Bratpfanne Kaliber 38

Italien, 1972

Originaltitel:

...e alla fine lo chiamarono Jerusalem l'implacabile (Padella calibro 38)

Alternativtitel:

2 Teufelskerle gegen alle (BRD)

Deutsche Erstaufführung:

8. Februar 1972

Regisseur:

Antonio Secchi

Inhalt

Billy Bronson erwartet seinen Sohn Jessie, um gemeinsam mit seinem Sprössling zwei Kisten Gold an den Südstaatenoffizier Briscott zu liefern, damit dieser (s)eine Armee gegen den verhassten Norden mobilisieren kann. Jessie, der jahrelang in einer Klosterschule lebte und dort den Rufnamen Jerusalem zugeschustert bekam, kann beileibe nicht die in ihn gesetzten Erwartungen erfüllen, sodass der in die Jahre gekommene Pistolenheld Billy Bronson von seinem Filius alles andere als begeistert ist. Trotzdem macht man sich gemeinsam mit dem tollpatschigen Bobo Bison sowie den besagten zwei Kisten Gold auf den Weg zu Colonel Briscott. Da Gold im Wilden Westen erwiesenermaßen außerordentlich umschwärmt ist, ruft die Nachricht, dass jenes funkelnde Edelmetall durch die Prärie getragen wird, zahlreiche Gauner wie auch Schwarzer Adler und seine roten Brüder auf den Plan…

Review

Nach ARRIVA ELDORADO folgt heute ein weiteres italienisches Erzeugnis, das die Ingredienzien des Westerns mit denen einer Komödie kreuzt und vom Jugendfilm-Verleih mit dem prächtigen Namensschild BRATPFANNE - KALIBER 38 etikettiert wurde. Die Inszenierung dieses Vehikels geht auf das Konto von Antonio Secchi, der in den 1960er und 1970er Jahren als Kameramann aktiv war und währenddessen einige italienische Western sowie Sex-Dokumentationen fotografierte. Seine (Secchis) erste und zugleich einige Regiearbeit inkludiert zwar manch derbe Anschläge auf das Nervenkostüm, ist aber ungeachtet jener Attacken wie unter dem Strich und wider meiner schwarzseherischen Vorahnungen gar nicht mal so schlecht ausgefallen.

 

Vor dem Hintergrund des Sezessionskriegs, der nicht in die (BRAT)PFANNE gehauen, ergo nicht von Secchi visualisiert wurde, erzählen uns der Regisseur und seine Drehbuchautoren die Geschichte von zwei bis zum Rand gefüllten Goldkisten, die, wie in der Inhaltsangabe umrissen, von mehreren Personen begehrt werden. Demgemäß rücken neben Billy und Jessie Bronson die attraktive Connie, der Franzose Fernand, der Halunke Bullseye Joe, Sheriff Jones und der halbgescheite Bobo Bison in den Fokus des Geschehens. Letzterwähnter ist zugleich für einen Humor zuständig, der im wortwörtlichen Sinn unter der Gürtellinie abläuft. Die rezidivierenden Darmgeräusche und jene einhergehenden Sitzungen hinter diversen Präriefelsen reflektieren eine Ausgelassenheit, die wahrscheinlich nur von ganz wenigen Filmkonsumenten als lustig rezipiert werden können. Bobos Darsteller, Giorgio Trestini, der notabene hauptsächlich als Theaterschauspieler aktiv war, gibt fernab der Bretter, welche bekanntlich die Welt symbolisieren, eine auffallend anstrengende Vorstellung. Ungeachtet seiner strapazierenden Verdauungsaktivitäten lässt sich aus Bobos weiteren Aktionen allerdings auch eine gewisse Nähe zu Bud Spencer lesen. BRATPFANNE – KALIBER 38 wurde halt im Nachklang von DIE RECHTE UND DIE LINKE HAND DES TEUFELS und dessen Nachfolger VIER FÄUSTE FÜR EIN HALLELUJA inszeniert. Und Buddies extravagante Art und Weise einen Faustschlag zu praktizieren kam beim Kinopublikum derart gut an, dass Antonio Secchi diese individuelle Schlagtechnik, die ich bis dato in keinerlei Hinsicht lustig finde, welche jedoch zweifelsohne einer akribischen Choreografie unterzogen wurde und als fundamentaler Bestandteil eines formvollendeten Faustkampfballetts agiert, auf Bobo Bison übertragen musste. Optisch kommt Giorgio Trestini Bud Spencer übrigens überhaupt nicht nahe. Aber wenn ich das Ebenbild-Thema schon angesprochen habe, möchte ich zumindest, warum sollte ich die Gelegenheit auch nicht nutzen (?), auf die in der Bundesrepublik als Toby und Butch-Filme bekannten und mit den „Spencer/Hill Doppelgängern“ - Micheal Coby und Paul Smith - besetzten Hau-Drauf-Vehikel VIER FÄUSTE SCHLAGEN WIEDER ZU, VIER FÄUSTE UND EIN HEISSER OFEN, ZWEI IRRE TYPEN IN IHREM TOLLEN BRUMMI und WIR SIND DIE STÄRKSTEN UND VIER FÄUSTE – HART WIE DYNAMIT hinweisen.

 

Mit der Kurzvorstellung der Filmfigur Bobo Bison ist der negativste Part des Films auch abgearbeitet, denn alle weiteren Charaktere erfüllen in passabler Weise ihren Zweck als die Triebfedern für fortwährende Bewegung: Einerseits die Reise von A nach B sowie andererseits die begleitende Jagd nach zwei Goldkisten.

 

Die Exposition lässt übrigens ad hoc auf einen Trio-Western schließen, was jedoch peu à peu widerlegt wird. Denn spätestens mit dem Eingreifen des femininen Charakters, Connie, erfährt das Vehikel einen Zielortwechsel, der Berührungspunkte mit Terence Youngs RIVALEN UNTER ROTER SONNE dokumentiert. Freilich kann Secchis Inszenierung nicht einmal ansatzweise mit Youngs tollem Western konkurrieren, aber es existieren halt offenkundige Gemeinsamkeiten: Die eben apostrophierte Jagd, die Bitch, der Franzose… - sowie die Tatsache das alle Beteiligten geil auf Reichtum sind, längst den Pioniergeist ihrer Väter abgelegt haben und möglichen Idealismusanflügen (der Japaner Kuroda Jubie natürlich ausgeklammert!) ablehnend entgegentreten.

 

Ferner lässt sich mittels der Charaktere Billy und Jessie Bronson eine, ich sage mal: Persiflage auf die klassischen Vater-Sohn-Western (Beispiel: DUELL IM MORGENGRAUEN oder, wenn wir aus dem leiblichen Sohn einen Adoptivsohn machen, RED RIVER) wie die Boy-Hero-Western (Beispiel: MEIN GROSSER FREUND SHANE, wo der kleine Joey Starrett sein großes Idol, Shane, rechtzeitig warnt, damit dieser die tödliche Kugel zum richtigen Zeitpunkt im richtigen Leib unterbringt) entschlüsseln. Ob Antonio Secchi tatsächlich die eben erwähnten Subkategorien persiflieren wollte, steht in den Sternen und deren Geheimsprache konnte ich bisher noch nicht enkordieren. Die deutsche Bearbeitung der PROfilm GmbH respektive das Dialogbuch von Eberhard Storek können uns darüber freilich ebenfalls keinen Aufschluss geben. Die bundesrepublikanische Kinosynchronisation ist übrigens, ungeachtet der rustikal über die Stränge schlagenden Verdauungsscherze, recht ordentlich ausgefallen und kann tatsächlich den einen oder anderen Lacher evozieren.

 

Der letzte Vermerk auf meinem Notizblock weißt auf das von Dave King interpretierte Leitmotiv „Spring is in the Air“ hin. Eine Komposition, die überhaupt nicht zu einem Italo-Western passt, allerdings in jeder, die 1970er Jahre zelebrierenden Retro-Schlager-Show für mehr oder minder rhythmisch klatschende Zuhörerhände sorgen wird. Nein, Sie Schwarzmaler, das ist kein beißender Spott! Der Song ist geil! Ein absoluter Ohrwurm!

 

 

Fazit: Antonio Secchis einzige Regiearbeit stellt sich überraschenderweise als ein relativ innovationsfreudiger Western vor, der mittels seiner annehmbar agierenden Protagonisten und einem stets chargierendem Goldbesitzes für unterhaltsame Minuten sorgen kann. Was übel aufstößt sind jene rezidivierenden und ordinär gefärbten Scherze, die vermutlich nur bei Sonderschülern für Belustigung sorgen können und allen anderen nicht mehr als ein genervtes Naserümpfen abverlangen.

Veröffentlichungen

Gesichtet wurde die unter dem Titel 2 TEUFELSKERLE GEGEN ALLE veröffentlichte VHS-Version von Inter-Pathe, ein weniger bekanntes Videolabel, das u. a. DREI NONNEN AUF DEM WEG ZUR HÖLLE, BLUTIGE DOLLAR und EINE KUGEL FÜR DEN BASTARD in die Videotheken brachte. Diese Auflage hat zwar gemessen an der Veröffentlichung von VPS Video eine ca. 5 Minuten längere Laufzeit zueigen, ist allerdings ebenfalls nicht von Kürzungen, welche sich mittels zweier abrupt endender Dialoge bemerkbar machen, verschont. Diese Kürzungen sind mit großer Wahrscheinlichkeit dem arg gebeutelten Zustand der 35 mm Kopie an den Aktübergängen und nicht, wie man annehmen könnte, der Willkür des Labels geschuldet.

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