Warum bellt Herr Bobikow?

Deutschland | Italien, 1976

Originaltitel:

Cuore di cane

Alternativtitel:

Corazón de perro (ESP)

Dog's Heart

Deutsche Erstaufführung:

20. Februar 1976

Regisseur:

Alberto Lattuada

Inhalt

In Moskau während des Winters 1924 streunt Straßenhund Bobi durch die Straßen und kann schon an den Schuhen der Menschen die auch nach der Revolution noch bestehenden Klassenunterschiede erkennen. Nachdem er beim Fressen aus einer Mülltonne hinter einem Restaurant vom Koch ertappt und mit kochendem Wasser verbrüht wurde, begegnet er dem wohlhabenden Professor Filipp Filippowitsch Preobrashenski (Max von Sydow), der ihn bei sich in seinem Haushalt aufnimmt, zu dem auch dessen Assistent Doktor Iwan Arnoldowitsch Bormental (Mario Adorf), die Bedienstete Zina (Eleonora Giorgi) und die üppige Köchin Darja (Gina Rovero) gehören.

 

Doch Bobi droht Unerwartetes, denn der Professor, der sich mit Verjüngung beschäftigt, will Bobi durch operative Manipulation der Hirnanhangdrüse und der Hoden in einen Menschen verwandeln. Und so geschieht es, das Ergebnis ist ein sehr offener, grober und fluchender Flegel, der sich aber als äußerst lernfähig erweist.

 

Sehr zum Ärger des Professors sucht sich der neu entstandene Hundemensch Polygraph Polygraphovic Bobikow (Cochi Ponzoni) seine Vorbilder anderswo, nämlich im Umfeld der Gruppe um den Kommunisten Schwonder (Vadim Glowna), welcher Bobikow hilft, sich ordnungsgemäß als Bürger Moskaus registrieren zu lassen. Sogar eine Position als Leiter der Unterabteilung zur Säuberung der Stadt Moskau von streunenden Tieren (Katzen erwürgen und aus ihren Fällen Mäntel herstellen) kann Bobikow erlangen.

 

Dann wäre da noch die Liebe. Bobikow schmachtet für Zina, schleicht nachts in ihr Zimmer, um ihre Waden zu lecken und sie zu beschnüffeln. Doch auch Bormental hat ein Auge auf Zina geworfen, was zu Eifersüchteleien führt. Auf der Arbeit lernt Bobikow die junge Zoja (Rena Niehaus) kennen, mit der er sich verlobt. Als der Professor Zoja die Wahrheit über die Herkunft ihres Angetrauten erzählt, will Bobikow sich rächen und treibt es zu weit.

Review

„Dogs are homosexuals.“
„No, they just don’t make a difference.“

 

Drei Jahre nach Aleksandar Petrovics „Der Meister und Margarita“ (1972, mit Ugo Tognazzi und Mimsy Farmer) entstand diese weitere Verfilmung eines Romans von Michael Bulgakows, „Cuore di Cane“ (Hundeherz) mit italienischer Beteiligung. Warum man trotz des bereits in Deutsch existierenden Romantitels den Filmtitel in „Warum bellt Herr Bobikow?“ änderte, hat wohl vermarktungstechnische Gründe.

 

Regie führte Alberto Lattuada, der Schöpfer von Klassikern wie „Süße Begierde“ (1960) oder „Bevor das Licht verlöscht“ (1961). Lattuada gelingt hier Unglaubliches, hat sich hierbei deutlich Hilfe bei der exzellenten Romanvorlage gesucht, die er wohl auch gebraucht hat. Denn wie erzählt man solch eine Geschichte? Das Ergebnis hätte in anderen Händen schrecklich werden können. Grundlegende Änderungen gibt es kaum, die Markanteste ist wohl die Änderung des Namens des Hundemenschen von Scharikow in Bobikow (Bello). Beides sind in Russland weit verbreitete Hundenamen, so kann man mit dieser kleinen Änderung leben.

 

Überhaupt sind die Namen der Hauptprotagonisten weitgehend Anspielungen. Der Professor Preobrashenski hat sogar ein Vorbild in der Realität, da diese Figur an den russisch-französischen Chirurg Serge Voronoff angelehnt scheint, der es allerdings umgekehrt gemacht hat, nämlich Menschen Hoden und Schilddrüsen von Tieren implantierte, zu welchem Zweck auch immer.

 

Den ersten Teil der Geschichte erzählt Lattuada – wie in der Romanvorlage – aus der Sicht des Hundes Bobi. Hier eine gute Szene, als Hund Bibi sich als Teil der besseren Gesellschaft fühlt, weil er nun ein Halsband besitzt, dafür aber von den Straßenhunden als Sklave verspottet wird. Wer den Film nicht kennt und sich jetzt fragt, was soll das Ganze eigentlich, ganz einfach: Kritik an der Gesellschaft, an der Zeit nach der russischen Revolution, von Bulgakow getarnt als Phantastik - hat ihm aber nichts genutzt, dem Roman wurde in der Sowjetunion eine Veröffentlichung verweigert bis zum Jahr 1987.

 

Stilistisch erinnert Lattuadas Verfilmung an einige tschechische Sci-Fi-Grotesken der Siebziger, wie z. B. Oldrich Lipskys „Adele hat noch nicht genachtmahlt“, eine Verbindung aus historischen Settings und Drama, vermengt mit absurden Sci-Fi/Fantasy-Elementen und herrlicher Komik, wann immer nötig – hier bei Lattuada noch kombiniert mit Gesellschaftskritik und politischer Satire, eine Gratwanderung, die man erst mal schaffen muss. Und das ist ihm genial gelungen.

 

Die Figur des Professors Preobrashenski steht für den alten, dekadenten Teil des zaristischen Russlands, und so gerät der Professor auch mit seinem „Blockwart“ Schwonder aneinander, der dem Professor allerdings nicht beikommen kann, denn die alten Verbindungen aus der Zarenzeit und die Tatsache, dass es sich bei den Patienten der Verjüngungsoperationen Preobashenskis um prominente und einflussreiche Personen handelt, schützen ihn. Erfrischend ist natürlich die ungezwungene Art des Herrn Bobikow und wie er dem Zuschauer mitunter eigene Verhaltensweisen unter die Nase reibt, etwa wie er seiner Verlobten Zoja das Blaue vom Himmel erzählt, nur um sie rumzukriegen. Die Komik schwenkt oft schnell in Dramatik um, etwa wenn Bobikow sich töten will, weil ihn niemand wirklich liebt.

 

Die Besetzung kann sich sehen lassen, und neben den bereits in der Inhaltsangabe genannten Hauptdarstellern gibt es noch einen Kurzauftritt von Ilona Staller, hier noch unter dem Pseudonym Elena Mercuri. Die Musik stammt von Piero Piccioni. Außenaufnahmen entstanden in St. Petersburg, und als deutschen Co-Produzenten findet man die Corona Filmproduktion mit Sitz in Monaco (hüstel), die auch bei einigen Jesús Franco – Produktionen auftauchte, an denen Harry Alan Towers beteiligt war.

 

Eine deutsche DVD gibt es mal wieder nicht.

Links

OFDb

IMDb

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