Atlantis Inferno

Italien | Philippinen, 1983

Originaltitel:

I predatori di Atlantide

Alternativtitel:

Los invasores del abismo (ESP)

Les prédateurs du futur (FRA)

The Atlantis Interceptors (GBR)

Os Salteadores de Atlantis (PRT)

The Raiders of Atlantis (USA)

Deutsche Erstaufführung:

24. November 1983

Regisseur:

Ruggero Deodato

Inhalt

Zwei Söldner auf Urlaub und ein paar Wissenschaftler und Techniker einer Bohrinsel müssen sich mit atlantischen Killerpunks herumschlagen, um zu verhindern, dass der versunkene Kontinent Atlantis wieder die Herrschaft über die Erde erlangt.

Review

Why don’t you suck this?

 

Ruggero Deodatos ATLANTIS INFERNO ist Kult, nicht mehr nicht weniger. Ein temporeicher Actionfilm mit schmissiger Musik von Guido & Maurizio De Angelis (als „Oliver Onions“), einem Berg von Leichen und einer denkwürdigen Kino-Synchro. Nicht, dass die Story irgendwelchen Sinn ergäbe. Das tut sie nicht mal in der Originalfassung, wo fadenscheinige Erklärungen deutlich von der deutschen Synchro abweichen, aber dennoch in punkto Logik und Zeitabläufe abkacken. Aber das macht gar nichts.

 

Ruggero Deodato hatte nach NACKT UND ZERFLEISCHT (Cannibal Holocaust, 1980) seine Probleme Produzenten zu finden. Sein Name schien Ärger zu verheißen, und so spricht er noch heute sehr wohlwollend von Edmondo und Maurizio Amati, die ihm mit ATLANTIS INFERNO eine neue Chance gaben. Dennoch spiegelt sich in den Produktionsumständen wider, was auch Fulci zu DIE SCHLACHT DER CENTURIONS bemerkte: die Amatis waren im Begriff aus dem Filmgeschäft auszusteigen und investierten keinen eigenen Cent in ATLANTIS INFERNO. Oder fast nicht, die Promotion haben sie geblecht.

 

Das Geld kam vielmehr von Imelda Marcos, damals First Lady des philippinischen Diktators Ferdinand Marcos, mit dem sie nur drei Jahre später, also 1986, vor Volkes Zorn in die USA flüchtete. Ob ihre 3000 Paar Schuhe auch gerettet werden konnten, ist nicht bekannt. Neben ihrem Schuhfetisch plante sie 1983 als Filmproduzentin tätig zu werden und hatte hierfür ein Studio errichtet. Die Amatis schickten – nachdem sie am Rande des Cannes-Festivals mit Imelda einen Deal ausgehandelt hatten - Deodato nach Manila, wo er jenes Studio menschenleer vorfand. Es existierten lediglich eine Make-up-Designerin, eine Ausstatterin und ein nahegelegenes Stunt-Team. Nach 14 Tagen Aufenthalt war Deodato nach fruchtlosen Gesprächen mit seiner Ansicht nach untalentierten Darstellern im Begriff abzureisen. Imelda Marcos ließ ihn vom Flughafen wieder einsammeln. Sie wies darauf hin, dass sie seine Art gegenüber ihren Landsleuten zwar als beleidigend empfand, versprach ihm aber eine Veränderung. Und so kam Deodato zu seinen Darsteller- und Crew-Wünschen.

 

Sprechen wir von den Darstellern in ATLANTIS INFERNO, so muss man auch das Thema Fehlbesetzungen anschneiden. Bei Gioia Scola geriet Ruggero Deodato ins Schwärmen, auch wenn ihr Schauspieltalent nicht überragend gewesen sei. Eine wunderschöne junge Frau. Dennoch – sie stellt eine wissenschaftliche Koryphäe dar, sieht aber aus als käme sie frisch aus der Oberschule. Kameramann Roberto D'Ettorre Piazzoli war wenig beeindruckt, kann sich kaum an sie erinnern. George Hilton, einst Hauptdarsteller in Italo-Western und anderen Genrefilmen hat eine blasse Nebenrolle. Deodato und Hilton waren jedoch gut befreundet, wohnten gar nahe beieinander. Stark sind Christopher Connelly (der seinen Hubschrauber-Stunt selbst machte), Tony King und Ivan Rassimov. Der junge Michele Soavi schielte neben seiner Rolle bereits aufs Regiefach, weswegen er Deodato als Regie-Assistent willkommen war. Als Atlantis-Krieger mit Plastikmaske sieht man Godfrey Ho-Favourite Bruce Baron, an seiner Seite die philippinische Stunt-Crew.

 

Das Drehbuch stammte von Tito Carpi, mit ein paar Ergänzungen von Vincenzo Mannino. Carpi war eine Art Stammautor für die Amatis, und Deodatos Stammautor Gianfranco Clerici stand ohnehin gerade nicht zur Verfügung. Doch alles half nichts. Nach Beendigung der Dreharbeiten auf den Philippinen war der Film zu kurz. Es gab Nachdrehs, etwa an der Villa Volpi in Sabaudia (die Eröffnungsszene mit dem Kidnapping). Ferner wurden an der Amalfi-Küste die Szenen am gestrandeten U-Boot gedreht. Innenaufnahmen hierzu entstanden im Studio. Deodato war schon auf den Philippinen die Kürze des Drehbuchs bewusst, weshalb er zahlreiche einzelne Kampf- und Tötungsszenen rein zum Zwecke des Streckens der Laufzeit einfügte.

 

Ruggero Deodato und Kameramann Roberto D'Ettorre Piazzoli begegneten sich zum ersten Mal 1966, beide noch als Assistenten bei einem Film von Mauro Bolognini. Dennoch lehnte Piazzoli ein Angebot Deodatos ab, als Kameramann bei NACKT UND ZERFLEISCHT tätig zu werden. Das Drehbuch war ihm zu heftig. Um dies jedoch wieder gutzumachen, nahm er den Job bei ATLANTIS INFERNO an, obwohl ihn der Film inhaltlich nicht sehr interessierte. Letzteres gilt übrigens auch für Deodato, der Science Fiction nach eigener Aussage hasst. Allerdings räumt er ein, dass der Film sehr unterhaltsam sei, auch heute noch. Den Kultstatus von ATLANTIS INFERNO könne er dagegen nicht nachvollziehen.

 

Aber egal, was verstehen Regisseure schon von Film. Die leben in ihrer eigenen Gedankenwelt. Nein, war nur Spaß.

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