Der Schutzmann

Italien, 1960

Originaltitel:

Il vigile

Alternativtitel:

A rendőr (HUN)

El alcalde, el guardia y la jirafita (ESP)

El vigilante (ARG)

L'Agent (FRA)

Le vigile (FRA)

Mandacik proszę (POL)

O Herói da Cidade (PRT)

Stop za predsednika (SVN)

The Traffic Policeman

Vigilante Trapalhão (BRA)

Wie schön, ein Polizist zu sein (BRD)

Deutsche Erstaufführung:

27. April 1962

Regisseur:

Luigi Zampa

Inhalt

Otello Celetti (Alberto Sordi) war 11 Jahre in der Armee und bekleidete dort den Rang eines Sergeanten. Doch seit seinem Austritt ist er arbeitslos und lebt auf Kosten seiner Familie. Selbst sein kleiner Sohn hat einen Job. 

 

Mithilfe von Protektion erhält er durch den Bürgermeister (Vittorio de Sica) einen Job bei der Motorradstaffel der Polizei. Als Otello es jedoch versäumt, der bekannten Schauspielerin Sylva Koscina einen Strafzettel auszustellen, wäscht der Bürgermeister ihm den Kopf – vor dem Gesetz seien alle gleich.

 

Gesagt, getan, denn als Otello nun den Bürgermeister beim Rasen auf dem Weg zu seiner Geliebten (Mara Berni) erwischt, schreibt er ihn auf und erstattet Anzeige. Schon bald muss er feststellen, dass er sich mit dem Falschen angelegt hat.

Review

Alberto Sordi und Vittorio De Sica, Marisa Merlini und Silva Koscina – Luigi Zampas DER SCHUTZMANN hält, was er verspricht. Otello Celetti ist ein Faulpelz und hat nicht die Absicht, irgendeinen Job anzunehmen. Er will zur Motorrad-Polizei, nicht mehr nicht weniger. Der Film beginnt mit dem Spott, der Otello in einem Vorort Roms entgegenschlägt, weil er nicht arbeitet und den Entbehrungen, die seine Familie auf sich nimmt, um ihn durchzufüttern. Dennoch hält seine Familie zu ihm, und schließlich bekommt Otello seine große Chance. 

 

In Polizeimontur macht Otello eine gute Figur, allerdings nur äußerlich. Seine Befähigung für den Job eines Polizisten ist bescheiden. Zwar gibt er sich Mühe, doch Mühe allein genügt nicht. Otellos Familie ist prominent besetzt. Als Ehefrau Amalia sieht man Marisa Merlini, sein Vater wird gespielt von Carlo Pisacane und seinen Schwager stellt Nando Bruno dar. Für den fiktiven Vorort, in dem Otello und seine Familie leben, wurden Locations in Viterbo, Bagnaia und Frascati genutzt.

 

Apropos fiktiv. Obwohl der Film mit dem Hinweis beginnt, Story und Charaktere seien fiktiv, hat man da nicht wenig geflunkert. Denn 1959 – also nur ein Jahr vor DER SCHUTZMANN – brachte Verkehrspolizist Ignazio Melone die Kandidatur für das Amt des Polizeichefs durch den durchaus populären Polizisten und Quästor von Rom, Carmelo Marzano, zu Fall – durch einen Strafzettel. Die Folgen für den ehrlichen Ordnungshüter, der meinte, vor dem Gesetz seien alle gleich, auch ein künftiger Vorgesetzter, waren dramatisch. Marzano führte vor Gericht eine beispiellose Schmutzkampagne gegen Melones Familie. Der Zusammenhang zu DER SCHUTZMANN wird sich im Folgenden ergeben.

 

Otello wird charmant verkörpert von Alberto Sordi, der hier alle Register seines Könnens zieht. Das Drama beginnt, als Otello der Schauspielerin Sylva Koscina begegnet, die eine Autopanne hat und weder gültigen Führerschein noch Zulassung. Während Otellos Sohn ihr Auto repariert, leistet er der Dame Gesellschaft, lässt sie dann weiter ins Fernsehstudio fahren und wünscht sich von ihr eine lobende Erwähnung in der TV-Show „Il Musichiere“ in der sie am Abend vor 18 Millionen Zuschauern zu sehen sein wird. Sie macht genau das und bringt Otello so in große Schwierigkeiten. In dieser Sequenz erlebt man den letzten Filmauftritt des bekannten Fernsehmoderators Mario Riva, der kurz nach Fertigstellung des Films verstarb.

 

Otello wird nun zum Bürgermeister gerufen, gespielt von Vittorio De Sica. Niemand erwähnt es ausdrücklich, aber der Bürgermeister ist offensichtlich Christdemokrat, charmant, aber verlogen. Er hat eine Frau und drei Kinder, eine Geliebte, zudem befindet er sich mitten im Wahlkampf. Er gibt Otello unmissverständlich zu verstehen, dass vor dem Gesetz alle gleich sind. Er habe kein Recht, jemanden einfach so laufen zu lassen, nur weil er prominent ist.

 

Als der Bürgermeister auf dem Weg zu seiner Geliebten ist, erwischt ihn Otello mit 15 km/h zu viel, doch der Beschuldigte flieht zu seiner Angebeteten. Von Otello verfolgt, versteckt er sich in deren Haus, und auch wenn dieser ihn nicht erwischt, erstattet er Anzeige. Als Otello daraufhin suspendiert wird, schließt er sich den Monarchisten an und wird von diesen als Gegenkandidat aufgestellt. Nun – während der letzten 20 Minuten – nimmt der Film eine düstere Wendung. Der Bürgermeister und seine Parteikollegen sammeln allen Schmutz, den sie über Otellos Familie finden können und zu dessen Überraschung, ist das nicht wenig. Sie erpressen ihn, dass er vor Gericht seine Angaben widerruft.

 

Doch am Ende ist es Otello, der den letzten Lacher auf seiner Seite hat.

 

Für die italienische Kinofassung von DER SCHUTZMANN wurden zwei kurze Szenen zensiert. Beim Auftritt vor Gericht sagt Otellos Sohn zu seiner Mutter, dass das alles doch ungerecht sei. Sie erwidert „Man gewöhnt sich besser als Kind an Ungerechtigkeiten, weil man sich nicht daran gewöhnt, wenn man groß ist“. Dieser Satz wurde rausgeschnitten. Außerdem wurde ein Moment entfernt, als der Bürgermeister mit seiner Geliebten telefoniert, die Mara Berni auf dem Bett in Reizwäsche zeigt. Beide Szenen wurden 2004 bei der Restaurierung durch Sky und die Cineteca di Bologna wieder eingefügt.

 

In Deutschland lief IL VIGILE unter dem Titel DER SCHUTZMANN in DDR-Kinos. Im westdeutschen Fernsehen war unter dem Titel WIE SCHÖN, EIN POLIZIST ZU SEIN zu sehen. Ein großartiger Film mit Alberto Sordi in Hochform. Erwähnenswert ist auch die schöne Musik von Piero Umiliani. DOP war Leonida Barboni, der ältere Bruder von Enzo Barboni alias E. B. Clucher.

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