El ataque de las vampiras (ESP)
Un caldo corpo di femmina (ITA)
Erotikill
Female Vampire
Die Countess Irina von Karlstein (Lina Romay) ist Gefangene eines Fluches, der auf ihrer Familie lastet. Sie lebt von der Lebensenergie der Menschen, die sie aus ihnen heraussaugt. Als sie sich in den Künstler Baron von Rathony (Jack Taylor) verliebt, versucht sie ihre Triebe zu beherrschen, doch vergeblich. Und so sind beide zum Untergang verdammt.
„I will never stop. Life will stop me.“
(Jess Franco, 2012)
Francos Grundidee für „La Comtesse Noire“ war es, einen Film über eine Vampirin wider Willen zu drehen. Sie sollte nicht böse, sondern gezwungen sein, ihrem vampirischen Trieb zu folgen. Verlieben sollte sie sich, in einen Künstler, auf der Insel Madeira. Der Künstler seinerseits ist auf der Suche nach Antworten (Däniken, echt jetzt?), welche, ohne dass es ihm bewusst ist, einer Todessehnsucht gleichen. Es sollte offen bleiben, ob jene Vampirin nun Blut oder doch eher die sonstigen Körpersäfte ihrer Opfer trinkt, weshalb Franco mit dem späteren Dubbing – also den Dialogen von Josyane Gibert – eher unzufrieden war.
„La Comtesse Noire“ ist ein wunderschöner Film ohne viel Handlung, und zugleich Lina Romays erste große Hauptrolle in einem Franco-Film. Ohne Dialog freilich, denn ihre Rolle der Countess ist ebenso stumm wie ihr Diener, der von Luis Barboo gespielt wird. In Francos chronologischer Filmographie fiele „La Comtesse Noire“ in die Zeit nach „Obscene Mirror“ (Al otro lado del espejo, 1973). Gedreht wurde der größte Teil im Herbst 1973 auf Madeira, die Dreharbeiten wurden im Dezember 1974 in Paris (Linas Szene mit Alice Arno und Monica Swinn, sowie Tötung des ersten Opfers, unbeweglich gespielt von Roger Germanes) und ca. Januar/Februar 1974 in Belgien (Szenen in Polizeistation mit Pierre Quérut, Richard Bigotini, sowie Szenen mit Dr. Orloff, gespielt von Jean-Pierre Bouyxou) fortgesetzt. Dies wirft ein interessantes Licht auf die Veröffentlichungsdaten des Films auf IMDb (April – Oktober 1973), denn die müssten nach dieser Chronologie allesamt falsch sein. Wer weiß. Uneinigkeit herrscht zudem darüber, wer den Part der Reporterin gespielt hat. Wahrscheinlich war es aber die einzige größere Rolle von Anna Watican, welche bei Pierre Quérut unter Vertrag stand und abgesehen von dieser Rolle wirklich nur als Extra in anderen Filmen auftaucht. Ich persönlich finde sie recht unansehnlich, die Silikon-Brüste geben ihrer Erscheinung da endgültig den Rest. Ich bin fies, ich weiß.
Daniel White hat zu „La Comtesse Noire“ einen wirklich schönen Soundtrack beigesteuert, selbst wenn man über den Einsatz desselben in einzelnen Szenen streiten könnte. Entgegen zu vielen anderen Franco-Filmen, wo Whites Musik oftmals aus Archivtracks zusammengestellt wurde, handelt es sich diesmal tatsächlich um einen eigens komponierten Score. Die Kameraführung übernahm Franco selbst, bei den Nachdrehs scheint darüber hinaus Gérard Brisseau am Werk gewesen zu sein. Oh, und die Credits zu diesem Film sind ohnehin eine einzige Katastrophe von Pseudonymen, Falschangaben und Schreibfehlern, was es nicht einfacher macht. An diesem Punkt des Textes gestehe ich auch freimütig meine Wissenslücken in Bezug auf die deutschen Veröffentlichungen des Films ein, weshalb ich dieses Thema nur bedingt anschneiden werde. Fakt ist: es gibt drei Hauptfassungen von diesem Film, aus dem ein ganzer Arschvoll von leicht bis mittelschwer abweichenden Schnittfassungen resultierte.
Die Erotikfassung
Die Erotikversion ist die wohl weltweit gängigste Fassung und kommt Francos Idee des Films am Nächsten. Wie bereits erwähnt, war er allerdings mit dem Dubbing unzufrieden und ich denke, Franco hat sich den Film ohnehin insgesamt noch dialogärmer vorgestellt. Wie ebenfalls erwähnt, existiert diese – und die anderen Hauptfassungen – in Varianten von unterschiedlicher Länge. Größter Zankapfel ist hier besonders eine Szene. Redemption/Kino Lorber veröffentlichte 2012 eine Blu-ray, von der es heißt, sie wäre ein Composite-Cut der Erotikfassung, der alle hierzu gehörenden Szenen enthält - abgesehen vom Hardcore-Material. Damit sind leider nicht nur die Szenen aus der/den Pornofassung/en gemeint, sondern vielmehr die verwackelten Einstellungen, in denen Lina Romay in der Hotelmasseur-Szene Ramon Ardids (nicht erigierten) Penis mit dem Mund bearbeitet. Die Szene ist zwar vorhanden, aber alle Einstellungen mit Ardids Penis fehlen, und die gehörten tatsächlich in die Erotikfassung. Auf einer der vielen Veröffentlichungen von X-Rated findet sich zudem eine kurze Szene, in der Lina Romay (angezogen) auf dem Bett liegt und sich streichelt. Es gab für diesen Moment anscheinend keinen Ton, denn man hat Fremdmusik drübergelegt. Aufgrund Linas Art der Kleidung könnte es sich aber um Material der Horrorfassung handeln.
Die Horrorfassung
Vor langer, langer Zeit, weit vor dem Internet, hieß es einmal, Eurociné wäre von Francos Film (Erotikfassung) zurückgetreten und meinte, man könne den Film so keinesfalls veröffentlichen. Die Zeit sei noch nicht reif für so einen Film. Und so habe man Franco neue Szenen nachdrehen lassen, die die Vampirin beim gewöhnlichen Blutrinken aus der jeweiligen Halsschlagader ihrer Opfer zeigt. Heute wissen wir, das ist Unsinn. Die Szenen für die Horrorfassung drehte Franco zeitgleich mit dem Hauptfilm. Wahr ist natürlich, dass es einige Märkte gab, wo man die von Franco angedachte Erotikfassung keinesfalls veröffentlichen konnte, etwa in den USA oder in England. Deshalb wurden von vornherein betreffende Szenen unterschiedlich gedreht. Die längstmögliche (71 Min.) – und qualitativ beste – Version dieser Horrorfassung findet sich auf der Blu-ray von Redemption/Kino Lorber in den Extras. Die Kürzeste bekamen dagegen englische Kinozuschauer zu sehen, einen Torso von gerade mal 58 Minuten Länge.
Die Pornofassung(en?)
In Deutschland bekannt ist hier die „Bahnhofskinoversion“, die mehrfach – neben Erotikversionen - bei X-Rated auf VHS und DVD erschien. Diese hat eine Länge von fast 105 Minuten und enthält einige leider eher unansehnliche Hardcore-Szenen. Aufgrund Linas Frisur würde ich die Pornoszenen in die Zeit der Dreharbeiten von „Die Marquise von Sade“ (gedreht Ende 1975) einordnen. In Frankreich soll lt. Stephen Thrower eine abweichende Hardcore-Fassung von 86 Minuten Länge existiert haben, unter dem Titel „Les Avaleuses.“ Diese soll Fremd-Inserts enthalten, die nicht von Franco stammen. Ich besitze eine Fassung mit diesem Titel und mit ausschließlich französischen Dialogen, diese ist allerdings identisch mit der X-Rated-Hardcorefassung, auch von der Länge her. Also – immer schön weitersammeln.
Fazit: „La Comtesse Noire“ ist ein erotisches Meisterwerk, getragen von seiner Hauptprotagonistin, die außerhalb der Zeit zu existieren scheint. An der Realität kann sie nicht teilhaben, sondern nur – gegen ihren Willen – andere der Realität entreißen. Andere Personen, wie etwa Dr. Roberts oder Dr. Orloff wissen um ihre Existenz, sind aber nur Randfiguren, die einen flüchtigen Blick in jene andere Welt erhaschen können. Wer sich von schönen Bildern berauschen lassen will und mit dem langsamen Tempo keine Probleme hat, wird auf seine Kosten kommen.