Die 1000 Augen des Dr. Mabuse

Frankreich | Deutschland | Italien, 1960

Originaltitel:

Die 1000 Augen des Dr. Mabuse

Alternativtitel:

Los 1000 ojos del Dr. Mabuse (ARG)

Los crímenes del doctor Mabuse (ESP)

Le diabolique docteur Mabuse (FRA)

Il diabolico Dr. Mabuse (ITA)

O Diabólico Dr. Mabuse (POR)

The Eye of Evil (USA)

The Thousand Eyes of Dr. Mabuse

Diabolical Dr. Mabuse

Eyes of Evil

Deutsche Erstaufführung:

14. September 1960

Regisseur:

Fritz Lang

Kamera:

Karl Löb

Inhalt

Der Fernsehreporter Peter Barter wird tot in seinem Wagen aufgefunden, nachdem er seinem Sender angekündigt hatte, einen Skandal von großer Tragweite aufzudecken. Da man bei der Obduktion der Leiche eine Stahlnadel im Gehirn fand, schalten sich BKA und Interpol ein. Hier erinnert man sich an den wahnsinnigen Superverbrecher Doktor Mabuse, der allerdings vor über 25 Jahren in einem Sanatorium starb. Es ereignen sich allerdings weitere Verbrechen, die immer wieder zu diesem Namen führen. Lebt Dorktor Mabuse etwa noch, oder hat jemand sein teuflisches Erbe angetreten? Kommissar Kras (Gert Fröbe) geht dieser Spur nach und schon bald folgt ein Mordanschlag auf ihn. Viele Spuren führen in das Hotel Luxor, wo sich die Amerikanerin Marion Menil (Dawn Addams) kürzlich aus einem der oberen Stockwerke stürzen wollte und tatsächlich scheint sie eine Schlüsselfigur in diesem Fall zu sein. Kras jagt ab sofort einem Phantom hinterher, das immer wieder zuschlägt...

Autor

Prisma

Review

Regisseur Fritz Lang inszenierte in den Jahren 1922 ("Dr. Mabuse, der Spieler") und 1933 ("Das Testament des Dr. Mabuse") bereits zwei Verfilmungen, die sich mit dem größenwahnsinnigen Verbrecher befassten, und nahm 1960 wieder auf dem Regiestuhl platz, um "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" zu realisieren. Bereits sieben Jahre zuvor erwarb Produzent Artur Brauner die Nutzungsrechte von Norbert Jacques, dem Verfasser der Romanvorlagen, und die Produktion wurde über lange Hand geplant. Da der Großverleih Constantin-Film Ende der 50er Jahre erfolgreich mit der Edgar-Wallace-Reihe in den Kinos durchstartete, war auch die Zeit für diesen ersten von sechs "Mabuse"-Teilen gekommen, der mit großer Starbesetzung aufwarten kann, zumindest im oberen Segment. Im Bereich der zeitgenössischen Kriminalfilme genießt Fritz Langs Beitrag einen Klassiker-Status, was zum einen sicherlich mit seiner Regie-Arbeit zusammenhängt, zum anderen aber auch mit dem Vergleich zu diversen Artgenossen. Am Tag der Uraufführung wurde der Film schließlich mit dem »Prädikat wertvoll« ausgezeichnet. Der Verlauf setzt auf Verwirrung und Härte, wobei es hier noch nicht so sehr ausgereizt wurde, wie beispielsweise im Harald Reinls ebenfalls sehenswertem Beitrag "Im Stahlnetz des Dr. Mabuse". Interessant ist die Strategie, den sagenumwobenen Superverbrecher einfach wieder auferstehen zu lassen, sodass er für Angst und Schrecken sorgen kann. Selbstverständlich schwingt stets das Thema Weltherrschaft mit und mit "Doktor Mabuse" sieht nimmt man einen perfiden Strategen wahr, der durch Überwachung, Manipulation und Mord letztlich das totale Chaos anvisiert, um bestehende Weltbilder aus den Angeln zu heben, was seinen Wahnsinn nur unterstreichen will. Bereits die Eröffnungssequenz kann für Aufsehen sorgen, da der leise Mord, oder besser gesagt, der unsichtbare Tod zuschlägt, um die potentiellen Kontrahenten in machtlose Positionen zu zwingen.

 

Lange Strecken des Verlauf gleichen somit einem Mosaik, das sich nur mühsam zusammensetzen lässt, damit der Eindruck entstehen kann, dass der Doktor immer einen Schritt voraus ist. Der Film vereint internationale und bekannte deutsche Stars miteinander und ein paar von ihnen sollten noch richtige "Mabuse"-Veteranen werden, wie etwa Peter van Eyck, Gert Fröbe, Werner Peters, Albert Bessler und natürlich Wolfgang Preiss. Dawn Addams kann sowohl in darstellerischer als auch vermarktungstechnischer Hinsicht als großer Coup der Produktion angesehen werden. Längst bekannt als internationaler Star, war sie vor Fritz Langs Beitrag schon in einigen deutschen Spielfilmen zu sehen, sodass es der Kinogänger durchaus mit einem bekannten Gesicht zu tun bekam. Addams zeichnet die Frau von Welt perfekt, allerdings lässt sie auch genügend Spielraum für innere Abgründe. Marion Menil wirkt geheimnisvoll und getrieben, ihre Melancholie wirkt in manchen ihrer Szenen nahezu vereinnahmend. Allerdings skizziert die Britin nicht das klassische schutzbedürftige Opfer, sondern bietet viele individuelle Nuancen an, von denen der Verlauf stark profitiert. Besondere Stärken entstehen mit ihrem ebenso starken Partner Peter van Eyck, dessen weltmännisches Profil ganz offensichtlich eine seiner kleinsten Fingerübungen gewesen sein muss. Als bekannter Geschäftsmann charakterisiert er Macht und Profit, was "Doktor Mabuse" anzieht, wie das Licht die Motte. Die bevorstehende Liaison wird in perfider Weise ausgenutzt, um den Industriellen gefügig zu machen, da er es sich schließlich erlauben kann im Zweifelsfall sagen zu können, dass Geld eben nicht alles sein darf. Zwischen Dawn Addams und Peter van Eyck entsteht eine selten kultivierte Form des Zusammenspiels, welches jedoch die Möglichkeit für kurze Momente der Intimität und der Zusammengehörigkeit nicht auslässt, daher sehr faszinierend wirken kann, zumal keine der handelsüblichen Schablonen aufgetischt wird.

 

Als Kommissar Kras ist ein wie immer authentisch wirkender Gert Fröbe am Werk, der sich teilweise ziemlich ungehobelt durch den schwierigen Fall arbeitet. In diesem Zusammenhang liefert er mit seiner aufbrausenden und kurz angebundenen Art regelrechte Expertisen darin, seinem jeweiligen Gegenüber unmissverständlich zu demonstrieren, was er von ihm hält. Fröbes Profil prägt nicht nur den Verlauf, er bietet auch eine willkommene Variation im Dunstkreis der Ermittler an. Angesichts des unsichtbaren Gegners ist es sogar nicht immer ganz klar, ob er diesen Fall lösen kann. Im Szenario wimmelt es geradezu von zwielichtigen Gestalten und hier sind es insbesondere hervorragend aufspielende Interpreten wie Andrea Checci, Werner Peters, Reinhard Kolldehoff, Howard Vernon oder Wolfgang Preiss, die für Momente des Misstrauens oder Grauens sorgen. "Die 1000 Augen des Dr. Mabuse" vereint klassische Elemente des Kriminalfilms und Thrillers in sehr ausgewogener Weise miteinander, sodass sich Spannung und Tempo optimal entfalten können. Betrachtet man die gut verständliche und flüssig erzählte Geschichte, hat man es im Endeffekt vielleicht mit demjenigen Film der Reihe zu tun, der am meisten Logik transportiert, was in den folgenden Teilen manchmal nicht mehr Hauptaugenmerk gewesen ist. Verbrechen, Gewalt und Mord lauern schließlich in jeder einzelnen Minute und die Reihen werden nicht gerade zimperlich gelichtet, was jedoch die unerbittliche Attitüde des "Doktor Mabuse" nur unterstreichen wird. Nach vielen Turbulenzen und einigen sehr stimmungsvoll inszenierten Aha-Effekten bekommt der geneigte Zuschauer ein standesgemäßes Finale offeriert, das nicht nur Überraschungen mit sich bringt, sondern auch den Weg frei gemacht hat für weitere Verfilmungen. Alles in allem handelt es sich bei Fritz Langs Adaption um einen handwerklich gut gemachten Krimi und den perfekten Einstieg in die skrupellose "Mabuse"-Welt. Durch und durch sehenswert!

Autor

Prisma

Filmplakate

Links

OFDb
IMDb

Bitte Kommentar schreiben

Sie kommentieren als Gast.