Die unerbittlichen Fünf

Italien | Spanien, 1966

Originaltitel:

I 5 della vendetta

Alternativtitel:

5 Gigantes do Texas (BRA)

De red fra Texas til El Paso (DNK)

Los cinco de la venganza (ESP)

Les Cinq de la vendetta (FRA)

The Five Giants from Texas (GBR)

Five for Revenge (USA)

No Drums No Trumpets

The Five Adventures

Deutsche Erstaufführung:

25. August 1967

Regisseur:

Aldo Florio

Inhalt

Jim Latimore ist für die Brüder Gonzalez ein störender Gringo mit neumodischen Ideen, da er ihr diktatorisches Regiment sowie den blinden Gehorsam der Haziendaarbeiter gefährdet und sie zur Aufmüpfigkeit ermutigt. Abgrundtief ist der Hass der mexikanischen Haziendabesitzer wie Despoten auf ihren Nachbarn, der ausgerechnet ihre Cousine Rosaria zum Eheweib wählte. Nun ist der Tag gekommen, an dem sich dieser Hass entladen soll. Folglich lassen die Brüder Gonzalez Matanza und seine Kampfhunde auf die Hazienda Latimore los. Sie sind die Boten eines Massakers, bei dem auch Jim zu Tode kommt. Anschließend wird Rosaria den Brüdern ausgeliefert, welche die Frau misshandeln und vergewaltigen. Ihren kleinen Sohn sieht Rosaria vorerst zum letzten Mal, da er fortan von den Gonzalezs großgezogen wird. Einige Zeit später tauchen fünf Fremde bei Rosaria, die mittlerweile in einem Saloon kellnert, auf. Sie stellen sich als Freunde von Jim vor und wollen Rosaria nach Hause bringen, damit sie schon bald wieder ein friedliches Leben an der Seite ihres Sohnes führen kann. Doch um dieses Ziel zu erreichen müssen die fünf unbekannten Vergelter gegen eine Übermacht antreten. Gegen eine Armada von Lumpenhunden, Meuchelmördern und Vergewaltigern.

Review

Aldo Florio ist kein geläufiger Name im italienischen Genrekino. Er erfüllte einige Aufträge als Koordinator der Second Unit, bevor der gebürtige Römer 1966 sein Regiedebüt mittels des relativ unbekannten und nach meinem Dafürhalten auch deutlich unterschätzten Western DIE UNERBITTLICHEN FÜNF feierte. Sein absolutes Glanzstück lieferte Florio jedoch erst fünf Jahre später: KNIE NIEDER UND FRIß STAUB. Ein intelligenter, packender, technisch beachtlicher wie auch politisch ambitionierter Western aus der Spätphase des Genres. Was in KNIE NIEDER UND FRIß STAUB eindeutig akzentuiert wird, erhält in DIE UNERBITTLICHEN FÜNF nur zu Beginn die Aufmerksamkeit des Regisseurs: Die linkspolitische Message, welche sich über Unterdrückung und Misshandlung auf der einen (die Hazienda der Brüder Gonzalez) und Humanität und Gemeinschaftlichkeit auf der anderen Seite (die Hazienda der Familie Latimore) definiert. Jim Latimore hält nichts davon, die mexikanischen Arbeiter per Peitschenhiebe anzutreiben. Er behandelt sie wie gleichwertige Partner, gesteht ihnen Freiheiten sowie eine Gewinnbeteiligung zu. Das Gegenteil reflektieren die Gepflogenheiten bei den Gonzalez-Brüdern. Hier regiert die Peitsche, hier spricht die Erniedrigung das Nachtgebet, und der emsig kreisende Tod bittet die Erntesklaven nach ungeruhsamer Nacht zum alltäglichen Morgenappell.

 

Der Film spielt auf der mexikanischen Seite des Rio Grande, wo der Besitz längst wie unabänderlich verteilt ist! Ausrufezeichen? Ja, Ausrufezeichen, denn diese Erkenntnis verhilft uns zu einem besseren Filmverständnis. Wo die Besitzverhältnisse eindeutig geklärt, die Kluft zwischen Arm und Reich ein immenses Ausmaß besitzt, dort wird der Wohlhabende zum Herrn über Leben und Tod. Er verachtet jegliche Form von Wandel bzw. Neugestaltung. Er regiert mit eiserner Hand, nach seinen eigenen Gesetzen. Mittels seiner unumschränkten Herrschergewalt ist es ihm gelungen, eine sakrale Zeit aufzurufen und zu manifestieren. Da diese Macht ewig walten soll, werden jegliche, die geheiligte Zeit, die immerwährende Diktatur gefährdende Methoden verurteilt. Ergo steht Jim Latimore freilich ganz oben auf der Unbeliebtheitsliste der Tyrannen. Jim ist kein Diktator, kein Menschenverächter, er ist ein Haziendabesitzer, der auf eine freidenkerische Unternehmensführung setzt. Seine Arbeitskräfte werden nicht geschunden, nein, sie erhalten gar eine Gewinnbeteiligung, was in gleichen Maßen die Motivation und somit die Ernteerträge erhöht. Für die Brüder Gonzalez sind das neumodische und überaus gefährliche Ideen. Schließlich gefährdet alles Neue das Sakrale, sodass Jim so schnell wie möglich gebremst respektive beseitigt werden muss. Nebstdem sind die Brüder Gonzalez gekränkt, dass ihre Cousine Rosaria den verhassten Jim Latimore zum Ehemann wählte und zuvor dem Operhaupt der drei Brüder eine Absage erteilte. Es hat sich eine derbe Portion von kollektivem Hass angesammelt, die/der nun ungeduldig darauf wartet, sich endlich zu entladen.

 

Zu diesem Zweck nutzen die drei Brüder ihre Kontakte zum Abjekten, den Kontakt zu einem Mann, den der Volksmund El Matanza (der Abschlachter) nennt. Jener Menschenschlächter sowie seine Gefolgschaft hausen irgendwo in den Bergen und sind gegen eine entsprechende Entlohnung stets bereit zu foltern und zu töten. Matanzas Gefolgschaft befindet sich auf dem Niveau von in der Höhle lebenden und ums Feuer tanzenden Neandertalern. Sie favorisieren wie beherrschen neben dem Töten auch die Massenvergewaltigung und warten - wenn sich die Gelegenheit bietet - fieberhaft auf den niederträchtigen Segen ihres Anführers, um ihren niederen Instinkten Befriedigung zu verschaffen. Der Film geht in diesem Zusammenhang zwar nicht ins visuelle Detail und lässt die raptive Gewalt auf der Metaebene ablaufen, dennoch dominiert eine höchst unangenehme Atmosphäre, die man eher selten im Italo-Western durchlebt.

 

Was Aldo Florio explizit darstellt, ist die physische Gewalt gegenüber Rosaria (die Szene wurde in der deutschen VHS-Version entfernt), welche vom Ältesten der Brüder praktiziert wird. Ein knallharter Handflächenschlag löst den nächsten ab. Es wirkt wie eine Allianz aus Hass, Machtbeweis und einhergehendem Lustgewinn, welche ebenfalls die raptive Gewalt (dito auf Metaebene) folgen lässt.

 

Mexiko, das innert italienischer Western allzu generös als El Dorado texanischer Gesetzloser fungiert, reflektiert diesmal eines seiner Städtchen und dessen Umfeld als einen diktatorischen Mikrokosmos, in den fünf fremde Gringos eintreten, um den Tod von Jim Latimore zu rächen. Fünf Personen, die eng mit der Vergangenheit des Toten verknüpft sind. Da es sich hier um ein Rächerteam handelt, dessen Mitglieder gemeinsam und bis zum bitteren Ende die Colts gegen eine Übermacht erheben, spielt sich keine der Personen in besonderer Manier als IW-Antiheld in den Vordergrund. Man sollte im Kontext von DIE UNERBITTLICHEN FÜNF eh vorsichtig mit dem Wort Antiheld umgehen. Der im Italo-Western selten vorhandene Unterschied zwischen Gut und Böse lässt sich hier eindeutig festlegen. Denn die fünf Personen handeln nicht im materialistischen Sinn. Sie wollen den Tod eines alten Freundes rächen und seiner Witwe zu einem gemeinsamen Leben mit ihrem kleinen Sohn verhelfen. Sie treten gegen das Abjekte, gegen den Kapitalismus, gegen den Faschismus, gegen die Profitgier an, und zwar ohne - wie ich es bereits ansprach - im Gegenzug eine finanzielle Entlohnung zu erwarten. Diese Selbstlosigkeit adelt sie und macht sie zu den unverkennbaren Guten, zu den Helden.

 

Guy Madison nimmt man die Rolle ihres Anführer bedenkenlos ab. Bei der IMDb wird Madisons Rollenname als John Latimore geführt, was zu der Annahme führt, dass er in der Originalversion als Bruder des Ermordeten agiert. Ich bin kein großer Madison-Fan, aber hier spielt er seine Rolle richtig gut und kommt obendrein ausgesprochen cool rüber. Dito gut gefallen haben mir Gianni Solaro in der Rolle des tonangebenden Gonzales-Bruder sowie Gonzalez Antonio Molino Rojo als Halsabschneider und Misanthrop El Matanza, in der deutschen Synchronisation ganz hervorragend von Harald Juhnke gesprochen.

 

 

Fazit: Ein italienischer Western der fortwährend harten wie kompromisslosen Gangart, der mit Grausamkeiten und Brutalitäten alles andere als geizt und in einem düsteren Finale, das unzählige Leichen fordert, ausklingt. Wäre der Mittelteil etwas cleverer respektive spannender inszeniert worden, dann hätte ein ausgesprochen schnittiges Vehikel das Werkgelände von Cinecittà verlassen. Obwohl es demgemäß wie summa summarum freilich nicht für die Königsklasse reicht, erkämpfen sich DIE UNERBITTLICHEN FÜNF dennoch ein Gütesiegel, dass sich sehr wohl sehen wie auch hören lassen kann: Kompromisslos, hart und mitten in die Fresse. Für IW-Fans definitiv ein Pflichtprogramm.

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