Der Mönch und die Frauen

Frankreich | Deutschland | Italien, 1972

Originaltitel:

Le moine

Alternativtitel:

El monje (ESP)

Il monaco (ITA)

The Monk

Der Mönch - Im Banne des Bösen

Deutsche Erstaufführung:

02. November 1972

Regisseur:

Adonis Kyrou

Kamera:

Sacha Vierny

Inhalt

Der leidenschaftliche Prediger Ambrosio (Franco Nero) sieht einer großen Glaubenskrise entgegen. Als sich herausstellt, dass sich unter dem Gewand eines seiner Novizen eine Frau verbirgt, beginnt sein Abstieg. Die verführerische und äußerst leichtfertige Mathilde (Nathalie Delon) ist offenbar mit dem Teufel im Bunde und setzt alles daran, dass der Mönch der Fleischeslust und der Unzucht verfällt. Als die Kettenreaktion voll im Gang ist, kommt es zu einer schwerwiegenden Kurzschlusshandlung, die den ehemals frommen Mann letztlich vor die schwierige Wahl stellt, seine Seele entweder dem Teufel zu verkaufen, oder sich wieder auf Gott zu besinnen...

Autor

Prisma

Review

Der Regisseur und Drehbuchautor Adonis Kyrou inszenierte mit "Der Mönch und die Frauen" bereits seinen letzten Kinofilm, wobei er sich in seiner Karriere hauptsächlich für Kurzfilme und Serien-Episoden verantwortlich zeigte. Nur im Jahr 1965 steht noch der griechische Spielfilm "The Roundup" zu Buche, sodass trotz einer 15-jährigen Schaffensperiode von einer gewissen Unerfahrenheit gesprochen werden kann. In diesem 1972 entstandenen Drama blickt man auf einen durchaus prominenten Stab, vor und hinter der Kamera, außerdem war Luis Buñuel am Drehbuch beteiligt, der dieses Projekt sowohl in den in den 50er als auch und 60er Jahren auf die Beine stellen wollte. Vielleicht kann man angesichts dieser Tatsache bereits im Vorfeld von einer Möglichkeit sprechen, die leider verpasst wurde, denn immerhin hätte man es mit einem sehr profilierten Regisseur zu tun bekommen. Nichtsdestotrotz kann Adonis Kyrou bescheinigt werden, dass er einen sehenswerten und atmosphärisch dichten Film zustande bringen konnte, der bereits wegen seines überaus klassischen Einstiegs überzeugen kann und sich kritische Seitenhiebe gegen die Kirche nicht aufspart. Die Titelfigur Ambrosio wird stark in Szene gesetzt, und spätestens wenn man den inbrünstig predigenden Kirchenmann auf der Kanzel sieht, weiß man, was die Stunde geschlagen hat. Die Menschen pilgern zu ihm, da sie seine Litaneien hören möchten, die in viele Deckmäntel und religiöse Phrasen gehüllt zu sein scheint. Ob Edelmann oder Bauer; beinahe jeder vergleicht ihn mit einem reinkarnierten Apostel, der sein Opium fürs Volk zielgerichtet einzusetzen weiß. Im Visier stehen Unmoral, Gottlosigkeit, Verworfenheit, Fleischeslust und Unkeuschheit, doch insbesondere in den Gesichtern der anwesenden Frauen lässt sich nur allzu Gegenteiliges ablesen, wenn sie in seiner Nähe sind. Die Schwestern hören ihm genau wie die anderen Damen sehnsüchtig zu, sodass die kalt wirkende Kirche der perfekte Umschlagplatz für lusterfüllte und aufgeheizte Projektionen werden kann.

 

Für Ambrosio ändert sich das karge Leben im Kloster schlagartig, da er alle seine Überzeugungen über Bord werfen wird, indem er den Reizen schöner Frauen verfällt und dabei seine unbestrittene Position ausnutzt. Durch Franco Nero bekommt dieser Charakter einen sehr anschaulichen Schliff, da innere Zerrissenheit und triebhaftes Verlangen sehr intensiv auf den Punkt gebracht werden. Natürlich ist man sich schnell im Klaren darüber, dass er auf nichts anderes als eine Katastrophe zusteuern wird, aber der Verlauf bleibt geschickterweise ziemlich offen, obwohl die Hinweise und Tatsachen auf der Hand liegen. Wo Gott anscheinend so immanent beiwohnend zu sein scheint, wird der Teufel, so denkt man sich, natürlich nicht weit sein. Eine geschickte Vermischung mit okkulten Inhalten weicht das klassische, religiös gefärbte Drama innerhalb der vorprogrammierten Strukturen sehr originell auf, und sorgt dafür, dass die zu verhalten angewandte Exposition eine dynamische Spannungskurve aufbauen wird, bis sie schließlich deutliche Formen annimmt. Hinzu kommen sehr wirksame Verstärker der Parallelhandlungen, wie beispielsweise Intrigen, Unzucht, Selbstgeißelung, Menschenhandel, Inquisition und Mord. Franco Nero hinterlässt hier einen äußerst starken Eindruck, denn er stattet seine Figur mir sehr viel Intensität und angemessener Tiefe aus. So wird er immer wieder der sogenannten Wollust verfallen, sprich einer Frau, die sich der Teufel allem Anschein nach selbst ausgedacht hat, zumindest wirkt es in diesem Szenario so. In diesem Zusammenhang ist vor allem die Französin Nathalie Delon zu erwähnen, deren verführerischer Nimbus nicht nur die Titelfigur blendet. Mit ihr durchlebt man einige Etappen der gefährlichen Verführung und sieht viele Masken, sodass ihre Mathilde immer unberechenbar bleiben wird, was der Geschichte sehr zugute kommt. Die Interpreten Elisabeth Wiener, Elina De Santis und insbesondere Nicol Williamson als Edelmann, der die Dekadenz ganz offen zur Schau trägt, hinterlassen zugunsten eines sehr dynamischen Verlaufs sehr präzise und nachhallende Eindrücke.

 

Erwähnenswert ist außerdem die im Vorspann exponiert angekündigte Mitwirkung von Nadja Tiller, sie vor allem international auf ihre denkwürdigsten Rollen zurückblicken kann. Der deutsche Film erkannte die zahlreichen Facetten der gebürtigen Österreicherin nur ungenügend und setzte sie immer wiederkehrend uniform in bieder triefender Halb-Erotik ein, wie es vor allem ihr Stammregisseur Rolf Thiele zu tun pflegte. In "Der Mönch und die Frauen" überrascht sie in ihrer alternativ angelegten Anforderung, schlägt dabei das Beste aus den vorhandenen Möglichkeiten heraus. Gegen Ende spitzt sich die Geschichte dramatisch zu und man sieht den erzwungenen Beichten der Folter entgegen, bis es zu einem eigentümlichen Twist kommt, dem man entweder konsterniert, oder überrascht gegenüberstehen wird. Die Stärke von Adonis Kyrous Beitrag besteht in diesem Fall überraschenderweise darin, dass sehr viel ausprobiert wurde und dass der Gesamteindruck unterm Strich nicht allzu seriös geraten ist, wie man es sich möglicherweise im Vorfeld gedacht hat. Angebrachte Schauplatzwechsel, dem Zeitfenster angeglichene Kulissen und unterschiedliche Personen halten eine unbestimmt wirkende Spannung hoch, außerdem kommt man nicht zuletzt wegen punktuell eingesetzter Überraschungsmomente auf seine Kosten. Alles in allem bleibt dieser ausgewogen wirkende Beitrag nicht zuletzt wegen der Tatsache in Erinnerung, dass kein erhobener Zeigefinger wie ein Gespenst über dem Szenario mitschwebt, sondern dass es in diesem Bereich zu zahlreichen Kehrtwendungen und Irritationen kommt, die effektiv daran arbeiten, damit der Eindruck entstehen kann, dass sich "Der Mönch und die Frauen" von der Konkurrenz abhebt, die gerade zu dieser Zeit üppig vertreten war. Die Regie hat es insgesamt gesehen zu einem beachtlichen Ergebnis bringen können, dass weniger als Klassiker des Genres benannt sein will, als sich beinahe ausschließlich auf seine provokante Marschrichtung konzentrieren zu wollen. Aus diesen Gründen lassen sich hier Freunde des klassischen aber auch Exploitation-Kinos sehr leicht unter einen Hut bringen.

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Prisma

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