Sodomia (ITA)
Secrets of the Bitch (GBR)
The Violation of the Bitch (GBR)
Sex Maniac (GBR)
Die junge Zigeunerin Triana (Lidia Zuazo) landet als Haushälterin bei der alleinlebenden Lorna (Patricia Granada). Triana leidet an einem wiederkehrenden Albtraum, in dem sie ein Mann auf einem schwarzen Hengst verfolgt. Und sie wird tatsächlich verfolgt, von dem Zigeuner Chico (Rafael Machado), welcher bevorzugt nackt auf seinem Pferd reitet. Lorna findet Gefallen an dem jungen Kerl, mit zweierlei Hintergedanken – an eine Nummer zu Dritt und an eine Heilung Trianas von deren Ängsten. Doch eine Wahrsagerin prophezeite dieser, dass, sollte sie sich jemals Chico hingeben, der Tod auf der Matte stehen würde. Doch wen von den Dreien wird der Tod sich holen?
„The Coming of Sin“ war lange Zeit ein sehr seltener und berüchtigter Film, und so kam es wohl zu Missverständnissen. Beim Recherchieren stieß ich schnell auf zwei deutschsprachige Texte mit dem gleichen Irrtum bezüglich der Originalfassung, und so beginne ich heute bei den Fassungen. Die spanische Kinofassung „La visita del vicio“ läuft knapp 90 Minuten und enthält keine Hardcore-Szenen. „Sodomia“ ist die italienische Version mit Hardcore-Inserts, und ausnahmsweise hat man sich hier mal die Mühe gemacht, Porno-Actricen zu verpflichten, deren Proportionen, Haarfarbe und Frisuren recht akkurat denen der Originaldarstellerinnen entsprechen. Nichtsdestotrotz sieht man nie deren Gesichter, es handelt sich definitiv um Inserts. Desweiteren machte in Internet-Blogs ein „Composite-Cut“ die Runde, den einige wohl für die Originalfassung hielten, weil eben die längste Fassung, aber nichts da.
Warum also berüchtigt? Nun, in England kam der Film unter hanebüchenen Titeln wie „The Violation of the Bitch“, „Secrets of the Bitch“ oder „Sex Maniac“ raus. Die Kinofassung von 1979 unter ersterem Titel war gar um 18 Minuten gekürzt, was Tür und Tor für Spekulationen öffnete. Interessanterweise enthüllte ein späterer Blick ins Archiv des BBFC, dass für das erteilte X-Certificate der Kinofassung nur wenige Sekunden an Schnitten verlangt worden waren, die übrigen hat der Verleiher selbst vorgenommen. Zudem deuten die britischen Titel eine Gewalttätigkeit an, die nur mäßig vorhanden ist. Es gibt eine versuchte Vergewaltigung, aus der die Betroffene sich aber - wenn auch spät - befreien kann. Der übrige Sex im Film ist samt und sonders einvernehmlich.
Anstatt meinen persönlichen Eindruck von „The Coming of Sin“ zu schildern, werde ich einfach beschreiben, wie der Regisseur selbst ihn beurteilt hat, denn seine Einschätzung trifft es sehr akkurat. Nach „Vampyres“ (1974) hatte Larraz dem Horrorfilm erst mal den Rücken gekehrt und inszenierte ein paar wenig bekannte (Erotik-)Dramen. 1977 trat der renommierte spanische Produzent José Frade an ihn heran, mit der Idee, etwas Emmanuelle-Ähnliches zu inszenieren. Exotische Locations würde es keine geben, und so heckte man einen Bezug zu Zigeunern und Flamenco aus, was außergewöhnlichen Kick ins Geschehen bringen sollte. „The Coming of Sin“ kam am 1. Juni 1978 in spanische Kinos, der Drehzeitpunkt ist mir nicht bekannt. Lt. Larraz betrug die Drehzeit – trotz sorgfältiger Inszenierung knapp drei Wochen. Hier zeigt sich die Spezialität von José Ramón Larraz, einen so schön fotografierten Film in so kurzer Zeit fertigzustellen.
Doch was hielt er selbst davon? Er lobt die Photographie von Fernando Arribas, hat das Beste aus den Laiendarstellern herausgeholt (trotz spontaner Dialogstreichungen während des Drehs), die Story dagegen hielt er für Mist. Er hat sie zwar selbst geschrieben, aber eben nach den Vorstellungen seines Produzenten. Die drei Hauptdarsteller/innen sind allesamt sehr attraktiv, haben aber nur sehr kurze Filmographien aufzuweisen, was ich sehr schade finde. Larraz-typisch spielt eine lesbische Beziehung eine wichtige Rolle, zu der dann der junge Chico hinzukommt. Doch was passiert da plötzlich? Kurz vor Ende gibt es eine seltsame Dialogpassage von Lorna, in der sie ihre Meinung über lesbische Liebe äußert. Nämlich die, dass Frauen, die sich lieben, in Wahrheit nur Angst vor Männern haben. Und siehe da, plötzlich verstehen wir auch den Film, denn genau das ist seine Geschichte. Eine wohlhabende Frau, die sich allein in eine abgelegene Villa zurückgezogen hat, begegnet einer anderen, die seltsame Träume von bedrohlichen Männern, schwarzen Hengsten und Sodomie hat, die Zwei beginnen eine Affäre, holen einen jungen Mann hinzu, welchen schließlich jede für sich beansprucht. Irgendwie ist diese Message Larraz-untypisch. Und so spricht er in einem mehrstündigen, 1990 gefilmten, Interview über sein Leben und sein Werk nur wenig über „The Coming of Sin.“
Was bekommen wir also? Einen ansprechenden Erotik-Film mit schönen Bildern, schönen Darstellern und einem dramatischen Ende. Die Message ist zweifelhaft, aber zum Glück ist man während des Genusses eine solchen Erotikfilms milde und wenig kopflastig gestimmt.
Die kürzlich erschienene Blu-ray von Arrow Films bietet den Hauptfilm in der ungekürzten spanischen Kinofassung (knapp 90 Min.), wahlweise in Englisch oder in Spanisch mit engl. Untertiteln, abgetastet in 2K vom Originalnegativ.
Es gibt einen Audiokommentar mit Kat Ellinger und Samm Deighan.
Ein kurzes Feature mit Marc Morris gibt Auskunft über die Zensurgeschichte und die unterschiedlichen Fassungen des Films. Im weiteren Feature „Remembering Larraz“ gibt Autor und Filmemacher Simon Birrell Auskunft über seine langejährige Freundschaft und Zusammenarbeit mit Larraz.
Besonders interessant: der 27-minütige Kurzfilm „His last Request“ (El último deseo, 2005), welchen Simon Birrell unter Supervision von José Ramón Larraz drehte. In den Hauptrollen Jack Taylor, Iris Díaz und Carmen Vadillo.