The Other Hell

Italien, 1981

Originaltitel:

L'altro inferno

Alternativtitel:

Terror en el convento (ESP)

L'autre enfer (FRA)

Le couvent infernal (FRA)

Guardian of Hell (USA)

The Presence

Regisseur:

Bruno Mattei

Musik:

Goblin

Inhalt

Innerhalb den düsteren Mauern eines Frauenkonvents scheint der Teufel umzugehen. Immer mehr Nonnen verlieren Verstand oder Leben oder beides. Ein junger Priester wird ausgesandt, um die mysteriösen Todesfälle in dem Kloster aufzuklären. Bald muss er herausfinden, dass hier tatsächlich eine übernatürliche Macht am Werke ist. Und die fordert weitere Opfer...

Review

Bruno Mattei, 2007 verstorben, war berüchtigt für seine Filme, die samt und sonders von der Art sind, die man seinem Date beim ersten gemeinsamen DVD-Abend wohl besser nicht vorführt. Es sind Filme, bei denen du rote Ohren bekommst, wenn Schwiegermama sie beim Sonntagskaffee in deinem Filmregal entdeckt. Es sind Werke mit klingenden Namen wie REVOLTE IM FRAUENZUCHTHAUS, HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN, LIBIDO MANIA, SNUFF KILLER oder PRIVATE HOUSE OF THE SS GIRLS.

 

Ihr seht: Das Betätigungsfeld des Italieners lag zeitlebens in abseitigen, schmuddeligen Gefilden; in gemeinhin verpönten Genres wie der Nuns- oder Naziploitation, dem Women in Prison- und dem Horrorfilm. Auch wenn Mattei den einen oder anderen Leckerbissen (seine WIPs, seine Endzeitfilme) für die Connaisseure des schlechten Geschmacks kreiert hat; sein Name bürgte für alles, außer für Qualität. Zusammen mit seinem Partner in Crime -dem Produzenten, Drehbuchautoren und Teilzeitregisseur Claudio Fragasso- hat er mehr als einmal üblen filmischen Murks auf die arglose Menschheit losgelassen.

 

Sein L'ALTRO INFERNO, den er und Fragasso 1981 gleichzeitig (!) mit dem Nunsploitationstück DAS SÜSSE LEBEN DER NONNE VON MONZA auf dem gleichen Set mit überwiegend identischer Cast gedreht hat, ist auf den ersten Blick ein typischer Mattei. Ein weiterer kleiner, kruder und vor allem billiger Horrorfilm mit teils indisponierter Schauspielkunst, schlampiger Regie und einem (wie schon bei HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN DEAD gehört) geklauten Goblin-Score. Doch auf den zweiten Blick ist L'ALTRO INFERNO, der sich auf dem ungeschnittenen französischen Silberling L'AUTRE ENFER und auf der leicht geschnittenen US-DVD THE OTHER HELL nennt, sehr viel mehr.

 

L'ALTRO INFERNO ist nämlich genau der Film, mit dem das Gespann Mattei/Fragasso einer alptraumhaften Atmosphäre wie sie so meisterhaft durch Genre-Finsterlinge wie INFERNO, SUSPIRIA, THE CHURCH oder dem HAUS AN DER FRIEDHOFSMAUER wabert, am allernächsten kam.

 

Der düstere Prolog, welcher in einer finsteren Sektionskammer in einer mit Gebein übersäten Klosterkatakombe spielt, zeigt allerdings schon das Dilemma, mit dem "die andere Hölle" phasenweise zu kämpfen hat. Einerseits steigt man extrem morbide mit der Sezierung eines weiblichen Leichnams nach pervertiert-verklemmter, widerwärtigster, katholischer Hexenhammer-Art ein (Filmzitat: "The genital ist the door to Evil. The vagina. The uterus. The womb. The labyrinth that leads to Hell..."), andererseits droht man die gerade so sorgfältig erschaffene Finsternis mit dem Overacting einer Knallchargin und einer dämonischen Erscheinung, deren rotglühenden Augen offensichtlich von zwei Glühbirnen herrühren, gleich wieder selbst zu zerstören. Dazu kommt, dass dann und wann Matteis Schlampigkeit oder der Drehzeitmangel (Wir erinnern uns: L'ALTRO INFERNO wurde Rücken an Rücken mit DAS SÜSSE LEBEN DER NONNE VON MONZA produziert) augenscheinlich wird. Und zwar immer dann, wenn einige prädestinierte Schockeffekte mangels besserem Timing und Sorgfalt in der Inszenierung an Wirkung verlieren.

 

Doch all den Widrigkeiten zum Trotz glückt diesmal der Clou, dieses Stück übernatürlichen Nonnenhorror in den illustren Kreis der von mir so geschätzten Nightmare-Movies einzureihen. Meine kleine, persönliche "Nightmare-Movie"-Klassifikation hat dabei nicht das Geringste mit Freddy Krueger zu tun. Sie ist vielmehr ein Etikett für Horrorfilme, denen es gelingt, eine bedrohliche, unwirkliche Stimmung aufzubauen und in denen alle Geschehnisse der Logik oder besser der Anti-Logik eines Alptraumszenarios untergeordnet werden. Eingangs habe ich schon einige Beispiele dieser Coleur genannt; könnte diese Aufzählung noch mit Titeln wie L'ALDILA, PERFUME OF THE LADY IN BLACK, MESSIAH OF EVIL, CARNIVAL OF SOULS oder SATAN'S BLOOD ergänzen. Nicht dass L'ALTRO INFERNO in Sachen Klasse oder Virtuosität auch nur einem Bruchtteil der genannten Filme wirklich das Wasser reichen könnte; aber rein atmosphärisch hat man den düsteren Grundton ähnlich gut getroffen.

 

Ein Dachboden voller gehenkter Schaufensterpuppen. Gesichtslose Nonnen, die wie dämonische Furien mir nichts dir nichts Priester anfallen. Ein abgetrennter, bis zur Unkenntlichkeit verbrannter Kopf im Tabernakel. Und Hunde, die - Hallo, SUSPIRIA! Hallo, L'ALDILA! - plötzlich zu reißenden Bestien werden. Dazu passend zum abseitigen Ambiente eines gefallenen Konvents krude inszenierte Besessenheiten, Exorzismen, Stigmata und Säuglinge, die als vermeintliche Früchte der Sünde in kochendes Wasser getaucht werden. Von Anfang bis Ende (welches zwar mit Zombies, aber auch mit einer gefälligen, abgründigen Auflösung aufwartet) atmet dieser Film jene brackige, unheilvolle Atmosphäre, die ein Nightmare Movie auszeichnet.

 

Die aus zwei Goblin-Alben und dem Soundtrack von D'Amatos BUIO OMEGA entliehene Musik ist zwar geklaut, aber der düsteren Stimmung ebenso förderlich wie die zwar nicht eben virtuose, aber überaus zweckdienliche Kameraführung Giuseppe Bernardinis. Deren hervorstechende Merkmale sind in diesem Fall außergewöhnliche Perspektiven und Großaufnahmen in die ständig verwirrten, verzerrten und beklommenen Gesichter der Protagonisten, die tatsächlich wie durch einen Alptraum irren.

 

Eurohorrorfans dürfen sich auf ein Wiedersehen mit verdienten Stars des abseitigen, italienischen Kinos wie Carlo de Mejo (EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL, HORROR-SEX IM NACHTEXPRESS), Franco (HELL OF THE LIVING DEAD, SCORPION WITH TWO TAILS) Garofalo und die Frauenzuchthaus erprobte Franca (BUIO OMEGA, VIOLENZA IN UN CARCERE FEMMINILE) Stoppi freuen.

 

Fazit: Zwei Meister des italienischen Schund- und Schmuddelkinos, nämlich Bruno Mattei und Claudio Fragasso, geben einer dämonischen Macht hinter Klostermauern die Lizenz zum Splattern und sorgen damit für Nunsploitation nach finsterer Horrorfilmart. Auf den ersten Blick scheint dies nur ein weiteres krudes, billiges Machwerk im in dieser Hinsicht reichen Oeuvre des Duo Infernale zu sein. Doch tatsächlich haben Mattei und Fragasso in ihren Horrorfilmen nie wieder eine solch düster-brackige Alptraumstimmung wie hier in L'ALTRO INFERNO kreiert.

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