Die Ungreifbaren

Italien, 1979

Originaltitel:

I guappi non si toccano

Alternativtitel:

Don't Trust the Mafia

Regisseur:

Mario Bianchi

Inhalt

Nach einem heimtückischen Giftmordanschlag auf einen regionalen Politiker gerät die ortsansässige Polizei aufgrund des immensen Drucks der breiten Öffentlichkeit in arge Erklärungsnot, da ihr gesetzlich legaler Handlungsrahmen bei der Verbrechensbekämpfung organisierter Kriminalität bereits völlig ausgeschöpft wurde und somit schon längst keine Wirkung mehr zeigt. Aus diesem Grund unterbreitet der schnauzbärtige Kommissar Ferrari (Richard Harrison) seinem Vorgesetzten den unorthodoxen Vorschlag, doch einfach mal neue Wege bei der Verbrechensbekämpfung zu beschreiten, indem er den ehemaligen FBI Beamten Tony Bianco (Gabriele Tinti) als Undercoverermittler in ein kriminelles Bandengefüge einschleusen möchte. Das Ziel dieser gesetzesuntreuen Aktion lautet: Superagent Tony soll den Kopf der Bande, Lucien Maurice (Pino Mauro), im Alleingang unschädlich machen. Koste es, was es wolle! Der Haken an der Sache: Tony hat selbst ein erhebliches Vorstrafenregister vorzuzeigen, da er sich nach seiner Dienstzeit bei der staatlichen Ermittlungsbehörde so einiges auf sein Kerbholz geladen hat und somit schon seit etlichen Jahren auf der gegenüberliegenden Seite des Gesetzes verweilt. Trotz erheblicher Bedenken auf Seiten einiger Polizeiratsmitglieder stimmt der leitende Polizeiinspektor letztendlich dem gesetzesfreien Unterfangen unter der Bedingung zu, dass dem eigentlich knastreifen Tony der schwer durchschaubare und zudem äußerst zwielichtige Kommissar Monti (Tommaso Palladino) – auch bekannt unter dem Namen Thomas „der Panther“ - als schattenspendender Aufpasser zur Seite gestellt werden muss. Da unserem guten Tony diese staatsbehördliche Auflage aber so rein gar nicht schmecken mag, würde er seine gerade erst erteilte Zusage zur polizeilichen Mitarbeit am liebsten sofort rückgängig machen und seinen neuen Job gleich wieder an den Nagel hängen. Doch Kommissar Ferrari kann den verärgerten Freigänger letztendlich doch noch überzeugen, da er einen ganzen Haufen belastender Beweise gegen ihn in der Hinterhand hält.

 

Nachdem sich Tony erfolgreich das Vertrauen des obersten Bandenchefs Maurice erringen konnte, startet auch schon sogleich der erste richtig große Coup in Form eines hinterhältigen Raubüberfalls auf einen finanzschweren Geldtransporter. Doch zu diesem Zeitpunkt hat der gefallene Superagent seine staatlich abgesegnete Intrige gegen die Maurice-Bande bereits in vollem Umfang gesponnen, da er tags zuvor dem konkurrierenden Bandenchef Angelo Jacomino (Enzo D'Ausilio) ausführliche Details über den geplanten Überfall zukommen ließ. Wird sein Plan letztendlich aufgehen und sich die beiden Banden gegenseitig die Köpfe einschlagen?

Review

„Verdammt, da ist eine Leiche!“

 

Mit diesen recht sorgfältig und zudem sehr eindeutig gewählten Worten wird dieses selbstgerechte Polizeifilmspektakel in der deutschen Synchronfassung dann auch völlig abrupt eröffnet, da die eigentlich vorgeschaltete Einleitung hierbei der Schere des Verleihers zum Opfer fiel. Somit befindet man sich als Zuschauer sogleich im bereits tobenden Geschehen, wobei ein etwas geschockt wirkender Baggerfahrer völlig unerwartet die Leiche eines ermordeten Politikers in seiner Kiesgrube vorfindet.

 

Dieser grausame Fund ruft dann auch sogleich den schnauzbartverhangenen Richard Harrison (BOB FLEMMING HETZT PROFESSOR G., DAS RATTENNEST, DER TOLLWÜTIGE) in der Rolle des flinken Kommissars Ferrari auf den Plan, wobei sich sein kurzes Gastspiel lediglich auf eine Nebenrolle beschränkt und zudem nur punktuell in Erscheinung tritt. Dabei ist der begnadete Schnauzbartträger nicht nur im Besitz einer stylischen Sonnenbrille, die er stolz auf seinem Nasenrücken in der Öffentlichkeit zur Schau trägt, sondern hat auch noch einen ganzen Stapel an erdrückendem Beweismaterial vorzuweisen, mit dem er schließlich den delinquent gewordenen Todesverächter Tinti zur polizeilichen Mitarbeit unter Druck setzt.

 

Gabriele Tinti (DAS WILDE AUGE, DAS GRAUEN KAM AUS DEM NEBEL, INFERNO UNTER HEIßER SONNE) spielt hierbei einen grobschlächtigen Charmbolzen, der ganz genau weiß, wie man mit jungen Betthäschen von der Straße angemessen umzugehen hat. Denn sobald ein junges Bordsteinküken ihm den erhofften Liebesdienst verweigert, schickt er dieses im Handumdrehen wieder zum Schnullerkauf auf die heimatlichen Straßen zurück. Dabei war Herr Tinti in seiner Vergangenheit für die zentrale Sicherheitsbehörde der USA tätig, bevor er es sich dann plötzlich anders überlegte und daraufhin vier Banküberfälle in Folge beging. Außerdem verleibte er sich den Status eines 2-fachen Cop Killers ein, was ihn wiederum für mehrere Jahre hinter schwedische Gardinen brachte. Ansonsten lässt unser wahrhaft toller Hecht auch sehr gerne mal den „Tony Aniante“ raushängen, indem er zwei konkurrierende Verbrechensorganisationen gegeneinander auszuspielen versucht. Und genau aus diesem Grund startet er dann auch den Versuch, sich ins Bandengefüge der Organisation von Maurice einzuschleusen, um schließlich von dort aus in aller Ruhe sein intrigantes „Banden versenken“ Spiel starten zu können.

 

Pino Mauri (MADRE und ONORE E GUAPPARIA) verkörpert hierbei den Bandenchef Maurice, der neben einer ansehnlichen Tochter auch ein erhebliches Herzleiden vorzuweisen hat. Dabei wirkt er in seiner Funktion als befehlshabender Bandenchef etwas unbeholfen und lässt zudem die gängigen Attribute wie Souveränität oder eine gewisse Erhabenheit gänzlich missen. Seine schauspielerische Darbietung wirkt völlig überdramatisiert, was seiner Rolle einen leicht karikaturistischen Anstrich verleiht. Die Szene, in der er Tony sein Leid klagt, ist einfach nur köstlich! Als engsten Vertrauten hat er sich hierbei einen reptilischen Freund namens „Luzifer“ auserkoren, wobei aber auch sein gesichtsvernarbter Butler Djingo eine nicht minder animalische Wirkung ausstrahlt. Seine etwas leicht degeneriert wirkende Truppe geht bei dem auszuübenden Überfall alles andere als zimperlich vor und schießt dabei völlig ungehemmt ein ganzes Rudel von hilflosen Passanten über den Haufen. Im weiteren Verlauf wird ihm zu alledem auch noch eine spinale Lähmung verpasst, die ihn von da an etwas sprachlos aussehen lässt. Dies bringt dann auch sein verwöhntes Töchterlein Colette auf den Plan, die hierbei von der reizenden Schauspielerin Paola Senatore (MÄDCHEN IM KNAST, THE KILLER RESERVED NINE SEATS, WIE TOLLWÜTIGE HUNDE) dargestellt wird (laut dem IMDB Eintrag scheint ihr in der italienischen Fassung der Name „Paulette“ verliehen worden zu sein). So verläuft auch das erste Zusammentreffen zwischen der pflegeerprobten Gangsterbraut Paola und unserem höchstkriminellen Staatsbeauftragten Gabriele zunächst etwas unharmonisch, da Tony ihr als erste Amtshandlung völlig unverblümt seine Meinung ins Gesicht geigt: In seinen Augen ist die undankbare Bazille Paola ein verzogener und eingebildeter Fratz, der obendrein auch noch dumm und naiv ist. Doch wie so oft schwenkt die anfängliche Antipathie irgendwann in eine gegenseitig emotionserfüllte Sympathie um, woraufhin man sich gemeinsam einer ausgiebigen Runde ungezügelter Fleischeslust hingibt.

 

Die spektakulärste Rolle wird dieses mal von dem markanten Genrefilmrabauken Tommaso Palladino (CAMORRA - EIN BULLE RÄUMT AUF, DIE GEWALT BIN ICH, DAS SYNDIKAT DES GRAUENS) verkörpert, wobei er einen schwer durchschaubaren und zudem höchst korrupten Bullen mit dem Decknamen „der Panther“ verkörpern darf. Seine ihm zugeteilte Aufgabe als staatsbefohlener Aufpasser nimmt er dann auch sehr ernst und bleibt dem leicht genervten Gabriele somit den gesamten Filmverlauf über immer ganz dicht auf den Fersen. Kein leichtes Unterfangen, da unser superkrimineller Ex-Agent einem widerspenstigen Querulanten gleichkommt, doch der Panther hat auch für diesen Fall eine höchst effektive Methode zur Hand: Die gnadenlose Textilmarterung! Um Tony wieder auf den rechten, also staatlich korrupten Weg zurückzubewegen, zerschneidet er zunächst in dessen Anwesenheit das absolute Lieblingshemd des straffällig gewordenen Bundesermittlers, bevor er sich dann mit einer Tube voller Schuhcreme an dessen Bettwäsche vergeht. Als unser inkontinenzgefährdeter Gesetzeshüter dann auch noch beinahe zum Bettnässer mutiert, ist für Gabriele die Schmerzgrenze erreicht und gibt daraufhin dem herzlosen Panther wieder klein bei. Zudem scheint die polizeiliche Raubkatze das gesetzlose Spiel nach seinen eigenen Regeln zu spielen, wobei er sich aber alles andere als gesetzeskonform gibt. Und sobald irgendwo geballert wird, ist unser korrupter Panther auch nicht weit....

 

Regisseur Mario Bianchi (KILL THE POKER PLAYER, DAS SEX TAXI, SEXORGIEN IM SATANSSCHLOSS) serviert uns mit diesem äußerst günstig produzierten Polizeifilmspektakel alles andere als eine solide Inszenierung, da sowohl die handwerkliche Umsetzung, als auch das überkandierte Schauspiel zahlreicher Darsteller unter keinen Umständen den gängigen Qualitätsmerkmalen entspricht. Aber das muss es glücklicherweise in diesem Fall auch nicht, da das Ganze trotzdem einwandfrei funktioniert und obendrein noch eine Menge Spaß bietet. Neben ein paar scharfen Ballereien gibt es auch eine halsbrecherische Autoverfolgungsjagd zu bestaunen, die mit gefühlten 40 km/h von Statten geht und trotzdem in den Kurven ein enormes Reifenquietschen hervorruft. Dabei lässt es sich der Gute Mario auch nicht nehmen, persönlich auf ein kurzes Gastspiel in seinem eigenen Film vorbeizuschauen, wobei er den gewissenlosen Handlanger Jacomino Henchman mimt, der aber wiederum binnen kürzester Zeit das Zeitliche segnen darf. Um dem halbgaren Treiben dann aber auch noch einen etwas seriöseren Anstrich verleihen zu können, wurde der Geschichte eine obligatorische „Korruption im allmächtigen Staatsapparat“ Komponente als Rahmenhandlung zugesprochen. Außerdem scheint das vorliegende Stück Film in einem Verwandtschaftsverhältnis mit dem vorausgegangenen PROVINZ OHNE GESETZ zu stehen, wobei mir DIE UNGREIFBAREN im Direktvergleich doch etwas besser gefielen.

 

Die deutsche Synchro kann hierbei als einfach nur Unfassbar bezeichnet werden, wodurch sie dem überkandierten Treiben erst den richtigen Anstrich verpasst und außerdem zahlreiche Lacher bietet. Dabei verstärkt sie das bitterernst gemeinte Mimenspiel der Beteiligten weiterhin in karikaturistischer Richtung, ohne dabei aber ungenießbar zu wirken. Abgerundet wird das Ganze dann auch noch durch eine nicht gerade alltägliche Filmmusik, die dieser leicht überdrehten Sause in rein gar nichts mehr nachsteht. Ein guter Laune Score, der mit seinen discolastigen Funknummern aber eher zu einem urlaubshaften Abenteuerspektakel à la MANAOS gepasst hätte.

 

Fazit: Ein unfassbare Polizeifilmsause mit Hang zur darstellerischen Überkandierung.

Links

OFDb

IMDb

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