Total irre

Italien, 1983

Originaltitel:

Bonnie e Clyde all'italiana

Alternativtitel:

Bonnie a Clyde po taliansky (SVK)

Bonnie and Clyde Italian Style (USA)

Bonnie e Clyde: Ladrões ou Não (PRT)

Bonnie és Clyde olasz módra (HUN)

Bonnie i Clyde we włoskim stylu (POL)

Bonnie und Clyde auf italienisch (DDR)

Bonnie y Clyde a la italiana (ESP)

Las aventuras de Bonnie & Clyde (MEX)

Les aventures de Miss Catastrophe (FRA)

Miss catastrophe (BEL)

Deutsche Erstaufführung:

22. Juni 1984

Regisseur:

Steno

Inhalt

Scherzartikel-Vertreter Leo Gavazzi (Paolo Villaggio) ist ein Pechvogel, Rosetta Foschini (Ornella Muti) zwar hübsch aber stark kurzsichtig und ein wenig vertrottelt. Nachdem das Leben die Zwei schon mehrfach aneinander vorbei geführt hat, begegnen sie sich endgültig während eines Banküberfalls, bei dem beide als Geiseln genommen werden. 

 

Während der Flucht vor der Polizei erleiden die Gangster einen Unfall, und Leo und Rosetta können entkommen, mit der Beute der Gangster. Fortan wird das Paar von der Polizei gesucht, von den Gangstern verfolgt, und Rosetta, die ihre Brille verloren hat, ahnt nicht, dass Leo nicht der strahlende Held ist, den sie sich in ihrer Phantasie ausmalt.

 

Oder ist er das etwa doch?

Review

Einigen wir uns bitte darauf, dass ich den westdeutschen Kinotitel TOTAL IRRE ignoriere und den passenderen DDR-Titel BONNIE UND CLYDE AUF ITALIENISCH verwende, der obendrein eher dem Originaltitel entspricht. 

 

BONNIE UND CLYDE AUF ITALIENISCH ist eines der gelungensten und somit schönsten Beiträge der italienischen Komödie der 80er, nicht mehr nicht weniger. Zu Anfang scheut sich Regisseur Stefano Vanzina nicht, seinen männlichen Hauptcharakter, gespielt von Komiker Paolo Villaggio, mit ein paar Referenzen an dessen bekannteste Figur Fantozzi einzuführen. Leo, wie er morgens aufsteht und erst ein Lastwagen ihm Schlamm durch Fenster spritzt, veredelt von einem schiffenden Hund, dann ein Fehlversuch, den Bus in die Stadt zu erwischen, diese Szenarien kennt man aus den Fantozzi-Filmen. Aber Leo ist kein Fantozzi, denn Leo ist kein Verlierer, sondern ein Gewinner - auch wenn er noch nichts davon ahnt und es für den Zuschauer keineswegs danach aussieht.

 

Rosetta ist hübsch, aber bedingt durch ihre starke Kurzsichtigkeit ein Pechvogel. Dieses Pech ereilt sie selbst aber auch andere, die ihr zu nahe kommen. Mit Männern hat sie Pech, denn sie ist äußerst hübsch, und wird deshalb von ihren Verehrern nur als Objekt betrachtet. Dieses Detail hilft dabei, dem Zuschauer die Figur glaubhaft zu machen, denn es wäre schwierig gewesen, die schöne Ornella Muti ausschließlich als Mauerblümchen zu präsentieren. So sehr könnte man sie optisch gar nicht verunstalten.

 

Nachdem diese zwei Charaktere aufgebaut sind, folgt ein Feuerwerk an Verwicklungen, die man mit Murphys Law umschreiben kann. Immer wenn die beiden denken, es könne noch schlimmer nicht werden, steigern sich die Unannehmlichkeiten – beginnend mit dem Banküberfall, bei dem sie als Geiseln genommen werden – immer weiter. Rosetta stolpert halbblind durch die Geschehnisse, vertraut aber auf Leo, der ihre Sehschwäche nutzt, um sich als Held zu präsentieren. Das macht er nicht auf überhebliche Weise, sondern auf charmant-bescheidene Art, die seinem schüchternen Naturell entspricht. Sein größtes Problem ist freilich sein Aussehen (klein, dicklich, Spätlese), und so versucht er zu verhindern, dass Rosetta allzu schnell an eine brauchbare Sehhilfe kommt.

 

Als sie kaum noch weiter wissen, tritt ein vermeintlicher Gangster (Jean Sorel) mit einem geplanten Coup an sie heran. Doch die Dinge sind nicht so, wie sie scheinen. Eine Auflösung ist schon bald in Sicht, und Rosettas Sehschwäche erweist sich schließlich als Glücksfall, denn nur so konnte sie – ohne von Äußerlichkeiten beeinflusst zu werden - Leos wahre und liebenswerte Natur entdecken. Für den (unansehnlichen) Kinozuschauer wird ein Traum wahr: Ornella Muti könnte sich auch in DICH verlieben.

 

BONNIE UND CLYDE AUF ITALIENISCH ist sehr temporeich und hat vielen italienischen 80er-Komödien eines voraus: er wirkt nicht billig. Die Filmmusik stammt von Guido und Maurizio de Angelis, ebenso die Musik für Bonnie Biancos Song „Rhapsody“, der uns durch den Film begleitet. Der Text für diesen stammt von Susan Duncan-Smith. 

 

Zum ersten Mal habe ich BONNIE UND CLYDE AUF ITALIENISCH beim Terza Visione – 7. Festival des italienischen Genrefilms (Schauburg Karlsruhe, 25.-29.08.2021) gesehen, mit deutscher Synchronisation. Diese fügt dem Film ein amüsantes Element hinzu: wenn Leo irgendwelche Missgeschicke erleidet, ertönt aus dem Off seine Stimme mit einem „Darüber lacht doch keiner“. Das ist saukomisch, im italienischen Original ist allerdings nichts Vergleichbares zu finden.

 

BONNIE UND CLYDE AUF ITALIENISCH ist wirklich ein Spaßfeuerwerk und eine anständige deutsche Heimveröffentlichung längst überfällig. In der Originalfassung wird Jean Sorel von Giancarlo Prete gesprochen.

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