Der Clan der Killer

Italien | Spanien, 1973

Originaltitel:

Ricco

Alternativtitel:

Un tipo con una faccia strana ti cerca per ucciderti (ITA)

Ajuste de cuentas (ESP)

Gangland (USA)

Ricco the Mean Machine (USA)

The Cauldron of Death (USA)

The Dirty Mob

Mean Machine

Deutsche Erstaufführung:

10. Mai 1974

Regisseur:

Tulio Demicheli

Inhalt

Nach zwei Jahren hinter schwedischen Gardinen will Rico Aversi (Christopher Mitchum) eigentlich seine wiedergewonnene Freiheit genießen. Doch seine kränkliche Mutter Conchetta Aversi (Paola Senatore) fordert von ihm, endlich seinen Mann zu stehen, was konkret heißt, seinen Erzeuger zu rächen. Der alte Herr, Mafiaboss Gaspare Aversi (Luis Induni), wurde nämlich von Verrätern in einen Hinterhalt gelockt und mit kiloweise Blei vollgepumpt. Aber erst als er vom alten Fälscher Guiseppe Calogero (Angel Alvarez) erfährt, dass Don Vito (Arthur Kennedy), der Strippenzieher hinter dem Mord, seine alte Flamme Rosa (Malisa Longo) für sich vereinnahmt hat, ist er gewillt, gegen den brutalen Gangster und sein Syndikat vorzugehen. Zusammen mit Calogeros Nichte Scilla (Barbara Bouchet) spuckt er dem Paten in die Suppe, um ihn aus der Deckung zu locken. Doch den skrupellosen wie sadistischen Don Vito zu reizen, ist ein gefährliches Spiel...

Review

"Der Clan der Killer" aka "Ricco the Mean Machine" von Tulio Demicheli ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich der südeuropäische Gangsterfilm im Zuge des Übergangs vom Italo-Western zum Poliziesco als vorherrschendes Genre-Kino weiterentwickelt hat. Schon Ende der 60er machten sich vor allem die Kriminalfilme, die komplett im Unterwelt-Milieu angesiedelt waren, verschiedene Western-Motive zunutze und reicherten das Ganze mit einer gehörigen Portion filmischer Gewalt an - siehe bspw. Alfio Caltabianos "Hölle vor dem Tod" oder Duccio Tessaris "Der Bastard" (beide aus dem Jahre 1968), in denen neben exzessiver Waffengewalt auch grafische Folterszenen Einzug hielten. Am Ende dieser Progression stand zweifelsohne Lucio Fulcis berühmt-berüchtigter "Das Syndikat des Grauens" (1980), der ungeniert und in großer Anzahl, fast schon surreal anmutender Splatter-F/X in die Action-Szenen integrierte. In der Blütezeit des Poliziesco, Mitte der 70er-Jahre, gab es schon Filme wie "Die Rache des Paten" (1974) von Andrea Bianchi, in dem wir mit einer zwecks Unterbringung von Schmuggelgut komplett ausgenommene Kinderleiche konfrontiert werden und einer Sex/Vergewaltigungs-Szene (die Abgrenzung wird hier nie ganz klar) zwischen Henry Silva und Barbara Bouchet beiwohnen, in der er sie zuerst verprügelt und danach ihr Gesicht während des analen Sexaktes in eine Schweinehälfte drückt. Eine solche Erniedrigung blieb Barbara Bouchet im Jahr zuvor in Der Clan der Killer nun erspart, trotzdem geizt auch dieser Vertreter nicht mit brutaler, teils extrem sadistischer Gewalt.

 

Der eigentliche Plot dieses Crime-Exploiters dreht sich hauptsächlich darum, dass Ricco, zunächst widerwillig, mittels Guerilla-Methoden einen Kleinkrieg gegen Don Vito und seine Organisation führt, indem er u.a. den Geldfluss erheblich stört. Natürlich versucht er auch, Rosa aus den Klauen des verhassten Paten zu befreien. Dabei muss er leider einsehen, dass sie längst verloren ist; und er nimmt sich schließlich der willigen Scilla an. Tatsächlich resigniert die liebe Frau spätestens nach diesem Wiedersehen mit Ricco und nimmt allmählich immer mehr Charakterzüge ihres Peinigers an. So verführt sie im Verlauf der Geschichte ihren Aufpasser, der dafür zuerst mit seiner Männlichkeit und dann seinem Leben bezahlen muss. Überhaupt vermischt Demicheli immer gerne Sex mit Gewalt, wenn Don Vito etwa zwei Laufburschen bestraft, die sich von einer nackten Scilla haben ablenken lassen. Er lässt Porno-Poster an die Wände kleben und die Köpfe der beiden armen Tölpel dagegen schlagen. Warum der Don aber nicht in der Lage scheint, sich des rächenden Ricco schon früher anzunehmen, wird wohl sein Geheimnis bleiben.

 

Dramaturgisch gestaltet sich die ganze Angelegenheit etwas holprig, das Script lässt einige Fragen offen (und zwar ungefähr deckungsgleich mit dem Thomas-Jane-Punisher, der tatsächlich eine sehr ähnliche Story beackert). Die Herren Nardo (Der Bastard, Django - Die Nacht der langen Messer, Five Dolls for an August Moon) und Maesso (Django, Die Grausamen, My Dear Killer) konnten ihren Western-Hintergrund kaum verleugnen, dafür war ihr Mittäter Santiago Moncada ein ausgesprochener Exploitation-Spezialist (Die Farben der Nacht, Hatchet for the Honeymoon, Todesmarsch der Bestien). Vielleicht sollten die wirklich groben Gewaltszenen ein wenig die Löcher, die die Story durchziehen, kaschieren. Der Argentinier Tulio Demicheli (Dracula jagt Frankenstein, The Two Faces of Fear) war dazu auch kein ausgemachter Feingeist, treibt den Plot aber einigermaßen flott voran. Die Action-Szenen sind durchaus solide. Bei den mehrfach erwähnten Gewaltspitzen hält er zwar voll drauf, achtet aber gleichzeitig darauf, dass die Effektarbeit nicht zu offensichtlich durchschaut werden kann.

 

Mit dem damals noch jungen Chris Mitchum habe ich (so auch in Summertime Killer) ein paar Probleme, da der sanfmütig erscheinende Blondschopf nicht immer zu überzeugen weiß. Hier brauchte es erst eine zweite und dann sogar noch eine dritte Sichtung, bis ich damit meinen Frieden machte, ihn hier eine Wandlung vom verhätschelten Sonnyboy und Einzelkind zu einem verbitterten und skrupellosen Mann durchgehen zu lassen. Ganz anders sieht die Sache freilich bei Barbara Bouchet (Milano Kaliber 9, Die Rache des Paten) aus, denn sie scheint für genau solche Rollen geboren worden zu sein. Mit ihrer unbekümmerten Art bringt seine eine ordentliche Portion Frivolität ins Geschehen, da schaut man gerne zu. Einen guten Eindruck vermag auch Malisa Longo (Opium-Connection, Krieg der Roboter) als gefallener Engel Rosa zu hinterlassen. Wirkt sie anfangs noch verschüchtert und zerbrechlich, bahnt sich in ihrer Rosa eine verruchte und eiskalte Verführerin den Weg nach außen, was sie überzeugend rüberbringt. Als Dreingabe gibt es noch Paola Senatore (The Killer Reserved Nine Seats, Lebendig gefressen) zu sehen, deren Rolle aber kein Gewicht hat. Hollywood-Import Arthur Kennedy (Das Leichenhaus der lebenden Toten, Die Viper) ist unter seinem ungewohnten Schnauzer als gnadenloser Pate Don Vito beinahe durchgehend schlecht gelaunt. Er kommt dabei als echter Widerling rüber und ich hege keinen Zweifel daran, dass er keine besondere Motivation brauchte, um sich hierfür in Stimmung zu bringen.

 

Die Moral von der Geschicht' ist also, dass Ricco in der Beschreitung seines vorbestimmten Weges der Rache alles und jeden mit sich in den Abgrund reißt. Demichelis Moritat ist gespickt mit allerlei Grausamkeiten, und gerade die Verbindung von Sex und Gewalt erinnert dabei oft an Maestro Fulci (auch wenn es bei dem immer die Frauen sind, die büßen müssen). Das ist natürlich hochgradig spekulativ, doch erzielt er durch einen ständigen Wechsel der Stimmungen im Film, der zwischendrin auch durchaus mal locker und frivol daherkommt, eine nicht zu leugnende unangenehme Anspannung, die die Entladung in den teils sadistischen Schockmomenten noch intensiver wirken lässt. Der exploitative Charakter dieses brutalen Crime-Dramas lässt sich dadurch trotzdem kaum leugnen, gerade weil es mit der internen Logik des Öfteren mal hapert. Der Film ist auf alle Fälle flott genug inszeniert, von genügend schönen (und teils nackten) Frauen bevölkert und auch mit mehr als nur einer guten Schippe brutal-blutiger Elemente ausgestattet, um den Italo-Fan Wohlgefallen zu sein.

Veröffentlichungen

Die deutsche DVD des Films wurde 2013 von filmArt/Motion Picture veröffentlicht. Die Qualität ist okay, bei einem solchen Exploiter ist man aber schon froh, ihn überhaupt ungeschnitten und im Originalformat erwerben zu können. Die deutsche Tonspur misst eine Menge Dialog, über den Daumen gepeilt ganze 15-20 Minuten. Hier springt dann die englische Tonspur ein. Das kann mit der Zeit ein wenig nerven, aber wie gesagt: krasser Film, nice to have.

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