Was fällt einem eigentlich spontan ein, wenn man über die Schauspielerin Eva Renzi nachdenkt? Kommt einem ihre klassische Schönheit in den Sinn, ihr erhaben wirkendes Wesen, die eigenwillige Art zu interpretieren? Hat man die berüchtigte Opportunistin vor Augen, die oftmals mehr mit privaten Schlagzeilen für Aufsehen sorgte, als dass sie es mit ihrem filmischen Schaffen vermochte, lässt man ihre Karriere Revue passieren, die sie selbst so kritisch, manchmal sogar zynisch beurteilte, eine Karriere aus der eigentlich hätte mehr werden müssen? Eva Renzi wirft so oder so Fragen auf und fasziniert mich persönlich seit jeher immer und immer wieder aufs Neue. In Berlin wurde sie als Evelyn Hildegard Renziehausen geboren, ihr Vater war ein dänischer Mayonnaise-Fabrikant, die Mutter Französin. Die Scheidung der Eltern erfolgte als das Kind drei Jahre alt war, was zur Folge hatte, dass sie in Internaten und Klosterschulen aufwachsen musste. Ihren filmischen Werdegang ebnete sie mit Arbeiten als Telefonistin, Hostess, Platzanweiserin und Model, bis sie schließlich parallel Schauspielunterricht bei Else Bongers nahm und später zu ihrem ersten Theater-Engagement an der Freien Volksbühne in Berlin kam, damals im Alter von 20 Jahren. Für den Film wurde sie 1965 von Will Tremper entdeckt (der auch den Künstlernamen Eva Renzi erfunden haben soll), und sie wurde gleich mit der Hauptrolle in dessen Film "Playgirl" besetzt, der ihr Image prägte und nach dem sie fortan als »Mischung aus Julie Christie und Ingrid Bergman« gefeiert wurde. Von nun an nahm Eva Renzis Karriere schlagartig an Fahrt auf, so dass sie schnell den Sprung in internationale Produktionen schaffte, dann schließlich nach Hollywood.
Im Jahre 1967 heiratete sie ihren Schweizer Schauspiel-Kollegen Paul Hubschmid (*1917) in Las Vegas, ihre Tochter Anouschka (*1964), die ebenfalls Schauspielerin wurde, brachte sie in die Ehe mit, die 1980 geschieden wurde. Von Beginn an erfuhr Eva Renzi also ein großes Medieninteresse, welches sie auch oft bediente. 1973 absolvierte sie beispielsweise eine einjährige Indienreise, und als sie ihre Erfahrungsberichte bei der Bhagwan-Sekte Ende der 70er-Jahre veröffentlichte, dabei schwere Vorwürfe und Anschuldigungen erhob, und sich anschließend weitgehend aus dem Beruf zurückzog, sorgte sie für großes Aufsehen. Oder bei den Bad Hersfelder Festspielen 1983 provozierte sie einen riesigen Eklat, als sie den Schirmherren und damaligen Bundespräsidenten Carstens öffentlich beleidigt haben soll. In Interviews stellte sich eigentlich generell heraus, dass sich Renzi selbst stets als Medienopfer angesehen hat, was vermutlich ihre unbändige Gegenwehr provozierte. Dies alles hört sich im Endeffekt nach einer sehr turbulenten Karriere an, die es allem Anschein nach auch gewesen sein muss, doch leider sind ihre Auftritte in Film und Fernsehen vergleichsweise sehr rar gesät. Betrachtet man Eva Renzis Wesen, so sollte man vielleicht nicht voreilig davon sprechen, dass ziemlich viel in diesem filmischen Werdegang verschenkt wurde, eher sollte man reflektieren, dass die Rahmenbedingungen meistens nicht gestimmt haben, und sie definitiv ihren eigenen Lebensplan hatte. Ein Angebot bei "James Bond" soll dem Vernehmen nach ohne groß zu zögern abgelehnt worden sein und auch über tatsächliche Partizipationen gab es von ihr selbst äußerst kritische, und unangepasste Stimmen. Es bleiben glücklicherweise ihre Auftritte in Film- und Fernsehproduktionen, an die man sich gerne erinnert.
Das erste bewusste Wahrnehmen der Eva Renzi erfolgte bei mir in Dario Argentos "Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe", eine Kreation, die ich persönlich von Anfang an als kleine Sensation gefeiert habe. Nicht nur wegen des Aufbaus dieser packenden Schlüsselrolle entstand ein solcher Eindruck, sondern vor allem wegen ihrer Erscheinung, und der damit verbundenen, magischen Anziehungskraft. Die hochgewachsene, oftmals zaghaft agierende, und nahezu traurig wirkende Eva Renzi hat sich dem Empfinden nach stets dagegen aufgelehnt, in Rollen-Schubladen zu verschwinden, wenngleich diese Tendenz doch zu Beginn ihres Schaffens geebnet wurde. Gefragt auf internationalem Parkett, und manchmal berüchtigt auf nationaler Ebene, scheute sie sich im letzten Drittel ihrer Karriere nicht, zurück zu den Wurzeln zu kehren. Starke, moderne und selbstbewusste Frauen sollten ihre Domäne werden, es lassen sich häufig etwas oppositionelle Tendenzen in ihrer Art herausfiltern, die Sprache ihrer tiefen Augen kann als inoffizielles Markenzeichen empfunden werden, genau wie die Färbung ihrer unverwechselbaren, sanften Stimme. Es sollten einige Filme und TV-Auftritte mit ihr folgen, und grundsätzlich lässt sich sagen, dass Eva Renzi immer auf gleich hohem Niveau interpretieren konnte, egal ob die jeweilige Produktion hochwertig oder belanglos war. So schaut man auf eine Frau mit Verve, die sich nie nur auf ihrer Schönheit ausruhen wollte, sondern die Berlinerin wollte den Zuschauer auf anderen, vielleicht sogar höheren Ebenen erreichen. Eva Renzi wirkt als Schauspielerin und als Frau unberechenbar, manchmal sogar gebieterisch, ihr Temperament wirkt oft sparsam, beziehungsweise gut dosiert, so dass sie den Zuschauer in voller Absicht nicht tief blicken lässt. Eva Renzi ist und bleibt eine der Ausnahmeerscheinungen und Lichtgestalten des internationalen Kino und behauptet ihren festen Platz im persönlichen Olymp der aufregendsten Schauspielerinnen, die mit spontanem Darbietungsstil und Intuition stets eine perfekte Mischung offeriert hat.