Knife of Ice

Italien | Spanien, 1972

Originaltitel:

Il coltello di ghiaccio

Alternativtitel:

Le couteau de glace (FRA)

Detrás del silencio (ESP)

Silent Horror (USA)

Regisseur:

Umberto Lenzi

Inhalt

Seit Martha Caldwell im Alter von 13 Jahren den Tod ihrer Eltern bei einem Zugunglück mitansehen musste, ist sie stumm. Sie wächst auf bei ihrem Onkel Ralph Stuart (George Rigaud), und ihre Cousine Jenny (Evelyn Stewart aka Ida Galli) wurde zu ihrer ständigen Begleiterin. 15 Jahre nach dem tragischen Unglück, dass ihr die Stimme nahm, besucht sie ihren Onkel in dessen Landhaus. Ihre Cousine ist ebenfalls eingetroffen, aus der eine bekannte Sängerin wurde. Am nächsten Morgen wird Jenny aber tot in der Garage aufgefunden, ermordet mit einem Messer. Inspektor Duran (Franco Fantasia) glaubt an einen Serienmörder, denn nur Stunden zuvor fand die Polizei eine weitere Frauenleiche. Da beide Opfer jung waren und blonde Haare hatten, entsprechen sie äußerlich demselben Typ wie Martha, und so glaubt die Polizei, sie könne das nächste Opfer werden. Gleichzeitig findet man Spuren, die auf einen Satanisten deuten. Doch der Inspektor täuscht sich, das nächste Opfer ist die dunkelhaarige Haushälterin der Stuarts, und der Satanist nur ein Morphium-abhängiger Hippie. An möglichen Verdächtigen fehlt es dennoch nicht. Da wären etwa Pater Martin (José Marco), der ein pubertierendes Mädchen bei sich aufzieht, Onkel Ralphs Arzt Dr. Laurent (Alan Steel), von dem niemand so recht weiß, wo er sich während der Verbrechen aufgehalten hat und der zwielichtige Chauffeur Marcos (Eduardo Fajardo), der ständig da auftaucht, wo man ihn am wenigsten erwartet.

Review

„Fear is a knife of ice which penetrates the senses down to the depth of conscience.“
(Edgar Allan Lenzi)

 

Umberto Lenzis „Knife of Ice“ beginnt mit einer Rückblende. Martha und Jenny sind bei einem Stierkampf, während der Vorspann läuft. Diese Szene hat auf den ersten Blick nur wenig Relevanz für spätere Ereignisse, doch Lenzi war es wichtig zu zeigen, wie unterschiedlich diese zwei Frauen auf den Anblick von Blut und Gewalt reagieren. Schließlich folgt am Ende dieses Vorspanns obiges Zitat, welches man Edgar Allan Poe zuschreibt, tatsächlich aber von Lenzi selbst frei erfunden wurde.

 

Umberto Lenzi hatte bereits drei Gialli mit Carroll Baker als Hauptdarstellerin gedreht, „Orgasmo“ (1969), „So Sweet... So Perverse“ (Così dolce... così perversa, 1969) und „Paranoia“ (1970). Und eigentlich reichte es ihm damit, so drehte er anschließend den Kriegsfilm „Die zum Teufel gehen“ (La legione dei dannati, 1969), während Gianfranco Clerici – beruhend auf einer Idee von Lenzi – ein Drehbuch schrieb, dass an den Manson-Fall angelehnt sein sollte. Doch als Lenzi von den Dreharbeiten zu „Die zum Teufel gehen“ zurückkehrte, hatte Clerici besagtes Drehbuch bereits anderweitig verwurstet, und Lenzi war sauer.

 

Also doch zurück zu Carroll Baker. In spanischer Co-Produktion entstand so „Knife of Ice“ in einem Landhaus nahe Madrid, mit deutlich niedrigerem Budget als die drei Vorgänger. Da Lenzi sich nicht wiederholen wollte, kehrte er der Jet-Set-Society der Vorgänger den Rücken. Zunächst schwebte ihm eine Art Remake von Robert Siodmaks „Die Wendeltreppe“ (The Spiral Staircase, 1946) vor. Lenzi war sich jedoch bewusst, dass sein Film keinem Vergleich zu einem solchen Klassiker standhalten würde, und so kehrte er die Narrative von Siodmaks Film um, damit ja kein Vergleich aufkäme. Hauptdarstellerin Carroll Baker wollte er ebenfalls nicht auf die gleiche Weise verwenden, wie in den gemeinsamen drei Gialli zuvor, und so bekam sie hier den Part der stummen Martha. Sie spricht bis zum Finale kein Wort. Obendrein, wohl um den spanischen Co-Produzenten entgegenzukommen, schraubt er gezeigte Gewalt und Erotik auf ein Mindestmaß herunter, insbesondere in Bezug auf Letzteres. Das Drehbuch verfasste der junge Antonio Troiso, der nur Monate nach Beendigung des Films an Krebs verstarb.

 

Abgesehen davon, dass „Knife of Ice“ preiswerter inszeniert wurde, räumte Umberto Lenzi kurz vor seinem Tod die offensichtlichen schwächen, die dieser Film leider hat, ein. Versuche, bestimmte Protagonisten als verdächtig erscheinen zu lassen, sind mitunter viel zu dick aufgetragen, insbesondere was den Charakter von Eduardo Fajardo betrifft. Mit diesem habe er, Lenzi, sich gut verstanden, fand es aber schade, dass er ein Faschist sei. Da beide über das gemeinsame Interessengebiet Spanischer Bürgerkrieg diskutierten, muss man nicht lange nachdenken, wie Lenzi zu diesem Schluss kam. Ein weiteres Manko sind einige bei Sonnenschein gedrehte Nebelszenen, die das Know How des jungen DOP José F. Aguayo jr, überstiegen, der bis dahin nur an Kurzfilmen gearbeitet hatte, „Knife of Ice“ war dessen erste Spielfilmarbeit.

 

Mit den Leistungen der Darsteller war Lenzi weitgehend zufrieden, unklar ist allerdings wie es dazu kam, dass Alan Scott zum männlichen Lead des Films wurde. Vermutlich, weil er ebenso wie Carroll Baker Amerikaner war aber weitaus günstiger zu bekommen. Steel hatte in seiner immerhin 20-jährigen Karriere meist nur Statistenrollen inne, und in seiner Hauptrolle in „Knife of Ice“ beweist er null Flair. Selbst an dem, was zu sehen ist, habe Lenzi hart mit ihm arbeiten müssen, der Mann habe laut Lenzi einfach kein Talent zum Schauspieler gehabt.

 

Schweifen wir ruhig noch weiter ab. Carroll Baker hatte sich Mitte der 60er Jahre von ihrem zweiten Ehemann und ihrem Agenten getrennt und vermutete außerdem, dass man ihr deshalb keine Rollen mehr gab. Zudem hatte sie mit „Die Welt der Jean Harlow“ (Harlow, 1965) einen finanziellen Flop an der Backe. 1966 reiste sie spontan zum Filmfestival in Cannes, ohne Einladung und ohne Begleiter. Es dauert nicht lang, bis sie ihre erste italienische Rolle in Marco Ferreris „L'harem“ (1965) bekommt. Insgesamt genießt sie allerdings mehr die Zeit mit italienischen Verehrern, deren Aufmerksamkeit sie durchaus genießt. In ihrer Autobiographie „Baby Doll: An Autobiography“ schrieb sie nur wenig über ihre Zeit in Italien, denn sie hatte viel publikumsträchtigere Dinge zu erzählen.: über ihre Freundschaften mit Marilyn Monroe oder James Dean und ihre Auseinandersetzungen mit Paramount und Warner Brothers. Allerdings hat sie einen interessanten Roman namens „A Roman Tale“ (1987) geschrieben, in dem sie die amourösen Abenteuer einer Amerikanerin in Italien beschreibt, die nebenbei in Filmen mitspielt, unter anderem in einem Thriller namens „Paranoia“. Kommt einem bekannt vor. Mit spitzer Zunge beschreibt sie dort auch den „fiktiven“ Regisseur, für dessen Talent sie offensichtlich nicht viel übrig hat.

 

Obwohl „Knife of Ice“ durchaus spannend ist, war er für einen Giallo des Jahres 1972 dem Publikum zu blut- und erotikarm. Die Einnahmen blieben weit hinter denen der drei Lenzi/Baker-Vorgänger zurück, sowohl in Italien als auch in Spanien. Lenzi behauptet im Interview, der Film wäre in den USA erfolgreich gewesen, doch da irrt er. Als Einziger der Lenzi/Baker-Gialli lief „Knife of Ice“ nicht in amerikanischen Kinos.

 

Und falls sich jemand wundert, warum ich mal wieder so gut wie gar nichts in Bezug auf den Inhalt des Films reviewed habe: es ist unmöglich, das zu tun, ohne mit der Auflösung des Films zu beginnen. Warum? Um das zu erklären, müsste ich mit der Auflösung des Films beginnen…

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