Sartana kommt

Italien | Spanien, 1970

Originaltitel:

Una nuvola di polvere... un grido di morte... arriva Sartana

Alternativtitel:

Une traînée de poudre... les pistoleros arrivent! (FRA)

Llega Sartana (ESP)

Cloud of Dust... Cry of Death... Sartana Is Coming (USA)

Gunman in Town (USA)

Run, Man, Run... Sartana's in Town (USA)

Light the Fuse... Sartana Is Coming (USA)

Sartana - Schwarzer Rächer des Todes

Deutsche Erstaufführung:

23. April 1971

Kamera:

Julio Ortas

Inhalt

Grande Full steht unter dringendem Mordverdacht und wird im sichersten Gefängnis des Wilden Westen unter Verschluss gehalten. Da dem Spitzbuben der Verbleib von 500.000 Dollar in Gold sowie 20 Millionen Dollar Falschgeld, die er dem Mordopfer, seinem einstigen Geschäftspartner abnahm, bekannt ist, erregte er nicht nur die Aufmerksamkeit des Gefängnisleiters, sondern auch die des Abgesandten der Hölle: Sartana, der Grande Full befreit und fortan in die Rolle eines gerissenen Dirigenten im Orchester des Todes schlüpft und dem Zerberus einen voluminösen Leichenberg serviert.

Review

Nachdem George Hilton Im Sommer 1970 zum ersten und einzigen Mal die Rolle des Sartana übernahm, hing Giuliano Carnimeo noch zwei Sequels mit dem einzig wahren Sartana, Gianni Garko, an. So zogen im Herbst respektive im Winter desselben Jahres „Sartana – noch warm und schon Sand drauf“ und „Sartana kommt“ in die italienischen Lichtspielhäuser ein, um die „Sartana- Pentalogie“ zu schließen. Doch bevor hier irgendwas geschlossen wird, muss sich erst einmal jene Tür öffnen, die uns im Stile der Eingangssequenz innert John Fords „Der schwarze Falke“, den Eintritt in Carnimeos Wilden Westen gewährt. Ein Wilder Westen, der zwar längst erobert und zivilisiert, aber in keiner Weise von seiner Brutalität befreit wurde. Seinen Antagonisten ist der Respekt vor der Menschenwürde abhanden gekommen. Es gibt keine Guten und selbst hinter dem Stern des Gesetzes lauert Niedertracht und Diskriminierung, denn die Welt ist durch und durch schlecht. Unsere allegorische Schwellenüberschreitung in eben jene Westernwelt bringt all das, bereits abertausende Male hier und da wie da und dort Umrissene auch postwendend auf den Punkt: Der Sheriff und seine Helfer töten einen Richter, erniedrigen deren Tochter und urplötzlich taucht aus dem Nichts ein ominöser, schwarz gekleideter Fremder auf, um Bibelsprüche zu zitieren und anschließend drei Fahrkarten zur Hölle auszustellen. Es ist angerichtet! Und zwar kein Schaden, sondern das aromatische Aperitif zu einem mehrgängigen, rund 90 Minuten andauernden, schmackhaften Menü, das mit reichlich Blei, noch mehr Leichen und einer mitunter herrlich vulgären Berliner Synchronisation vollendet wurde.

 

„Du hast einen guten Ort ausgewählt, Sartana, du bist der Hölle verflucht nah!“
(General Monk)

 

Das ist soweit richtig, allerdings ist Sartana nicht zum ewigen Brennen verdammt, sondern, wie ich bereits andeutete, zum Anheizen des Fegefeuers ermächtigt, auf das seine zahlreichen Kontrahenten, die allesamt den Kürzeren ziehen, mächtig ins Schwitzen kommen. Der schwarze Rächer des Todes hat halt alle Händevoll zu tun und tritt in (s)einen feschen wie hinlänglich populären Mantel (außen schwarz: Die Farbe des Todes, innen rot: Die Farbe von Macht und Unantastbarkeit) gehüllt ins Zentrum der südländischen Schlachtplatte. Ein konsequenter wie ausgeprägt pfiffiger Bursche, der wie Sanjuro Kuwabatake in „Yojimbo“ oder - um dem Westernambiente treu zu bleiben - wie Joe in „Eine Handvoll Dollar“ zwei Gruppen gegeneinander ausspielt und das provozierte Geschehen als feist grinsender Zaungast genussvoll inspiziert. Wir Zuschauer befinden uns in einer ähnlichen Rolle, allerdings ist uns Sartana immer einen Schritt voraus, sodass wir dem Antihelden aufmerksam folgen, um schlussendlich ausreichend vermögend zu sein, um das Rätsel um Reichtum und Mord zu lüften. Jener Mord wird uns per Rückblendentechnik aus den Blickwinkeln der (drei) beteiligten Personen vergegenwärtigt. Im Zuge dieser divergierenden Sichtweisen erhält das knifflige Denkspiel eine zusätzliche Befruchtung, welche uns effektiv in das Geschehen einbindet und erfolgreich zum umrissenen Konzept verführt.

 

Nebst der üblichen Bestandteile des Italo-Western, denen des Kriminalfilms sowie einem zarten Hauch Caper-Movie lassen sich darüber hinaus Zitate aus dem Mantel-und-Degen-Film sowie dem Historienfilm ausmachen. Man denke an D'Artagnan, der in George Sidneys prächtigen Film „Die drei Musketiere“ mit geschickten Degenhieben seinen Kontrahenten der Hosen entledigt, ihn zu einem begossenen Pudel degradiert und sich selbst zum König aller swashbuckler inthronisiert. Sartana nutzt anstelle des Degen freilich die Schusswaffe, den Derringer, und lässt mittels drei Meisterschüssen Hut wie Hose des besten Schützen von Mansfield (so nennt sich der Vogel, es sollte allerdings klar sein, dass es sich um einen ungeschickten Prahlhans handelt, der einen Maul- und keinen Revolverhelden reflektiert) in Richtung Boden purzeln beziehungsweise gleiten.

 

Eine weitere, wirklich toll inszenierte Szene, die in einem türkischen Bad fotografiert wurde, verweist auf Film wie Literatur und Historie. Geachtet der zahlreichen von Wasserdampf durchzogenen tödlichen Missverständnisse, die sich unter den (in weiße Laken gehüllten) Saunagästen ereignen, lassen die fahrlässigen Tötungen (zuvor als tödliche Missverständnisse benamst) augenfällige Linien zur Ermordung des Gaius Julius Caesar respektive zu den Caesarmördern lesen. Den assoziativen Konnex zu Corbuccis „Django“ sollten Sie selbst herausfinden, denn wenn ich weiter ins Detail gehe und von Särgen und Instrumenten berichte, vermiese ich Ihnen nur die Sichtung, denn es soll ja immer noch Filmfans geben, die diesen tollen Western noch nicht kennen.

 

Die Besetzungsliste ist mit zahlreichen namhaften Mimen geschmückt und klingt ganz wundervoll. Gianni Garko gibt den Antihelden in gewohnt routinierter wie sarkastischer Spielweise und erhält durch Arnold Marquis` Stimme und den flankierenden, expliziten Dialogen (etwas gedämpfter und nicht so derart karachoesk wie es „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“ transportiert) die Souveränität, die man von einem Seriencharakter seiner omnipotenten Güteklasse auch erwartet. Der Part des genreüblichen und zugleich cholerisch veranlagten Mexikaners (General Monk, auch als heimatloser Heckenbrunzer tituliert) geht diesmal leider nicht an Fernando Sancho, sondern an José Jaspe, der ebenfalls eine fabelhafte (Schießbuden)Figur abgibt. Den Knuffel nimmt Plomplom, gespielt von Franco Pesce, der Leichenbestatter aus „Sartana – Noch warm und schon Sand drauf“, ein findiger älterer Herr, der einen ganz besonderen Zigarrenanzünder kreierte, in Empfang. Dazu gesellen sich zahlreiche Hackfressen, Bruno (Corazzari) ist auch am Start (!), sowie Sadisten und Vollidioten. Wie gesagt, die Besetzungsliste ist ganz wundervoll!

 

Fazit: Sartanas letzter offizieller (der Name Sartana sollte darüber hinaus nämlich noch an Plätzen auftauchen, wo er überhaupt nichts zu suchen hat, sei es bei Pinzauti, Siciliano wie auch Fidani) Filmauftritt offeriert den Anhängern der Sartana-Reihe einen hervorragenden Abschluss, der neben den genreüblichen Tötungsarien ein fruchtendes Whodunit sowie eine emsige Fahndung nach harten Golddollars treten lässt. Nun denn, compañeros, lassen Sie es gemeinsam mit Sartana und Alfie mal wieder so richtig krachen, denn Carnimeos Inszenierung besitzt durchaus das Potential, um in der ersten IW-Liga zu mitzuspielen.

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IMDb

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