Die Schlangengrube und das Pendel

Deutschland, 1967

Originaltitel:

Die Schlangengrube und das Pendel

Alternativtitel:

Le vampire et le sang des vierges (FRA)

La tredicesima vergine (ITA)

El tormento de las 13 doncellas (ESP)

Blood of the Virgins

The Torture Chamber of Dr. Sadism

Castle of the Walking Dead

The Snake Pit and the Pendulum

Deutsche Erstaufführung:

05. Oktober 1967

Regisseur:

Harald Reinl

Inhalt

Graf Regula (Christopher Lee) arbeitet an einem Elixier der Unsterblichkeit. Hierfür braucht er das Blut von 13 in Todesangst zugrunde gegangenen Jungfrauen. 12 hat er erfolgreich ins Jenseits befördert, doch die 13. entkommt ihm und schwärzt ihn an. Mit einer Dornenmaske entmachtet und anschließend gevierteilt, kehrt er jedoch von den Toten zurück, um Rache an den beiden Nachkommen seines entkommenen Opfers und des Richters zu nehmen, der ihn verurteilt hat. Und so erhalten die junge Baroness Lilian von Brabant (Karin Dor) und der Anwalt Roger Mont Elise (Lex Barker) geheimnisvolle Einladungen auf die Burg Regulas, die diese nichtsahnend annehmen. Der wiedererstandene Graf Regula und sein treuer Diener Anatol (Carl Lange) wollen mit dem Blut der jungfräulichen Baroness endgültig ins Leben zurückkehren.

Review

„Ich habe keine Ahnung, ob dieser Film jemals außerhalb Europas zu sehen sein wird, und das mag vielleicht sogar vorteilhaft sein.“

(Christopher Lee, 1967)

 

Dieser deutsche Versuch an den Erfolg von Roger Cormans Poe-Verfilmungen anzuknüpfen ist stilistisch eher in die Hose gegangen, das ändert aber nichts an dessen Unterhaltsamkeit. Regisseur Harald Reinl (in der US-Fassung Harald Reindl) inszeniert das Ganze freilich mehr wie eine Abenteuergeschichte, wobei die Gnädigkeit der FSK, das Endergebnis ungeschnitten mit einer Freigabe ab 12 Jahren auszustatten, doch großzügig anmutet – heutzutage angemessen, 1967 aber verwunderlich. Reinl pflastert das Drehbuch von Manfred R. Köhler – welches ursprünglich den Titel „Schloss Schreckenstein“ trug – freilich mit Klischees und religiösem Symbolismus zu, von allerlei eher leichtherzig angewendeten Gruselzutaten ganz zu schweigen. Im Kino, auf großer Leinwand, muss dieser Film aber sehr spannend gewesen sein.

 

Es ist nicht bekannt, wer hier eigentlich so freigiebig geklaut hat. Wenn es Reinl war, dann hat er in Unkenntnis der Vorbilder womöglich deshalb so halbherzig interpretiert. War es Drehbuchautor Köhler, würde das einiges erklären.  Doch tatsächlich gibt es auch optische Elemente, die stark an andere Filme erinnern, aber eben nur halbherzig umgesetzt. Beginnen wir mit der Dornenmaske, die Graf Regula zu Beginn von den Folterknechten ins Gesicht gedrückt bekommt und welche er später noch bei seiner Erweckung aus dem gläsernen Sarg über dem Gesicht trägt. Bava lässt grüßen. Freilich verzichtet Reinl darauf, das Ding mit dem Holzhammer auf Regulas Gesicht zu kloppen, dafür setzt er im Anschluss mit der Vierteilung eins drauf. Aber Bava wird nochmals spürbar, wenn in einer qualmenden Ruine ein stummer Unbekannter sitzt, dessen Make-up und Aufmachung sehr an Karloss in „Die drei Gesichter der Furcht“ (I tre volti della paura, 1963) erinnert.

 

Im Schloss des Grafen Regula sind die Innenmauern und – räume großzügig mit an Hieronymus Bosch angelehnten Zeichnungen und Skulpturen (gefertigt vom Filmarchitekten und Maler Gabriel Pellon) und wenn Lex Barker (sehr plötzlich) gefesselt am Boden liegt, während über ihm das Pendel hin- und herschwingt, assoziieren wir das selbstverständlich mit den Wandmalereien in ähnlicher Szene aus Roger Cormans „Das Pendel des Todes“ (Pit and the Pendulum, 1961). Da Reinls „Die Schlangengrube und das Pendel“ so fürchterlich unterhaltsam ist, bin ich fast geneigt, ein positives Fazit zu ziehen, doch wehmütig ist mir das verschenkte Potenzial bewusst. Tolle Landschaften, großartige Bauten, sorgfältiges Dekor, was hätte man aus all dem für einen guten Horrorfilm machen können. Hätte Constantin Film die Regie doch einem Italiener gegeben! Der hätte vielleicht sogar geschafft, Karin Dor ein bisschen sexy(er) rüberkommen zu lassen.

 

Die Musik von Peter Thomas ist noch so eine Geschichte. Mir ist der Mann oftmals zu schrill, gerade bei den Edgar Wallace-Filmen. In „Die Schlangengrube und das Pendel“ liegt er wiederum oft einfach daneben. Eine unheimliche Kutschfahrt zur Burg Graf Regulas steht auf dem Programm, doch anstatt dies auch mit unheimlicher Musik zu unterlegen, kommt diese kuriose Pferdchen-Hotte-Hüh-Melodie. Die Vertonung bei der Pendel-Szene ist schlicht langweilig. Für die US-Fassung schmiss man gar Thomas‘ Titelmusik raus. Apropos Kutschfahrt, hier legt sich Reinl wirklich ins Zeug. Der ängstliche Kutscher, gespielt von Dieter Eppler, wird zunächst mit Körperteilen konfrontiert, die aus den Bäumen herauszuwachsen scheinen. Etwas später folgt ein Wald voller Gehängter, beides sehr starke Momente.

 

Die Außenaufnahmen zu diesem Film entstanden in Rothenburg ob der Tauber, im Isartal bei Straßlach, an den sogenannten Externsteinen im Teutoburger Wald und auf einer Teilstrecke der Fürstenallee bei Schlangen im Kreis Lippe, NRW.  Die Innenaufnahmen in den Bavaria Filmstudios in Geiselgasteig bei München. Gedreht wurde vom 16. Mai bis zum 7. Juli 1967, und schon am 5. Oktober 1967 erfolgte der deutsche Kinostart.

Veröffentlichungen

In Deutschland wurde „Die Schlangengrube und das Pendel“ ein paar Mal auf DVD veröffentlicht und im TV ausgestrahlt. In den USA dagegen erschien er unter dem Titel „The Torture Chamber of Dr. Sadism“ auf Blu-ray von Severin Films. Meine Erwartungen an die Qualität dieser Veröffentlichung waren gering und wurden bestätigt. Severin veröffentlichte im April 2019 eine „Hemisphere Box of Horrors“, benannt nach dem Kino-Distributor Hemisphere Pictures. Einige der dort enthaltenen Filme erhalten auch Einzelveröffentlichungen, wie Gerardo de Leons „The Blood Drinkers“ (Kulay dugo ang gabi, 1964), „Curse oft he Vampires“ (Ibulong mo sa hangin, 1966) und Al Adamsons „Brain of Blood“ (1971).

 

„The Torture Chamber of Dr. Sadism“ wiederum ist nur in genannter Box auf einer Bonus-Disc zusammen mit Harold Hoffmans „The Black Cat“ (1966) enthalten. Abgetastet wurde Reinls Film in 2k, zusammengesetzt aus zwei 16mm-Kopien, und beide scheinen in keinem guten Zustand gewesen zu sein. Obwohl – wenn man seine Erwartungen so wie ich von Anfang an nicht hoch gesteckt hat - gut ansehbar, lassen die Farben sehr zu wünschen übrig. Sie sind ebenso blass wie die Gesichter, oft ist ein starker Rotstich vorhanden. Siehe Screenshots. In einigen Szenen ist der Himmel nur als komplett weißer Hintergrund erkennbar. Als Sprachoption ist ausschließlich Englisch vorhanden.

 

Also – nächster Versuch. Nach Deutschland muss man diese Abtastung jedenfalls nicht importieren, da fände sich bestimmt was Besseres.

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