Hatchet for the Honeymoon

Italien | Spanien, 1970

Originaltitel:

Il rosso segno della follia

Alternativtitel:

O Alerta Vermelho da Loucura (BRA)

Un hacha para la luna de miel (ESP)

Une hache pour la lune de miel (FRA)

Blood Brides (GBR)

Lua de Mel Sangrenta (POR)

Red Wedding Night

Regisseur:

Mario Bava

Kamera:

Mario Bava

Inhalt

John Harrington (Stephen Forsyth) und seine Frau Mildred (Laura Betti) sind aufgrund ihres gemeinsamen und erfolgreich laufenden Modehauses für Brautmoden gut situiert, doch das Leben im Luxus birgt auch Schattenseiten. Während Mildred ihren Ehemann mit täglicher Verachtung straft und mit Zynismus zu demütigen versucht, geht John einem nicht zu kontrollierenden Zwang nach. Niemand ahnt, dass er als Serienmörder sein blutiges Unwesen treibt. Er tötet junge Frauen in Brautmontur mit einem Beil, um die Leichen wenig später für immer im Ofen seines Gewächshauses verschwinden zu lassen. Mit jedem weiteren Mord kommt er dem Ursprung seines Wahns näher, der sich verschlüsselt in der Vergangenheit befindet, doch das unbehelligte Metzeln hat bald schon ein Ende. Nicht nur dass sich der hartnäckige Inspektor Russell (Jesús Puente) an seine Fersen heftet, viel schlimmer ist, dass er plötzlich von einem Gespenst der Vergangenheit heimgesucht wird...

Autor

Prisma

Review

Ein unruhig wirkender Vorspann wühlt die schemenhaft gezeigten Bilder mit den Signalfarben Rot und Blau auf. Man ist sich sofort im Klaren darüber, dass sie noch eine besondere Bedeutung bekommen werden, zumal es auch der Titel zu versprechen scheint. Vollkommen gegensätzlich hierzu wirkt die ohrenschmeichlerische und fast beruhigende Musik von Sante Romitelli, sodass es aussieht, als verspreche auch der Film zahlreiche Gegensätze oder schwer zu ordnende Inhalte. Kleine derartige Gedankenspiele lässt ein Vorspann ja meistens zu, die Stabsangaben präsentieren sich in der Zwischenzeit wie ein bevorstehendes Gütesiegel, bis man schließlich in vollster Erwartung einen brutalen Mord illustriert bekommt. Anschließend wird man jedoch vollkommen unerwartet mit einer Off-Stimme konfrontiert, die in irritierender Art und Weise den Weg der Geschichte ebnet. Verschwommene Bilder passieren Revue, die Erinnerung des Mörders spielt sich teilweise mit Kindesaugen ab, sodass sich selbstredend ein für längere Zeit verborgenes Motiv psychologischer Art erahnen lässt. Die Rahmenbedingungen spielen sich im extravaganten Setting ab. Es sind gut situierte Verhältnisse, die eigentlich eine Ordnung haben sollten, allerdings ist das genaue Gegenteil der Fall. Das gerne verwendete Motiv der Spleens, Launen, Unzulänglichkeiten und der daraus resultierenden Zwänge der Hautevolee, wird kompatibel aufgeschlüsselt. Sexuell aufgeladene Spannungen und damit verbundene Defizite liefern oftmals nachvollziehbare, aber meistens doch abenteuerliche Schlüssel zu den dramaturgisch vorgefertigten Schlössern diverser Plots und es kommt auf das Geschick der jeweiligen Regie an, die teilweise komplexen Voraussetzungen in geregelte, wahlweise auch spektakuläre Bahnen mit Überraschungsmomenten zu lenken. Mit Mario Bava denkt man bereits im Vorfeld nicht an die halbe Miete, eher sieht man diesbezüglich einem Mietüberschuss entgegen, was allerdings zu beweisen wäre.

 

Die Umgebung wirkt vor dem Hintergrund der Modebranche artifiziell, unwirklich, verschleiernd, sogar verlogen, das Honeymoon-Thema makaber, doch die zweifelhaften Protagonisten entsprechen mit einem Mindestmaß an Fantasie der hauseigenen Kreation Wirklichkeit. Früh vernimmt man eine typische Atmosphäre wie man sie von Mario Bava kennt, bei der man vor allem nachhaltig daran arbeitet, dass eben nichts greifbar wird und alles unberechenbar bleibt. Manchmal manifestiert sich der Eindruck, als kämen einem die Wände der Räume entgegen. In anderen Situationen werden sie als unendlich weit empfunden. Man fühlt sich dadurch beinahe delirierenden Eindrücken ausgeliefert. Hier wären die Karussellfahrten der Kamera, sowie die musikalische Untermalung, die manische bis aristokratische Klänge transportieren kann und die verwirrende Dialogarbeit, die die Aufmerksamkeit des Zuschauers effektiv zu unterwandern versucht zu nennen. Damit verbunden ist das direkte Ansprechen des Zuschauers, der den Lockrufen und Rechtfertigungen eines Wahnsinnigen folgt, bei denen er sich möglicherweise die landläufig verbreitete These durch den Kopf gehen lässt, ob der Teufel sich tatsächlich selbst beim Namen nennen würde. Das auf Hochtouren laufende Verwirrspiel wirkt im Endeffekt fordernd, strapaziös und im Anstrich der frühen 70er-Jahre erfrischend zugleich. Im Bereich der Kameraarbeit wird nach kurzer Spieldauer aus einer Tendenz ein tiefroter Faden, denn die überaus aufwändigen Bilder stellen eine wahre Pracht dar. Sie veredeln "Hatchet for the Honeymoon" in bemerkenswerter Weise. Die akribisch konstruierte Schönheit fällt schließlich vollkommen konträr zur eleganten Marschrichtung einem Beil zum Opfer, welches vielleicht treffender als Bumerang bezeichnet werden könnte. Der Verlauf entwickelt sich immer mehr zu einer einzigen Wahnvorstellung. John und der Zuschauer bekommen erhebliche Probleme, zwischen Trugbildern und Realität zu unterscheiden.

 

Als große Bereicherung für den Film ist niemand anders als der Kanadier Stephen Forsyth zu nennen, der hier in seinem erst zehnten, und leider bereits letztem Film zu sehen ist. Ihm droht, dass er die Funktion übernehmen könnte, gleichzeitig Täter und Opfer eines spannenden Experiments zu werden. Beim Thema Spannung müssen insgesamt zwar keine Superlative erfunden werden, denn der Verlauf nimmt sich den Luxus von langen, ausladenden Strecken. Es ist allerdings in den überwiegend dialogarmen Szenen die beißende Akustik, die an den Nerven zerrt. Der Plot überrascht mit einer indirekten Metamorphose des Hauptakteurs, in der er sich zwar keineswegs verändert, aber die Rahmenbedingungen für diesen merkwürdigen Eindruck sorgen. Schließlich passiert etwas beim Zuschauer, das man verhalten als genial bezeichnen darf, denn ganz unbestimmt, oder sogar kalkuliert, befindet man sich plötzlich auf der Seite des Wahnsinnigen, des Mörders, des Anti-Helden. Forsyth spielt die Fähigkeit klassisch aus, für Sympathien, um nicht zu sagen für Verständnis zu sorgen, was ihn groteskerweise sehr greifbar erscheinen lässt. Aber die Komplizenrolle des interessierten Zusehers war schon immer eine der ertragreichsten und interessantesten Varianten in derartig gestrickten Filmen, die ohne jeglichen Whodunit auszukommen hatten. Die Darsteller wirken in "Hatchet for the Honeymoon" überaus funktionell, da die Beschreibung präzise aufgrund des latent vorhandenen, verwirrenden Elements überhaupt nicht recht greifen mag. Stephen Forsyth tut jedenfalls genau wie die meisten seiner Kollegen der Erwartung genüge, Teil des Haupt-Elements zu werden, nämlich des Dekors. Puppen, Gespenster, Getriebene und Verfolgte, im Personen-Roulette wird man alles in genügendem Maße ausfindig machen können. Eine wichtige Funktion übernimmt John's Ehefrau Mildred, die in Anbetracht aller Gewissheiten beunruhigende Züge annehmen wird.

 

Ihre kalte und biedere Erscheinung wirkt neben all dem Glamour und ihrem um Einiges attraktiveren Ehemann wie ein zu beseitigender Fremdkörper, was natürlich Böses erahnen lässt. In unzähligen Genres hat man bereits die unterschiedlichsten schwarzen Witwen gesehen, das Problem war jedoch oftmals, dass leider noch ein Mann existierte. Unter der Voraussetzung, dass John diese ihn quälende, erniedrigende und neurotische Frau loswerden will, aber nicht die Möglichkeiten findet, zu einem zufriedenstellenden Ausstieg aus der Ehe zu kommen, scheint der Tod die einzige, und deshalb beste Lösung dazustellen. Eigenartigerweise fühlt man sich angesichts dieser Möglichkeit nicht in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Verständnis und Mitleid halten sich deutlich in Grenzen, was für die stichhaltige Leistung der Italienerin Laura Betti spricht, die ihrem Charakter Unerbittlichkeit und Angriffslust und ihrer Rolle folglich die nötige Tiefe einhaucht. Dagmar Lassander reiht sich sehr effektiv in dieses groß angelegte Diktat der Regie ein. Ihre über weite Strecken unscheinbare Darbietung steht einerseits vollkommen im Einklang mit der Geschichte, andererseits aber als quasi neutralisierender Ausgleich zu den bereits erwähnten Personen. Eine weitere attraktive Dame sieht man in Persona von Femi Benussi, die trotz ihrer kurzen Rolle für deutliche Akzente steht. Die meisten Darsteller übernehmen nicht nur aufgrund ihrer knappen Auftrittsdauer komplett untergeordnete Funktionen, was gleichzeitig die größere Bühne für die Hauptpersonen frei macht. Erwähnenswert ist auch die Figur des Inspektors, der von Jesús Puente mit recht klassischen Zügen bei seiner konventionellen, aber ergiebigen Ermittlungsarbeit ausgestattet wird. Da sich das Feld im weiteren Verlauf etwas lichten wird, steigt die ohnehin große Konzentration nochmals in Richtung der Hauptrollen, die den Verlauf nicht nur prägen, sondern durch dynamische Darbietungen tragen.

 

Betrachtet man die psychologische Kriegsführung der Geschichte, findet man sich immer wieder in verzerrten Rückblenden und gedanklichen Windungen wieder. Sie werden wie ein Mosaik zusammengetragen, um Ahnungen der Zuschauer zu bestätigen oder sie zu verwerfen. Das Motiv scheint ziemlich schnell auf der Hand zu liegen, handelt es sich doch um einen Serienmörder, der das Fetischisieren seiner Taten betont. Wieder einmal ist es die dunkle Vergangenheit, die nur schwer zu rekonstruieren ist, aber des Rätsels Lösung verbirgt. Im Grunde genommen liefert die Geschichte ein relativ bekanntes Thema in unterschiedlichem Gewand, bei dem es ganz entscheidend auf die hier eingearbeiteten Finessen ankommt. Hass, der Liebe gleicht, Dysfunktion, Wahn oder Trauma fangen als Elixier der Story immer wieder an, spektakulär zu brodeln. Erneut zeigt sich eine recht bekannte Filmkrankheit, denn der ganz große Hammer bleibt aus, sollte in Form eines ambitionierten Twist dennoch Anerkennung finden. Diese Anmerkung soll den stringenten Verlauf und das selbstbewusste Auftreten von "Hatchet for the Honeymoon" aber keineswegs schmälern, denn schließlich bekommt man nach einer vermeintlich konventionellen Auflösung in einem überaus beunruhigenden Finale eine Art diffuse Prognose um die Sinne geworfen, die dem Empfinden nach wesentlich schlimmer als das bestialische Ende der Opfer wirkt. Da das Leben eben weiter geht, wird das altbekannte Heiratsversprechen »bis dass der Tod uns scheidet« herangezogen, und in zynischer Art und Weise umgekehrt. Mit Mario Bavas in schwarzen Humor getauchten Verwirrspiel auf Raten bekommt man schließlich insgesamt ein über weite Strecken beeindruckendes Filmerlebnis geboten. Es benötigt keine Einteilung in Schwarz und Weiß, birgt allerdings auch die leichte Gefahr, zu wenig Berührungspunkte preiszugeben, da sie sich nicht betont leichtfertig offenbaren.

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Prisma

Veröffentlichungen

Erschienen ist Mario Bavas Flitterwochen-Führer für Fortgeschrittene bei Wicked-Vision Media in zwei limitierten Mediabooks auf DVD und Blu-ray und gleichzeitig als Standard Blu-ray-Edition, die ebenfalls limitiert ist. Abgetastet vom 35mm-Kamera-Negativ, handelt es sich um die deutsche HD-Premiere die sich durchaus sehen lassen kann, was sich nicht nur auf die großartige Bildqualität beschränkt, die den Film in ungeahntem Glanz erstrahlen lässt. Die Präsentation wartet außerdem mit einer Reihe von Extras auf, die sehr hohe Standards erfüllen.

 

Neben Trailer, Bildergalerie, alternativen Anfangs- und Endsequenzen, dem Audiokommentar sowie einem informativem Featurette, kommt ein großes Highlight in Form eines sehr interessanten Interviews mit Hauptdarstellerin Dagmar Lassander daher, in dem die Interpretin ganz frei heraus aus dem Film-Nähkästchen plaudert. Das Mediabook mit DVD und Buchteil überzeugt insgesamt durch seine optische Gestaltung, darüber hinaus kann optional die deutsche, englische oder italienische Tonspur gewählt werden. Mit dieser hervorragenden Veröffentlichung bekommt der Zuschauer in jedem Fall ein sehr großes Stück der Hochzeitstorte angeboten.

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