Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone

Frankreich | Italien | Spanien, 1966

Originaltitel:

L'armata Brancaleone

Alternativtitel:

O Incrível Exército Brancaleone (BRA)

La armada Brancaleone (ESP)

L'armée Brancaleone (FRA)

O Capitão Brancaleone (POR)

Brancaleone's Army (USA)

For Love and Gold (Int.)

Deutsche Erstaufführung:

28. Juni 1968

Regisseur:

Mario Monicelli

Inhalt

Ein kleines Dorf im früh-mittelalterlichen Italien wird von einer Barbarenhorde überfallen, es wird gemordet und vergewaltigt, während Plünderer auf den Abzug der Barbaren warten, um die Toten auszurauben. Als der Ritter Arnolfo (Alfo Caltabiano), genannt die „Eiserne Hand“, die Barbaren in die Flucht schlägt, wird er von den beiden Plünderern Pecoro und Taccone (Folco Lulli und Gianluigi Creszenzi) niedergeschlagen, seine Taschen ausgeräumt und in einen Graben geworfen. Das Diebesgut wollen die Beiden an den Juden Abacuc verkaufen. Der entdeckt dabei eine Pergamentrolle, die Arnolfo bei sich trug. Diese bescheinigt ihrem Eigentümer die Lehnsherrenschaft über Gut und Festung Aurocastro gegen dessen Schutz vor „der schwarzen Gefahr aus der See.“ Letzterem schenkt man aber keine Beachtung.

 

Abacuc, Peccore und Taccone wollen den verarmten Ritter Brancaleone da Norcia (Vittorio Gassmann) dazu überreden, sich als Arno0lfo auszugeben und Aurocastro für sich zu beanspruchen. Die Gewinne sollen geteilt werden gegen die Gefolgschaft der Drei. Brancaleone lehnt zunächst ab, da er hofft bei einem Turnier in Tjost den Sieg und somit die Hand einer begüterten Adligentochter zu gewinnen. Doch er scheitert, da ihm sein Pferd Dulcinante nicht unbedingt wohlgesonnen ist, und er willigt ein.

 

Somit beginnt die Odyssee nach Aurocastro. Man begegnet zuerst dem Ritter Teofilatto dei Leonzi (Gian Maria Volonté), es kommt zum Duell, dass jedoch weder er noch Brancaleone für sich entscheiden kann. Teofilatto bietet sich als Geisel an, da er der Spross der letzten Nachfahren von Byzantium sei und sein Vater sicher Lösegeld für ihn bezahlen würde. Gemeinsam erreichen sie eine verlassen scheinende Stadt und beginnen zu plündern. Bis eine schöne Dame Brancaleone mit ihrem Gegurre (ernsthaft, sie gurrt) Brancaleone zu einem Liebesabenteuer zu sich lockt. Der Spaß ist schnell vorbei, als sie ihm offenbart, ihr Mann sei gerade gestern an der Pest gestorben, wie die Anderen im Dorf zuvor. Bestürzt ergreift man die Flucht, fest überzeugt, nun mit der Pest infiziert zu sein.

 

Doch Rettung ist unterwegs in Gestalt des Wanderpredigers Zenone (Enrico Maria Salerno) und seinem Gefolge. Zenone verspricht jedem Heilung, der bereit ist, in Gott zu vertrauen und ihm auf den Kreuzzug ins Heilige Land zu folgen. Und so macht man sich auf den Weg mit dem Prediger, Aurocastro und dessen Reichtümer sind vorerst vergessen. Nachdem erst Pecoro von einer maroden Brücke stürzt, erfolgt eine Zwangstaufe des Juden „Abacuc“, um den Glauben der Gruppe zu stärken. Doch es hilft nichts, an der nächsten maroden Brücke reißt es den Prediger in die Tiefe, und daraufhin trennen sich Brancaleone und sein Gefolge von der Pilgergruppe und Aurocastro ist wieder das Ziel. Alarmiert von weiblichen Hilfeschreien aus dem Wald rettet Brancaleone die schöne Matelda (Catherine Spaak), die von ihrem alten Lehrmeister zu ihrem künftigen Gemahl Guccione (im ital. Original auch „der mit den Froscheiern“ genannt). Für 100 Goldstücke und einem Schwur, auf ihre Unschuld zu achten, erteilt der sterbende Lehrmeister Brancaleone den Auftrag, Matelda zu ihrem künftigen Gatten zu geleiten. Doch Matelda will gar nicht und umgarnt Brancaleone. Doch der will an seinem Schwur festhalten, obwohl er Matelda begehrt, und so lässt sie sich heimlich ihre (vermeintliche) Unschuld von Teofilatto rauben. Ahnungslos geleitet Brancaleone mit Gefolge die Dame zu ihrem Gemahl und wohnt dem Hochzeitsmahl bei, obwohl Teofilatto ihn ständig zum Aufbruch drängt. Die geraubte Jungfräulichkeit fliegt auf, Brancaleone wird an der Außenmauer in einem Käfig zum Fraß für die Raben aufgehängt, sein Gefolge aus Gucciones Burg geworfen. Mithilfe eines suizidalen Schlossers, der sich ihnen künftig anschließt, befreien sie Brancaleone. Der will seine Matelda jetzt doch, aber die ist inzwischen in ein Kloster gegangen und hat jetzt nur noch einen Mann – Jesus.

 

Man setzt den Weg Aurocastro fort und kommt dabei an Teofilattos Heimatort vorbei und will das Lösegeld für ihn kassieren. Während Teofilattos Vater Abacuc unmissverständlich klarmacht, dass ihm sein Sohn, den er mit irgendeiner Dienerin gezeugt hat, völlig egal ist und der Gruppe mit Giftpfeilen droht, hat sich Brancaleone zu einem Stelldichein mit Teofilattos Tante Teodora (Barbara Steele) in deren Gemächer zurückgezogen. Leider bemerkt er deren Peitschensammlung und Vorlieben erst, als der erste Riemen seinen Rücken trifft. Sie ergreifen die Flucht vor Teofilattos Familie und die Odyssee geht weiter. Unterwegs findet man den totgeglaubten Pecoro wieder, der von einem Bärenweibchen adoptiert wurde.

 

Nach dem tragischen Tod Abacucs erreicht man endlich Aurocastro. Und damit auch die schwarze Gefahr von der See, denn Aurocastro pfeift auf dem letzten Loch, wird jedes Jahr von sarazenischen Piraten geplündert, die bereits im Ansegeln sind. Man wünscht den neuen Besitzern um Brancaleone alles Gute, bewundert sie für ihren Mut, dann fliehen alle mit Sack und Pack und lassen die „Helden“ allein in der Festung zurück. Doch die nehmen den Kampf mit den Piraten auf.

Review

Ganz klar, „L’Armata Brancaleone“ ist eine der besten italienischen Komödien überhaupt, nicht mehr, nicht weniger. International die drittmeist gefragte italienische Produktion von 1966.

 

Inszeniert wurde „Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone“ von Komödienspezialist Mario Monicelli, der bei immerhin 69 Filmen Regie führte. Monicelli ist unter anderem auch für die erste Episode in „Boccaccio 70“ verantwortlich, die man aus internationalen Fassungen entfernte, da man den Film zu lang fand und die Episode für Nicht-Italiener uninteressant hielt. Alles Quatsch, denn Monicellis Episode war neben der Fellini-Story die Interessanteste und Witzigste in „Boccaccio 70“, während die beiden abschließenden zwei Stunden, Eine von Visconti, die Andere von De Sica doch eher quälend daher kamen. Visconti und Komödie, sorry, das geht gar nicht.

 

Doch zurück zu Brancaleone, den man als eine epische, komödiantische, leicht surrealistische Odyssee durch das frühe Mittelalter betrachten kann. Nicht surrealistisch im Sinne von unverständlich sondern in der Absurdität der Geschehnisse, der zahlreichen skurillen Figuren und auch in einigen Bildern. Am stärksten tritt dieses Element hier in der Szene mit Teofilattos degenerierter Familie zum Vorschein.

 

Vittorio Gassmann spielt seine Rolle mit absurd-komischer Theatralik, und hier ist auch eine Besonderheit des Films, die man so in der deutschen Fassung nicht wiedergeben konnte: die Sprache. Die Drehbuchautoren Age & Scarpelli entwickelten eine völlig eigenständige Diktion, zusammengesetzt aus mehreren italienischen Dialekten, spätrömischem Latein, studentischer Vulgärsprache, aneinandergereiht mit mittelalterlichem Satzbau.

 

Und es geht nicht zimperlich zu. Gleich zu Anfang wird gemordet, vergewaltigt, eine Hand abgehackt, ein Barbar greift sich ein niedliches, kleines, gelbes Küken und beißt es in der Mitte durch. Brancaleone selbst verbindet eine Hassliebe zu seinem (gelben!) störrischen Gaul Dulcinante, die Namensähnlichkeit mit Don Quixotes Rosinante ist kaum zufällig. Die Störrigkeit Dulcinantes ist womöglich darauf zurückzuführen, dass Brancaleone sein Pferd vorzugsweise mit Faustschlägen gegen den Kopf antreibt. Sieht Dulcinante eine Möglichkeit, es ihm heimzuzahlen, tut sie das auch.

 

Gian Maria Volontè spielt den schnöseligen Ritter Teofilatto so überzeugend, dass man ihm im Original erst an der Stimme wirklich erkennt. Und dann wäre da Barbara Steele – das Peitschenduell zwischen ihr und Vittorio Gassmann muss man gesehen haben. Selten war Barbara Steele so nackt, wie sie in ihrem dünnen Hemdchen die Peitsche schwingt, die Brustspitzen jedoch vorsorglich abgeklebt, da kaum zu vermeiden war, dass alles hin-, her- und rausrutscht.

 

In Sachen Humor bietet „L’Armata Brancaleone“ alles: Situationskomik, Slapstick, intelligenter Dialogwitz, ein klein wenig augenzwinkernder Antisemitismus, und natürlich die absurde Komik der Szenenabfolgen. Das frühe Mittelalter selbst wird recht realistisch und ohne Verklärung dargestellt. Das wird auch in der Sterbeszene Abacucs deutlich, eine seltsam ergreifende Szene, in der man ihm im Jenseits ein besseres Leben verspricht, ohne Hunger, ohne Schläge, ohne Armut, ohne Schmutz.

 

Auch wenn man es bereits vielfach von anderen Reviewern gelesen hat, kennt man die beiden Brancaleone-Filme, wird einem schnell deren Einfluss auf „Monty Python and the Holy Grail“ (Die Ritter der Kokosnuss) klar. Natürlich bewegt sich Brancaleone auf einem höheren Budget-Level. Und eines kann ich versprechen, die schmissige Titelmelodie von Carlo Rustichelli bekommt man nie wieder aus seinem Kopf.

 

Vier Jahre nach „L’Armata Brancaleone“ inszenierte Mario Monicelli, wieder mit Vittorio Gassmann in der Titelrolle, die Fortsetzung „Brancaleone alle Crociate“ (Brancaleone auf Kreuzzug ins Heilige Land), die direkt die Geschehnisse dieses Films fortsetzt und keinesfalls schwächer ist.

 

„Die unglaublichen Abenteuer des hochwohllöblichen Ritters Branca Leone“ erschien 1968 und später auf Video recht erfolgreich in einer um ein paar Minuten gekürzten Fassung. Vor rund 20 Jahren lief der Film mal ungekürzt auf ARTE, zuvor fehlende Szenen waren untertitelt. Doch – wo bleibt eine deutsche DVD-Veröffentlichung? Würde mal Zeit, neben der deutschen Synchro unbedingt mit Originalton und Untertiteln, den das macht hier bei diesem Film richtig Spaß.

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IMDb

Kommentare (1)

  • Uwe Hohnstein

    Uwe Hohnstein

    14 Oktober 2015 um 18:08 |
    Hallo, ich stimme voll und ganz zu. die beiden Filme sind wunderbar ergötzlich. Wobei im zweiten Teil ein herrliches kleines Osterei versteckt ist. Die Pilger kommen an einen See und wenn man genau hinschaut - fährt da ein Motorboot vorbei :-) U.H.