An einem Freitag um halb zwölf...

Frankreich | Deutschland | Italien, 1961

Originaltitel:

An einem Freitag um halb zwölf...

Alternativtitel:

Vendredi 13 heures (FRA)

Il mondo nella mia tasca (ITA)

Atraco audaz (ESP)

El mundo en mi mano (ESP)

The World in My Pocket (USA)

On Friday at Eleven

Deutsche Erstaufführung:

16. Februar 1961

Regisseur:

Alvin Rakoff

Drehbuch:

Frank Harvey

Inhalt

Frank Morgan (Rod Steiger) berichtet seinen Gangster-Kollegen Bleck (Peter van Eyck), Gypo (Jean Servais) und Kitson (Ian Bannen) von einem minutiös ausgearbeiteten Plan, in dem es darum geht, einen gepanzerten Geldtransporter zu überfallen. In der Summe wird es um rund eine Millionen US-Dollar gehen. Mit von der Partie soll zusätzlich Morgans attraktive Freundin Ginny (Nadja Tiller) sein. Nach anfänglicher Skepsis lassen sich die Männer von dem Plan überzeugen und man beginnt mit den Vorbereitungen. Noch ahnt keiner der Kriminellen, dass sich der Coup, der an einem Freitag um halb 12 stattfinden soll, als eine Verkettung von widrigen Umständen und Fehlkalkulationen herausstellen wird...

Autor

Prisma

Review

»Wollen wir uns eine Millionen Dollar verdienen?« Eine derartige Frage würde sicherlich jeden hellhörig werden lassen, so auch die vier Männer rund um den kleinen Spieltisch, deren Einsätze lediglich Peanuts sind. Der Einstieg in Alvin Rakoffs im Jahr 1961 entstandenen Kriminalfilm lässt ab der ersten Minute keinen Zweifel daran entstehen, wohin die Reise hier letztlich gehen wird, jedoch wirft ein Blick auf die beteiligten Personen erhebliche Zweifel über das Gelingen des anvisierten Coups auf, denn immerhin wird der Eindruck eines Schnellschusses oder einer Schnapsidee erweckt, wenngleich alles durchgeplant zu sein scheint. Schnell wird der Zuschauer eines Besseren belehrt, denn der Ideengeber behauptet zu wissen, wovon er spricht. Die Überraschung wird allerdings erst perfekt, als sich eine weitere, resolute Drahtzieherin des Plans vorstellt. Es ist mehr als interessant, dass die Geschichte eine Frau in einen derartigen Fokus rückt, denn der sicherlich gut durchdachte Plan wird aufgrund ihrer Attraktivität und ihres forschen Auftretens weniger kritisch hinterfragt, als es vielleicht unter normalen Umständen der Fall gewesen wäre. Dem Zuseher wird die Durchführung des Überfalls auf einen gepanzerten Geldtransporter schon vor der Tat vor Augen geführt, während einer der Männer ihn aus dem Off kommentiert. Verbrechen, die sich mit Raub befassen, stehen und fallen naturgemäß mit einer minutiös ausgearbeiteten Handhabe, und über diesen Zusammenhang wird die Grundspannung des Films stilsicher aufgebaut. Die vier Männer und ihre femme fatale zeigen schnell ihre wahren Gesichter und dass sie im Zweifelsfall nicht zimperlich agieren. Das Ganoven-Quintett besteht aus sehr unterschiedlichen Charakteren, die zusammen eine explosive Mischung ergeben, da Aggressivität, Impulsivität, Abgebrühtheit, Nervosität und Überheblichkeit fatale Allianzen eingehen werden. Ist das Vorhaben also im Vorfeld zum Scheitern verurteilt? Zu Beginn ist diese Frage kaum zu beantworten, da die Reibungslosigkeit das Regiment führt.

 

Vier Männer und eine Frau begeben sich in eine Zweckheirat, in der Loyalität keine Rolle zu spielen scheint, denn beinahe jeder scheint nur seine persönlichen Belange vor Augen zu haben. Man arrangiert sich, funktioniert zusammen und kennt sich, doch es sind zunächst nur wenige Verbindlichkeiten zu erkennen, was den kompletten Plan bereits im Vorfeld auf eine harte Probe stellt. Der gebürtige Kanadier Alvin Rakoff staffiert seinen klassischen Gangster-Film mit Hochglanz aus, und das in so gut wie jeder erdenklichen Beziehung. Imposante Bilder und beeindruckende Leistungen der Interpreten sorgen für formvollendete Momente, die von Anfang bis Ende stets neue Facetten zu bekommen scheinen. Überhaupt ist der Ideenreichtum in einem über die Jahre stark abgegrasten Genre sehr bemerkenswert, und es kann jetzt schon erwähnt werden, dass diese Drei-Länder-Kollaboration bestimmt einen höheren Bekanntheitsgrad verdient hätte, als es der Fall ist. Aufbau und Struktur der Ausarbeitung sorgen trotz eines phasenweise ruhigen Verlaufs für eine solide Spannung, bis sich die Geschichte innerhalb all ihrer Fehlkalkulationen empfindlich zuspitzen kann. In dieser Hinsicht nimmt die Schere zwischen Theorie und Praxis besonders raffinierte Formen an, sodass kaum eine Komponente des Vorhabens so funktionieren will, wie es im Vorfeld angedacht war. Bei der Schilderung sind es mitunter Sekunden, die die Variabilität und den Ideenreichtum der Gauner auf harte Proben stellen. Zahlreiche gedankliche und praktische Kehrtwendungen sorgen in Phasen, in denen der Coup über die Bühne gehen soll, für ein hochdosiertes Tempo. Da man die Lückenlosigkeit gleich zu Beginn in Einblendungen sehen konnte, stellt sich schnell heraus, dass die Phantasie der Beteiligten wohl zu abenteuerliche Blüten getrieben hatte. Die Hauptpersonen und gleichzeitig vollkommen unterschiedlichen Charaktere des Unternehmens Geldtransporter trumpfen hervorragend und dynamisch auf.

 

Vor allem Nadja Tiller spielt sich aus ihrem vom bundesdeutschen Film fabrizierten Klischee hinaus. Zwar beugt sich ihr Einsatz dem großen Schlagwort Femme fatale, doch es kommt zu zahlreichen Finessen, die nicht unbedingt vorherzusehen waren. Ihr hübscher Kopf liefert Ideen für das ganze Unterfangen, sodass ihr anfängliches Auftreten betont kaltschnäuzig und tough wirkt; immerhin hat sie sich in einer von gängigen Klischees gefangenen Herrenrunde zu behaupten. Einige von Tillers Szenen transportieren etwas Brachiales, was sich im Verlauf aber nur als Anstrich herausstellen wird, da über allem der große Wunsch nach einem sorgenfreien Leben steht. Außerdem nimmt man das unausgesprochene Verlangen nach Anerkennung wahr, was sich aber als Seifenblase herausstellen muss, da zu viele externe und sogar interne Widerstände herrschen. Eine ausgelassen und vollkommen ernsthaft aufspielende Nadja Tiller wirkt unter Rakoff wie eine gefährliche Waffe, die angesichts der vielen Störungen innerhalb des Plans jedoch so erscheint, als habe sie keine Munition zur Verfügung. Den unmittelbaren Kreis des Verbrechens bilden renommierte Schauspieler, mit deren Hilfe sich ganz natürliche Unterschiede und Handlungsspielräume aufbauen lassen. Peter van Eyck gibt sich in vielen Szenen etwa so, als sei er der Wolf, der Kreide gefressen hat; gehört folglich zu den vielen unsicheren Komponenten innerhalb der Gangster-Crew. Dem Empfinden nach gibt es für ihn nur einen Nächsten - und zwar sich selbst. Sicherlich ist er der Schönheit seiner Kollegin nicht abgeneigt, vielleicht sogar aufgesessen, und es kommt zu dem Anschein, dass ihre Kratzbürstigkeit seinen Jagdtrieb nur noch mehr anfeuert, doch unterm Strich kennt er keine Verbündeten oder gar Freunde. Über die Jahre war der Deutsche in unterschiedlichsten Einsatzgebieten zu bestaunen, sodass es sich auch hier als wahrer Glücksgriff herausstellt, ihn mit auf diesem sinkenden Schiff zu haben. Seine Kollegen aus Frankreich und den Vereinigten Staaten stehen dieser hochwertigen Leistung in nichts nach.

 

Großer Vorteil dieser Konstellation sind die breit ausgearbeiteten Differenzen: Aggressivität trifft auf Diplomatie oder Nervosität auf Nerven aus Stahl. Interessant ist die Tatsache, dass der ausgearbeitete Plan möglicherweise hätte viel besser funktionieren können, wenn sich nicht so viele innere Reibereien und verschiedene Herangehensweisen aufgetan hätten. Jean Servais und Rod Steiger interpretieren hierbei alte Hasen, denen die Erfahrung nicht nur Bestätigung gibt, sondern auch Sicherheit. Ganz anders sieht es bei dem wesentlich jüngeren Ian Bannen aus, der sich hin und wieder fast als Nervenbündel zeigt, weil er die meisten Wasserträger-Arbeiten auferlegt bekommt. Im Endeffekt fußt die hohe Glaubwürdigkeit auf all diesen charakterlichen Feinheiten und deren sorgsamer Ausarbeitung, damit sich die spannende Geschichte noch besser entfalten kann. In diesem Zusammenhang kann daher betont werden, dass Alvin Rakoffs Konzept vollkommen aufgeht und es wie eine Ironie des Schicksals wirkt, dass die größten Schwierigkeiten sich am leichtesten lösen lassen, man schlussendlich aber beinahe von einem neugierigen Kind zur Strecke gebracht wird. Die entstandene Hetzjagd nach dem Coup wartet mit vielen rasanten Szenen auf und es ist eine Freude, die herrliche Landschaft als unschuldigen Kriegsschauplatz zu sehen. Der Verlauf hat bei so viel potentieller Explosivität nicht ohne eine merklich tragische Komponente auszukommen, die dieser Story erstaunlich gut stehen will. Auch der sehr unscheinbar klingende und in seiner Aussage beinahe pragmatisch klingende Titel "An einem Freitag um halb zwölf..." weist von Anfang an darauf hin, dass man sich auf Überraschungen fernab des durchgezogenen Raubes gefasst machen darf. Im Dunstkreis der über die Jahre entstandenen Produktionen dieses Strickmusters ist Regisseur Alvin Rakoff ein Coup gelungen, der im Endeffekt wesentlich erfolgversprechender abläuft, als der, auf den die Geschichte letztlich hinaus will. So bleibt nach dieser rasanten Geschichte nur zu sagen, dass sich das Anschauen in jeder erdenklichen Hinsicht lohnt.

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