Das Syndikat

Frankreich | Deutschland | Italien, 1972

Originaltitel:

La polizia ringrazia

Alternativtitel:

La policía agradece (ESP)

Société anonyme anti-crime (FRA)

The Enforcers (GBR)

Escândalo de Um Crime (POR)

Execution Squad (USA)

Deutsche Erstaufführung:

17. November 1972

Regisseur:

Steno

Drehbuch:

Steno, Lucio De Caro

Inhalt

Rom im Jahre 1971: Da in der italienischen Landeshauptstadt mittlerweile schonungslose Raubüberfälle, eiskalte Mordanschläge und dreister Menschenraub auf die reguläre Tagesordnung gerückt sind, fühlen sich die Bürger von der Polizei völligst im Stich gelassen, was wiederum die Bereitschaft zur Selbstjustiz in breiten Teilen der erzkonservativen Bevölkerungsschicht zu begünstigen scheint. Aber auch die Polizei fühlt sich von der landeseigenen Justiz und Politik gänzlich alleine gelassen, da ein Großteil der amtlich festgesetzten Unholde infolge der teils paradoxen Gesetzgebung im Handumdrehen wieder auf freien Fuß gesetzt werden. Dies hat dann wiederum zur Folge, dass das Auge des Gesetzes ihr Ansehen in der Öffentlichkeit gänzlich verloren hat und nur noch als Prügelknabe der Nation herhalten muss. Ein passendes Fressen also für die teils überheblichen Vertreter der selbstherrlichen Presse, die dann mit ihren täglichen Schlagzeilen der sowieso schon schwer frustierten Polizei erst so richtig zusetzen. Entweder werfen sie den gescholtenen Ordnungshütern übertriebene Härte bei der Ausübung ihres Jobs vor oder attestieren ihnen gleich völlige Unfähigkeit. Als es dann auch noch am helligsten Tag zu einem brutalen Raubüberfall auf einen beschaulichen Schmuckladen kommt, indessen Folge zwei unschuldige Menschen ihr Leben lassen müssen, platzt Kommissar Bertone (Enrico Maria Salerno) endgültig die Hutschnur: In Windeseile nimmt er die Ermittlungen an dem Fall auf und heftet sich unerbittlich an die Fersen des flüchtigen Mörders (Jürgen Drews), der zu alledem auch noch eine weibliche Geißel (Laura Belli) in seine Gewalt gebracht hat. Doch dann beginnt urplötzlich ein unerklärbares Zeugensterben, für welches sich wiederum eine zunächst nicht näher zu bestimmende Vereinigung verantwortlich zeigt, die aus dem geheimen Untergrund heraus munter mitmischt und ungeachtet der geltenden Gesetze sowohl potenzielle Zeugen als auch die wahren Übeltäter kurzerhand ins ewige Paradies verfrachtet.

 

Wird es Kommissar Bertone gelingen, Licht ins Dunkel dieser völlig aus dem Ruder gelaufenen Geschehnisse zu bringen?

Review

"Wie sollen wir fertig werden mit den Verbrechern, wenn uns die Politik die Hände bindet?"

 

So lautet dann auch die Grundsatzfrage in Stefano Vanzinas (Steno) hervorragendem Poliziesco DAS SYNDIKAT, indem die Polizei nicht nur als Prügelknabe für Bevölkerung und Massenmedien herhalten muss, sondern auch noch ständig den Kopf von der Politik und dem Justizapparat gestutzt bekommt. Dabei handelt es sich um einen sehr frühen Vertreter der italienischen Polizeifilme, welchem sogar oftmals der Titel als “Prototyp des italienischen Polizeifilmgenres” verliehen wird. Aufgrund des beachtlichen Erfolgs an den Kinokassen wurde dem SYNDIKAT ein Jahr später mit DER UNERBITTLICHE VOLLSTRECKER eine Art quasi-Fortsetzung zugesprochen, welche dann aber schlussendlich von Roberto Infascelli inszeniert wurde. Aber kommen wir zurück zu Stenos genreprägenden Filmbeitrag, dessen Geschichte inmitten des aufgewühlten Italiens der frühen 70er angesiedelt ist und außerdem an den zweiten Teil der Dirty Harry Reihe "Magnum Force" erinnert, obwohl dieser erst einige Monate später in den italienischen Kinos startete. Angesichts des stetigen Anstiegs der Verbrechensrate und des plötzlichen Machtzugewinns der kommunistischen Partei erstarkte damit einhergehend auch der Widerstand im konservativen Lager, was wiederum in Verbindung mit der offensichtlichen Machtlosigkeit der polizeilichen Ordnungsmacht vehemente Forderungen zur Verschärfung des geltenden Strafrechts bis hin zur Wiedereinführung der Todesstrafe zur Folge hat. Hinzu gesellt sich eine sowohl selbstgerechte als auch rechthaberische Pressemeute, die mit ihrem Dauerbeschuss in Richtung der Polizei die bereits angeheizte Stimmung im Lande um ein Weiteres verschärft. Kein leichtes Brot also, das sich unser Kommissar Bertone durch seine tägliche Arbeit verdienen muss.

 

"Das System ist schlecht, nicht der Mensch"

 

Und somit wären wir auch schon wieder beim Hauptprotagonisten des vorliegenden Films angelangt, der dieses mal von keinem geringeren als dem unverwüstlichen Enrico Maria Salerno (AUF VERLORENEM POSTEN, MÄDCHEN IN DEN KRALLEN TEUFLISCHER BESTIEN, FANGO BOLLENTE) verkörpert wird. Als hauptverantwortlicher Kommissar des römischen Morddezernats muss er tatenlos zusehen, wie ihm die Justiz aufgrund der unausgegorenen Gesetzgebung die bereits mühsam eingekerkerten Schurken wieder unverrichteter Dinge zurück auf die Strasse entlässt und ihm somit beide Hände bindet. Und genau aus diesem Grund entsteht dann in der breiten Öffentlichkeit auch der Anschein, dass einzig und allein die Unfähigkeit der Polizeibehörde für dieses Dilemma verantwortlich zu sein scheint. Hinzu gesellen sich wiefige Rechtsverdreher, welche die Schwächen der halbherzigen Gesetze schamlos ausnutzen und somit gemeinsam mit der Unterwelt sowohl dem Staat als auch der Polizei in einem gesetzeskonformen Rahmen völlig unbehelligt auf der Nase herumtanzen. Zu allem Überfluss lässt dann auch noch die Presse nichts unversucht, um dem wutgeladenen Kommissar Bertone sprichwörtlich "ans Bein pinkeln" zu können. Aber Bertone ist keinesfalls auf den Kopf gefallen, denn als Reaktion auf die hetzerischen Zeitungsartikel lädt er kurzerhand ein Heer von Pressevertetern zu einer beschaulichen Busfahrt durchs nächtliche Rom ein, um diesen dann vor Ort anhand lebendigen Anschauungsobjekten die Absurdität des italienischen Justizsystems unmissverständlich vor Augen zu führen. Obendrein kommt ihm dann auch noch ein sowohl gnadenloses als auch hochfaschistisches Exekutionskommando in die Quere, welches geheim aus dem Untergrund heraus agiert und nach und nach für ein breitangelegtes Zeugensterben sorgt. Nebenbei statuiert das selbstjustizielle Bündnis von erzkonservativen Fanatikern mehrere aufsehenerregende Exempel, indem sie in einer Nacht- und Nebelaktion einen Homosexuellen, eine Prostituierte und einen politischen Extremisten in aller Öffentlichkeit symbolträchtig exekutieren. Dabei legt Signore Salerno eine durchwegs überzeugende Darbietung aufs Parkett und kann somit auch in der Rolle des Kommissars Bertone mit der gewohnten Souveranität glänzen.

 

Und als wäre das alles noch nicht genug, tritt plötzlich auch noch der aus Funk und Fernsehen bekannte Onkel Jürgen auf den Plan, der dann gemeinsam mit einem befreundeten Schurkenkameraden einen Schmuckladen in der römischen Innenstadt überfällt und sich daraufhin mit der armen Laura Belli (LA STAGIONE DEI SENSI, DER BERSERKER, DIE EISKALTEN KILLER) im Gepäck auf die Flucht begibt. Dabei hinterlässt Jürgen Drews (MALASTRANA, DER PFAFFENSPIEGEL, LES HUMPHRIES - ES KNALLT UND DIE ENGEL SINGEN) dem guten Kommissar Bertone nicht nur zwei unschuldige Mordopfer, welche sich zufällig zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort befanden, sondern setzt auch noch der hilflos ausgelieferten Laura im weiteren Verlauf ordentlich zu. Obwohl ich kein großer Freund von Jürgen Drews bin, muss ich ihm doch zugestehen, dass mir die dargebotene Schauspielleistung für seine Verhältnisse tadellos erscheint.

 

Kommen wir zu Mario Adorf (GEWALT - DIE FÜNFTE MACHT IM STAAT, MILANO KALIBER 9, DER TOD TRÄGT SCHWARZES LEDER), der dieses mal einen für Kommissar Bertone schwer einschätzbaren Staatsanwalt mimt, da über weiten Strecken des Films unklar bleibt, ob er nun tatsächlich auch das hält, was er die ganze Zeit über verspricht oder im Endeffekt doch nur einen weiteren Handlanger des höchst korrupten Staatssystems darstellt. Seine schauspielerischen Aufgaben meistert er dabei mit einer gewohnt hohen Bravour und harmoniert gerade im Zusammenspiel mit Enrico Maria Salerno ganz hervorragend.

 

Zu guter Letzt mischen neben einer stattlichen Anzahl an mehr oder minder bekannten Nebendarstellern mit Cyril Cusack (SACCO & VANZETTI, DER MAFIABOSS - SIE TÖTEN WIE SCHAKALE, DIE GNADENLOSE HAND DES GESETZES) und Corrado Gaipa (THE MAN WITH ICY EYES, EIN SCHWARZER TAG FÜR DEN WIDDER, TÖDLICHER HASS) auch noch zwei altgediente Schauspielveteranen munter mit, wobei Cusack einen bereits im Ruhestand befindlichen Polizeipräsidenten und Gaipa einen mit allen Wassern gewaschenen Rechtsverdreher spielt.

 

Alles in Allem ist Regiesserur Stefano Vanzina mit seinem SYNDIKAT ein ganz hervorragender Filmbeitrag gelungen, welcher das düstere Szenario der damaligen Zeit gekonnt in Szene setzt und die Nöte einer desillusionierten Bevölkerung angesichts des allgegenwärtigen Terrors fühlbar aufzeigt. Hinzu gesellen sich dann auch eine hochwertige deutsche Synchro und ein ganz vorzüglicher Score aus der Soundschmiede des unverwüstlichen Stelvio Ciprianis.

 

Fazit: Die Polizei bedankt sich!

Veröffentlichungen

In unseren Breitengraden wurde DAS SYNDIKAT von Colosseo-Film bereits im Jahre 2011 als Doppel-DVD veröffentlicht. Dabei ist auf der ersten DVD der ungeschnittene Hauptfilm mit sowohl deutscher, italienischer und englischer Tonspur als auch einer deutschen Untertitelspur enthalten. Als weiteres Extra auf dieser Disc kann dann auch noch der italienische Originaltrailer bestaunt werden.

 

Auf der zweiten DVD befindet sich mit "The Way We Were" ein hochinformativer Interviewmarathon mit dem Produzenten Dieter Geissler, dem Bestsellerautor Peter Berling, der Schauspiellegende Mario Adorf und dem selbsternannten König von Mallorca (ca. 68 min.). Weiterhin enthält diese Disc eine sehenswerte Bildergalerie, sowie ein weiteres Interview mit Jürgen Drews (ca. 56 min.)

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