuweilen über die Stränge schlagenden, deutschen Synchronisation sehr wohl ins Beuteschema der Fanfraktion fallen sollte.

Links

OFDb
IMDb



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