Nadie debe saber (ESP)
Pietro Rusconi (Roger Fritz), ein aufstrebender Bauingenieur aus Mailand, soll im Auftrag seines Onkels Giovanni (Claudio Gora), dem Eigentümer des mächtigen Bauunternehmens "Mondial Strade", in Kalabrien den Bau eines größeren Autobahnteilabschnitts leiten. Kaum in der kalabrischen Einöde angekommen, macht sich Pietro zunächst mit der für ihn ungewohnten Umgebung vertraut und trifft dabei auch sogleich auf die wichtigsten Personen der beschaulichen Ortschaft: Neben dem zuständigen Bauleiter Meneghini (Corrado Olmi) lernt er gleich an seinem ersten Tag auch noch den undurchsichtigen Landvermesser Mario Cuturi (Antonello Campodifiori), den ortsansässigen Bürgermeister Don Cesare (Adolfo Lastretti), den rückgratlosen Bankdirektor Petrulli (Carlo Bagno) und dessen reizende Tochter Maria Petrulli (Stefania Casini) kennen, in die sich der adrette Bauingenieur auch sogleich vom Fleck weg verschießt.
Und bereits am darauffolgenden Tag muss der arglose Pietro dann auch schon völlig unfreiwillig seine ersten Erfahrungen mit den etwas ungesetzmäßigen Gepflogenheiten der ländlichen Provinzmetropole machen, da er in Folge eines öffentlichen Ausschreibeverfahrens zwar ein ordnungsgemäßes und zugleich preisgünstiges Angebot des auswärtigen Geschwisterpaars Cosenza (Gianni Ottaviani und Giuseppe Scarcella) unterbreitet bekam, das er dann aber wiederum gemäß den strengen Vorgaben seines Onkels ignorieren soll, da dieser den Zuschlag bereits unter der Hand an das ortsansässige Unternehmen "Substrade" vergeben hat, bei dem schließlich der hochrangige Mafiosi Don Nico Crifodo (Renato Baldini) im Geheimen die Strippen zieht. Da sich Pietro aber keinesfalls an den korrupten Machenschaften seines sauberen Herrn Onkels beteiligen möchte, nimmt er das bereits vorliegende Angebot der beiden Geschwister an, woraufhin auch schon im nächsten Augenblick deren Wagen von unbekannter Hand in die Luft gejagt wird.
Obwohl sich der resignierte Ingenieur infolge dieses lebensbedrohlichen Einschüchterungsversuchs wohl oder übel dem unrechtsmäßigen Willen seines Onkels beugt und Don Crifodo und seiner "Substrade" den Zuschlag an dem Bauauftrag verschafft, nimmt der organisierte Terror im Umfeld des Autobahnbaus immer noch kein Ende, da eines schönes Abends ein weiteres Bombenattentat auf der Baustelle des jungen Ingenieurs von Statten geht, bei dem dann auch noch ein unschuldiger Bauarbeiter sein Leben lassen muss. Gemeinsam mit dem zuständigen Kommissar beginnt Pietro daraufhin einen unermüdlichen Ermittlungsfeldzug gegen das mafiöse Machtgeflecht aus Korruption, Unterdrückung und Gewalt, wodurch aber auch er über kurz oder lang in das Visier der mächtigen Verbrechersyndikate gerät. Wird es den beiden selbsternannten Mafiajägern gelingen, die kriminellen Machenschaften des über allen Verdacht erhabenen Don Crifodos aufzudecken oder wird sich auch Pietro letztendlich zu einem unschuldigen Opfer des übermächtigen Mafiasystems wandeln.
"Man kann nicht immer nur den Kopf in den Sand stecken. Ich finde, es geht uns alle an!"
So lautet dann auch das vermeintliche Credo des rechtschaffenden Ingenieurs Rusconi in diesem Film, obwohl er aber im weiteren Verlauf immer stärker an seinen eigenen Worten zu zweifeln beginnt, denn ganz so einfach ist das Einhalten dieser ehrenwerten Haltung in der Praxis dann wiederum nicht, erst recht, wenn plötzlich das eigene Leben dafür auf dem Spiel steht. Regisseur Mario Landi ist es dabei zweifelsfrei gelungen, dass in der süditalienischen Provinz vorherrschende Klima des Misstrauens und der Angst hervorragend einzufangen, wodurch die gesamte Inszenierung wiederum sehr bedrückend wirkt und von ihrer hoffnungslosen Grundstimmung sogar ein wenig an Gianfranco Mingozzis DIE MAFIA-STORY zu erinnern vermag. Angesichts Mario Landis späteren Filmschoten wie z.B. GIALLO A VENEZIA oder PATRICK LEBT erscheint es schon etwas verwunderlich, dass sich seine Arbeiten fürs italienische TV im Vergleich zu seinen späteren Filmproduktionen fürs Kino erheblich unterscheiden, denn BLUTIGE STRASSE stellt zweifelsfrei sowohl eine hochwertige, als auch äußerst spannende Serienproduktion dar, die nicht nur hervorragend inszeniert wurde, sondern auch aufgrund der beeindruckenden Bilder des renommierten Kameramanns Erico Menczer (DIE NACKTE UND DER KARDINAL, DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE, KNALLT DAS MONSTRUM AUF DIE TITELSEITE!) besticht. Dabei begann die Karriere des 1922 in Rom geborenen Mario Landis zunächst beim damals noch recht neuen Medium "Fernsehen", indem er für die RAI zahlreiche TV Serien inszenierte und sich dadurch einen Namen machen konnte. Vereinzelte Ausflüge in die Welt des Kino fanden zu jener Zeit aber auch bereits schon statt, wobei sich Landi in seinen ersten Jahren eher den handfesten Dramen widmete, bevor er dann ab Mitte der 70er zur Inszenierung schwer obskurer Horrorschundwerke umschwenkte.
Bei "Nessuno deve sapere" (was im Deutschen in etwa soviel heißt: “Niemand darf es wissen”) handelt es sich um eine deutsch-italienisch co-produzierte TV-Mini-Serie, die in Zusammenarbeit der RAI Radiotelevisione Italiana, der Taurus Filmgesellschaft und dem Westdeutschen Rundfunk entstand. In Deutschland feierte die Serie ihre TV-Premiere im Rahmen eines Vierteilers am 14.01.1972 beim WDR , wohingegen sie in Italien erstmals am 13.03.1973 als sechsteilige Serie über die Mattscheiben flimmerte. Beide Fassungen weisen aber eine identische Gesamtlaufzeit auf, da lediglich die einzelnen Episoden der Mini-Serie in den jeweiligen Ländern unterschiedliche Laufzeiten zugesprochen bekamen.
Als Hauptdarsteller wurde von dem multinationalen Produzententeam treffenderweise der deutsche Schauspieler, Fotograf und Filmemacher Roger Fritz (ZUCKERBROT & PEITSCHE, JET GENERATION - WIE MÄDCHEN HEUTE MÄNNER LIEBEN, EXZESS - MORD IM SCHWARZEN CADILLAC) auserkoren, der dann auch sogleich die Darbietung des in der ländlichen Einöde Kalabriens gestrandeten Bauingenieurs Pietro Rusconi mit voller Bravour erfüllt. Multitalent Roger Fritz verschlägt es also in diesem Fall als großstädtischer Bauingenieur in eine abgelegene Region Süditaliens, in der dann eine allgegenwärtige Atmosphäre des Misstrauens vorherrscht und die Uhren der Zeit irgendwie ganz anders zu ticken scheinen, denn das organisierte Verbrechen schläft hier nie und scheint somit allgegenwärtig zu sein. Vielleicht liegt es aber auch nur an der beschaulichen Lebensstruktur der einfachen Landbevölkerung, wodurch sowohl die subtilen Machenschaften der mafiösen Vereinigungen, als auch die korrupten Ausmaße ihrer unehrenwerten Geschäftspraktikten viel erheblicher wirken, als es schließlich im Rahmen des täglichen Treibens der Großstadt zu erscheinen vermag. Denn hier in der ländlichen Provinz Kalabriens stehen Sprengstoffanschläge und sinnlose Bluttaten an der Tagesordnung, die im Vergleich zur urbanen Lebenswelt weitaus offensichtlicher von Statten gehen. Im weiteren Filmverlauf kommt es dann auch noch zu einer rührenden Kindesentführung, die zugleich eine der Sympatischsten ihrer Art verkörpert. Ansonsten werden dem Betrachter durchwegs beeindruckende Landschaftsaufnahmen geboten, obwohl die kalabrische Provinz stellenweise auch etwas karg und trostlos anmutet. Einzig und allein der neumodische und zudem ritzeblaue 1971er “Maserati Indy” möchte hier irgendwie nicht so richtig ins Panoramabild passen, da dieser im Rahmen der einfachen Landbevölkerung wie ein regelrechtes Fremdobjekt wirkt.
Die Bewohner der kalabrischen Landmetropole entpuppen sich dabei nicht nur als sehr einfache und äußerst schweigsame Bürger, deren höchstes Gut der Erhalt des eigenen Lebens darstellt, sondern halten auch noch unabdingbar an ihren altgedienten Traditionen fest, was wiederum das Zustandekommen einer von beiden Seiten erwünschten Liebesbeziehung zwischen der jungen Bankdirektorentochter Maria Petrulli und dem fechen Herrn Ingenieur als vermeintlich aussichtslos erscheinen lässt.
Somit wären wir auch schon bei der reizenden Stefania Casini (HARLEY RIDERS - SIE KANNTEN KEIN ERBARMEN, SUSPIRIA, BLUTIGER SCHATTEN) angelangt, die in der Rolle der Bankdirektorentochter dem Herrn Fritz zwar auf Anhieb den Kopf verdreht, aber einer gemeinsamen Liebe aufgrund der äußeren Bedingungen keinerlei Chancen einräumt. Trotz der ausweglosen Situation bleibt Stefania durchwegs tapfer, sogar als sich Konkurrenz in Form der exzentrisch veranlagten Diana breit macht, die eines schönes Tages völlig unerwartet ihrem sehr gut befreundeten Ingenieur einen mehrtägigen Besuch abstattet. Die Rolle der nervigen Diana wird hierbei übrigens von der Darstellerin Gaia Germani (MIKE MURPHY 077 GEGEN YPOTRON, MISTER X, THE DEVIL IN THE BRAIN) gespielt.
Dann hätten wir auch noch den eifersüchtigen Landvermesser Mario Cuturi, der im vorliegenden Fall von dem Kurzzeitdarsteller Antonello Campodifiori verkörpert wird, denn neben seinem überzeugenden Auftritt in BLUTIGE STERASSE trat er lediglich nur noch ein einziges mal bei Lucio Fulcis DON'T TORTURE A DUCKLING in Erscheinung. Ferner können aber auch noch weitere Beteiligungen namhafter Darsteller verkündet werden: Corrado Olmi (DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE, VIER FLIEGEN AUF GRAUEM SAMT, MANHUNT IN THE CITY) verkörpert z.B. den etwas flatterigen Bauleiter Meneghini, wohingegen Adolfo Lastretti (DER CLAN DER SEINE FEINDE LEBENDIG EINMAUERT, SPASMO, DIE KILLER-MEUTE) den Bürgermneister der kalabrischen Region mimt. Als nächstes hätten wir mit Claudio Gora (GEFAHR: DIABOLIK, DIE WEIßE MAFIA, DER UNERBITTLICHE VOLLSTRECKER) einen Schauspielveteran des Genrefilms am Start, der in der Rolle des unternehmerisch veranlagten Onkels kurz mal “Hallo” sagt. Darüberhinaus ließ es sich auch Regisseuer Mario Landi nicht nehmen, in Teil 2 als Arzt verkleidet auf einen mehrsekündigen Kurzbesuch im Krankenhaus vorbei zu schauen. Zu guter Letzt geben sich dann auch noch Renato Baldini (DÄMONEN AUS DEM ALL, BLONDE KÖDER FÜR DEN MÖRDER, MORD EXCLUSIV) und Salvo Randone (ERMITTLUNGEN GEGEN EINEN ÜBER JEDEN VERDACHT ERHABENEN BÜRGER, DIE ARBEITERKLASSE KOMMT INS PARADIES, MORDANKLAGE GEGEN EINEN STUDENTEN) als Vertreter der Mafiapaten die Ehre, wobei Randone den Ober Don Sante Badalamessa und Baldini seinen ehemaligen Stellvertreter und jetzigen Rivalen Don Nico Crifodo verkörpert.
Die mitreissende Filmmusik stammt von keinem geringeren als dem Maestro selbst und beinhaltet neben zahlreichen suspenslastigen Kompositionen auch das erstklassige Musikstück "Svolta Definitiva" aus Sergio Sollimas Film BRUTALE STADT, mit welchem dann die Serie auch sogleich eröffnet wird.
Fazit: Ein spannungsgeladenes Serien-Highlight, das unter die Haut geht.
In unseren Breitengraden wurde dieser erstklassige Vierteiler bereits 2012 von Pidax Film auf DVD veröffentlicht, wobei die Auflage mittlerweile vergriffen zu sein scheint.
Laufzeiten der einzelnen Episoden:
1. Teil: 61:10 min.
2. Teil: 81:40 min.
3. Teil: 59:29 min.
4. Teil: 78:37 min.
Die hochwertige Synchronfassung wurde übrigens von der Speerspitze der deutschen Synchronsprecherriege eingesprochen und rundet somit das gelungene Filmvergnügen vollends ab.
Neuste Kommentare
Simon
24. Februar, 2024 | #
Hallo.
Wenn ich den Film im O-Ton schauen möchte, verstehe ich es richtig, dass die Originalsprache Englisch ist, obwohl es sich um...
KLAUS SCHMITZ
12. Februar, 2024 | #
ICH SUCHE DIESEN FILM UND MÖCHTE IN UNBEDINGT NOCH EINMAL SEHEN-BIN EIN RIESEN FAN
Angela
06. April, 2023 | #
Ich wollte fragen ob man diesen Film,,Inzest ,,auch als DVD kaufen kann. Liebe Grüße
DF
15. Januar, 2023 | #
Wenn ich fragen darf, wo gibt es eine Kopie des Films? Irgendwelche Online-Ressourcen?
André
26. Dezember, 2022 | #
Ich suche den schon länger vergeblich. Gibt es irgendeine Möglichkeit, den auf DVD zu bekommen?
Gerald Kuklisnki
19. Dezember, 2022 | #
Inzwischen gibt es eine französische Blu-ray von Pulse. Die Disk enthält "Je brule de partout" in Französisch mit englischen...