Terror-Creatures from the Grave

Italien | USA, 1965

Originaltitel:

5 tombe per un medium

Alternativtitel:

Cinco tumbas para un medium (ESP)

Cinq tombes pour un médium (FRA)

Le cimetière des morts vivants (FRA)

O Cemitério dos Mortos-Vivos (POR)

Cemetery of the Living Dead

Coffin of Terror

Five Graves for a Medium

Tombs of Horror

Regisseur:

Massimo Pupillo

Musik:

Aldo Piga

Inhalt

Bergovitz, 1911: Der Anwalt Alfred Kovak wird brieflich in ein altes Herrenhaus gerufen um dort ein Testament aufzusetzen. Sehr zum Erstaunen der beiden Bewohnerinnen des Hauses, ist doch der Schreiber des Briefes, Jeronimus Hauff, bereits seit einem Jahr tot. Genauer gesagt: Übermorgen wird es ein Jahr. Die beiden Damen, Witwe und Stieftochter des Verblichenen, können aber beschwören, dass Handschrift und Siegel des Briefes echt sind. Und während Kovak und die Stieftochter Corinne sich langsam näher kommen, und Kovak sich gleichzeitig mit dem Arzt der Gegend, Nemek, anfreundet, fangen plötzlich an Menschen zu sterben, aufgrund schrecklicher Unfälle oder Selbstmorde: Der Apotheker, ein alter Mann in einem Rollstuhl, … Alle Dahingeschiedenen haben vor einem Jahr beurkundet, dass Jeronimus Hauff gestorben ist. Doch ist er das wirklich? Und was ist mit der alten Geschichte um die Männer, welche vor 500 Jahren hier die Pest verbreitet haben, und die, nachdem ihnen die Hände abgeschlagen wurden, hingerichtet, und nahe beim Haus in ungeweihter Erde begraben wurden?

Autor

Maulwurf

Review

Bisher war ich ja immer der Meinung, dass Gothic-Horror sich aus ganz bestimmten, festgelegten Stilelementen definiert: Ein düsteres Schloss, heulender Wind streicht um das alte Gemäuer, sich knarzend öffnende Gruften im Keller desselben, schöne somnambule Frauen und finstere Vampire (oder umgekehrt), die in einer schicksalhaften Beziehung miteinander stehen … Gothic-Horror eben. DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT oder THE LONG HAIR OF DEATH oder sowas.

 

Aber je tiefer ich in die Materie eindringe, desto mehr Überraschungen erlebe ich, und desto breiter wird mein Verständnis von gotischem Horror (und mein Grinsen über die damit einhergehenden Entdeckungen). TERROR-CREATURES FROM THE GRAVE zum Beispiel (im Folgenden der Einfachheit halber CREATURES genannt): Der Film beginnt nach einem kurzen Intro mit einer Autofahrt entlang schöner Landschaften bis zu einer italienischen Landvilla, und auch wenn die Stimmung im weiteren Verlauf dann immer noch reichlich herkömmlich-gotisch rüberkommt, hat es doch genügend moderne Einsprengsel um das Ganze interessant und abwechslungsreich zu gestalten. Es hat ein Telefon (welches die bekannte cinematografische Krankheit hat, immer dann nicht zu funktionieren wenn man es braucht), und es hat eine Wachswalze, auf welcher das Vermächtnis von Jeronimus Hauff in Tonform gespeichert ist, was für einen wirklich gespenstischen Moment sorgt, wenn die Stimme des Toten wie aus dem Jenseits zum Helden spricht. Plus das Stilelement, dass Walter Brandi mehrmals in die Kamera starrt und innere Monologe hält, denen wir zuhören dürfen. Fast wie in den Noir-Krimis der 40er-Jahre: “Es war eine eiskalte Nacht, als sich die Gruft öffnete und diese atemberaubende Blondine in mein Gemach schwebte …“.

 

Überhaupt, Walter Brandi: Der wirkt hier gar nicht so verhuscht wie so oft in den Filmen die ich bisher gesehen habe. Ganz im Gegenteil, er gibt recht überzeugend den aufgeklärten Anwalt von Welt, der mit seinen Zigarillos oft fast wie ein ermittelnder Peter Falk wirkt. Dagegen mag Barbara Steele dieses Mal gar nicht so recht ziehen. Kurz darauf durfte ich sie in dem ein Jahr früher entstandenen CASTLE OF BLOOD bewundern, und der Unterschied in ihrer Performance ist immens: Wirkt sie in letzterem als selbstbewusste und emotionale Schönheit, so spielt sie in CREATURES eher zurückhaltend und unterkühlt. Als ob sie gar keine rechte Lust gehabt hätte auf den Film. Dazu passt die Anekdote, dass Massimo Pupillo sie nach 4 Drehtagen öffentlich zusammenstauchen musste, weil sie bis dahin nur die Diva mit Hang zur Arbeitsverweigerung gab. Nun, so richtig Böcke hatte sie anschließend anscheinend immer noch nicht, Walter Brandi und Alfredo Rizzo als Arzt Dr. Melek stehlen ihr mühelos die Schau, und auch Mirella Maravidi, die Stieftochter Corinne, kann ohne Probleme punkten.

 

Was ebenfalls punktet ist diese unangenehme, bisweilen kratzig wirkende Stimmung. Fast von Beginn an scheinen sich die Charaktere nicht so recht wohl zu fühlen, und dieses Schuppern und Winden, das ist ganz deutlich zu spüren. Beim ersten Abendessen verbreitet Barbara Steele gepflegtes Unbehagen, auch hier ist ihre Unlust deutlich zu spüren, und nur das gesunde Selbstvertrauen Walter Brandis kann verhindern, dass der Zuschauer unruhig auf dem Sofa hin- und herrutscht.  Diese Stimmung kommt immer wieder auf, etwa wenn Tote gefunden werden, oder wenn die Lebenden zu Toten gemacht werden. Das hat nichts mit gemütlichem Schwarzweiss-Grusel à la CASTLE OF BLOOD zu tun, vielmehr geht es eher in Richtung des 1932er WHITE ZOMBIE, der trotz seines altmodischen Daherkommens immer noch in vielen Szenen für ein unschönes Gefühl sorgt. In der US-amerikanischen Fassung müssen wir fassungslos zuschauen, wie ein alter Mann Selbstmord begeht – Schön ist das nicht!

 

A propos US-amerikanische Fassung: Nachdem CREATURES ja eine US-amerikanisch-italienische Koproduktion ist, wurden offensichtlich auf den beiden Seiten des Atlantiks verschiedene Fassungen hergestellt, die zwar im Grundablauf der Handlung gleich sind, aber sich aus unterschiedlichen Quellen zusammensetzen. So wird im Teaser der Ami-Fassung ein Mann in einer Wirtschaft erschreckt, rennt durch eine dunkle und ausgestorbene Stadt, bis ihn dann irgendwann sein Schicksal ereilt. Die europäische Version hingegen beginnt damit, dass der Vorgesetzte von Kovak eine Reise antritt und damit erklärt wird, warum Kovak überhaupt in Bergovitz landet (anstelle seines Chefs). Sprich, die US-Version spielt ein wenig mit den Stilmitteln, während die Euro-Fassung eher versucht die Handlung zu erklären. Auf der anderen Seite gibt es dann den erwähnten Selbstmord, der so explizit merkwürdigerweise in der Euro-Fassung nicht vorkommt.

 

Was in beiden Fassungen vorkommt ist die Story um die Männer, die vor 500 Jahren die Pest ins Land gebracht haben und dafür hingerichtet wurden, nachdem ihnen die Hände abgeschlagen wurden. Die Hände sind jetzt so frisch wie am ersten Tag in der Vorhalle der Landvilla zu begutachten, und haben später im Film einen eindrucksvollen Auftritt. Insgesamt habe ich den Sinn und Zweck dieser Nebenhandlung zwar nicht verstanden, aber schaurig ist das Ganze schon. Vor allem, wenn man zwar immer nur die Grabplatten sich bewegen sieht, beziehungsweise später dann die offenen Gräber, aber nie zu Gesicht bekommt was da eigentlich durch die Gegend kraucht. Die Bewegungen irgendwelcher (Un-) Toter finden in Form von Geräuschen statt, wie sie von zweirädrigen Karren erzeugt werden. Dazu sieht man, wie unsichtbare Räder Spuren in den Boden ziehen. Das Leute, das ist richtig gruselig! Und dabei äußerst aufwandsarm gedreht …

 

Insgesamt ist der Film also eine ausgesprochen angenehme Überraschung: Sehr stimmungsvoll und unheimlich, dabei aber nicht die üblichen 08/15-Klischees ausreizend. Die Geschichte wird ohne ungeheuer lustige Übertreibungen erzählt, wenngleich mit einigen Skurrilitäten, und auch die Liebesgeschichte hat angenehm wenig Raum, was die Story trotz der Dialogdichte gut auf den Punkt bringt. Empfehlenswert, vor allem wenn man Zuhause mal wieder umdekorieren möchte und noch Ideen benötigt …

Autor

Maulwurf

Veröffentlichungen

Erschienen ist der Film in den USA bei Severin, und zwar als Beigabe zur Blu-ray von NIGHTMARE CASTLE (Mario Caiano), zusammen mit Antonio Margheritis CASTLE OF BLOOD und jeder Menge Extras, unter anderem einem halbstündigen Interview mit Barbara Steele (das meines Erachtens für die deutsche Koch Media-VÖ von DIE STUNDE, WENN DRACULA KOMMT lizensiert sein müsste). Als eigentlicher Film ist die US-amerikanische Version an Bord, die sich im Teaser, im Vorspann und in einigen Szenen rund um den alten Mann Stinner wesentlich unterscheidet. Um diese Unterschiede sichtbar zu machen liegen dankenswerter Weise die Szenen der französischen Fassung als untertitelte Deleted Scenes bei.

 

Der Ton ist englisch ohne Untertitel, die Synchro ist aber erstaunlich gut geraten. Leider kommt es gelegentlich zu Störgeräuschen und zu gelegentlichem Rauschen, aber damit kann man leben. Das Bild ist sehr gut geworden, und die ernsthaften Bild- und Tonschäden bei Minute 35 bereiten auf einen extrem holprigen Aktübergang vor – der dann ausbleibt. Das Bild läuft sehr gut durch, und auch die Verwendung zweier unterschiedlicher Master ist zwar zu erkennen, stört aber nicht weiter. Der US-amerikanische Trailer ist auch noch dabei, und dann gibt es noch ein halbstündiges Feature mit dem netten Titel Vengeance from beyond, in dem Riccardo Garrone, Fabio Melleli und Massimo Pupillo erzählen wie es wirklich war (Pupillo) bzw. sich sehr humorig an gar nichts mehr erinnern können (Garrone).

Autor

Maulwurf

Links

OFDb
IMDb

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