Der Kampf auf der Insel

Frankreich, 1962

Originaltitel:

Le combat dans l'île

Alternativtitel:

Paixões e Duelo (BRA)

Gli amanti dell'isola (ITA)

Combate en la isla (MEX)

O Duelo na Ilha (POR)

Fire and Ice (USA)

Deutsche Erstaufführung:

17. August 1962

Regisseur:

Alain Cavalier

Musik:

Serge Nigg

Inhalt

Clément Lesser (Jean-Louis Trintignant) und seine junge Frau Anne (Romy Schneider) sehen schweren Zeiten entgegen. Die Ehe steht vor einer Zerreißprobe, da Clément Mitglied der rechtsgerichteten Geheimorganisation »Gruppe der Dreizehn« geworden ist und sich immer mehr in ideologischen Gedanken verfängt. Es geht sogar soweit, dass er sich in ein politisch motiviertes Attentat verwickeln lässt. Doch es gibt eine undichte Stelle innerhalb der Gruppierung und er wird von einem seiner Kumpanen verraten, sodass er mit Anne zu seinem Jugendfreund Paul (Henri Serre) aufs Land fliehen muss. Die beiden Männer sind allerdings grundverschieden und Anne fühlt sich zu den pazifistisch veranlagten Paul hingezogen, was genügend Zündstoff für eine Katastrophe darstellt...

Autor

Prisma

Review

Im Jahr 1961 stellte ihre Rolle der Annabella in dem Theaterstück "Schade, dass sie eine Hure ist" einen bedeutenden Wendepunkt in Romy Schneiders Karriere dar, für das die Perfektionistin täglich sechs bis acht Stunden Unterricht bei einer Französischlehrerin nahm. Der Erfolg war immens und sie wurde als Sensation gefeiert, sodass sie gleich in der Sommerpause in "Der Kampf auf der Insel" für die weibliche Hauptrolle verpflichtet wurde, gleichzeitig ihre erste Rolle neben Trintignant übernahm, die sie außerdem erstmalig in Französisch sprach. Bleibt man bei Romy Schneider, so bekommt man nicht nur eine Metamorphose, um nicht zu sagen eine Kulturrevolution zu sehen, sondern man wird Zeuge einer beeindruckenden Skizzierung der Französin, wie man sie sich vielleicht vorstellt. Alain Cavaliers Film offenbart sich ganz im unkonventionellen Stil junger, französischer Filmemacher und um es gleich vorweg zu nehmen, man bekommt es mit einem bemerkenswert dichten Beitrag zu tun, der allerdings nicht für jeden Zuschauer geeignet sein dürfte, da die brisante Thematik nicht gerade Sinnbildlich für leichtes Unterhaltungskino steht. Der Film fiel daher in Frankreich durch, ein Schicksal, das einige der nahezu überqualifizierten Filme dieser Art teilen mussten. "Der Kampf auf der Insel" schildert ein schweres Thema, das absolut beeindruckend umgesetzt wurde. Die Stärke entfaltet sich in den angebotenen Intervallen, die einen Wechsel zwischen Alltag und Leben, sowie Ideologie und Gegensätzlichkeit mit sich bringen. Vor allem die Sequenzen den Alltags, die dynamisch und wie aus dem Leben gegriffen wirken, überzeugen auf ganzer Linie und die Hauptdarsteller bewegen sich im Rahmen von Gratwanderungen auf zwei vollkommen unterschiedlichen Seiten, obwohl permanent Berührungspunkte geschildert werden. Alain Cavalier kreiert regelrecht eine stilistische Pracht, die den Zuschauer in einem Moment klassisch umarmt, um ihn in der nächsten wieder kalt abzuweisen.

 

Schwarz- und Weiß-Kontraste charakterisieren die gegenwärtige Lage im Spektrum der Emotionen, Gesinnungen, Neigungen, und Ängste und die Hauptdarsteller leisten hier Pionierarbeit. Romy Schneider beeindruckt mit einer reifen Leistung, die alle bisherigen Darbietungen mehr oder weniger in ihren eigenen Schatten stellt. Es entstehen Wechselspiele, die permanent in Atem halten und den ruhigen Erzählfluss mit leiser Dramatik zusätzlich anheizen. Die integrierte Liebesgeschichte wurde häufiger kritisiert, da sie den ernsten Charakter möglicherweise zu entschärfen versucht, allerdings kann man sie genauso gut als Verstärker deuten, da zwischen Glück und Zufriedenheit immer wieder herbe Schocks gesetzt werden, die die Marschrichtung des Films nur forcieren. Das Gespann Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant stellt unterm Strich nichts anderes als das klassische Dilemma zwischen Agonist und Antagonist dar, großer Vorteil des Verlaufs ist die diplomatische Haltung den Charakteren gegenüber, Wertungen und Positionen wird es zwar geben, aber keineswegs auf einem Silbertablett. Der normale Alltag, soziale Kontakte und das französische Lebensgefühl vermitteln die greifbaren Komponenten für den Zuschauer, außerdem entsteht der Eindruck, dass es sich diese Geschichte eben durch diese Nähe tatsächlich abspielen könnte. Hier greift das Zusammenspiel zwischen Trintignant und Schneider ganz bedeutend, die Finessen eröffnen sich durch Dynamik, Natürlichkeit und großes Einfühlungsvermögen. Clément wirkt trotz teilnahmslosen, impulsiven und sogar brutalen Tendenzen zerrissen und nahezu fragil, da er keinen Mittelweg findet zwischen dem Kampf für die Sache und dem Kampf gegen seine eigenen Emotionen. Anne hingegen entwaffnet ihn immer wieder mit Temperament und macht seine Versuche, sich neben ihr zu behaupten, mit für ihn schleierhaften Gefühlen zunichte, die er nicht ordnen kann.

 

Eine Katastrophe ist also vorprogrammiert, doch die spannende Frage im französischen Kino richtet sich erfahrungsgemäß eher in die Richtung, in welcher Fa­çon man sie letztlich zu Gesicht bekommt. Der Verlauf formt langsam jedoch unausweichlich eine wenig hoffnungsvolle Prognose und man fühlt sich gefesselt, nicht zuletzt durch die besonderen darstellerischen Leistungen, die ja nicht bei Romy Schneider und Jean-Louis Trintignant aufhören. Insbesondere Henri Serre, Diane Lepvrier und Pierre Asso bleiben mit guten Interpretationen im Gedächtnis und prägen den Verlauf jeweils auf ihre Weise sehr verständlich und angenehm. Obwohl der komplette Film insgesamt einen visuellen Höhepunkt nach dem anderen liefert, sind solche im Sinne von reißerischen Anwandlungen so gut wie gar nicht vorhanden, alles wirkt wohldosiert, trotz aller Dynamik minutiös eingesetzt, sodass sich Alain Cavaliers Beitrag ohne größere Intervention zu einer Art Selbstläufer entwickelt, wobei diese Beschreibung bei einer derartig präzise durchdachten und klar aufgebauten Geschichte sicherlich nicht ganz korrekt sein mag. Was in Erinnerung bleiben wird sind vor allem die gestochen scharfen Charakterzeichnungen, die dichte Atmosphäre und die Bildgewalt, die sich abwechslungsweise morbide und greifbar offenbart. "Der Kampf auf der Insel" erarbeitet sich einen Prestigeplatz unter anerkennungswürdigen französischen Beiträgen und man nimmt durchaus zur Kenntnis, dass es sich Regie und alle Beteiligten dabei nicht gerade leicht gemacht haben. Dennoch ist diese Produktion leider in Vergessenheit geraten, vielleicht weil sie unterm Strich wenig massenkompatibel ausgefallen ist. In Romy Schneiders Filmografie ist allerdings ein dezenter Meilenstein entstanden, der nicht nur nationale Konventionen gesprengt, sondern die internationalen Kompetenzen der Schauspielerin offenkundig zutage gebracht hat, außerdem vermittelt diese Darbietung Mut und Weiterentwicklung. Großes französisches Kino!

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Prisma

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